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Was bringen Wetterstationen im Feld?

Ackerbauern in Mecklenburg-Vorpommern haben eine elektronische Feldwetterstation und die entsprechende App getestet. Wir waren bei ihrem Erfahrungsaustausch dabei.

Lesezeit: 9 Minuten

Wie viel hat es geregnet, wie hoch sind Feuchte und Temperatur im Bestand? Feldwetterstationen liefern dazu exakte und aktuelle Daten. Per Datenfunk geht es in die Cloud und eine App hilft dem Landwirt, zu entscheiden, ob z.B. eine Fungizidbehandlung unmittelbar notwendig ist oder noch warten kann.

Lemken hat auf der Agritechnica 2017 die Beteiligung an AppsForAgri bekanntgegeben. Das niederländische Unternehmen entwickelt Apps, die mit Feldwetterstationen verbunden sind. Zusammen mit dem Pflanzenschutzunternehmen Adama und Lemken haben fünf Praktiker aus Mecklenburg-Vorpommern die Stationen in der Praxis getestet. Dabei ging es um die Frage, wie die Wetterdaten vom Feld und die Auswertung durch die App den Landwirten bei ihren Entscheidungen im Pflanzenschutz helfen können.

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Neutraler Testeinsatz

Weil der Test unabhängig und ergebnisoffen angelegt war, hat top agrar sich an den Gesprächen mit den Landwirten beteiligt. Schließlich wollten wir wissen, wie Ackerbauprofis die Möglichkeiten dieser Technik einschätzen. Bei einem Termin in Sternberg haben wir unter anderem mit den Landwirten Viktor Stamer (Gammelin), Eckhard Muckermann (Wamckow) und Tim Diedrich (Grevesmühlen) diskutiert. Die Betriebsgrößen der Landwirte liegen zwischen 1500 und 4000 ha. Alle drei hatten seit Beginn des Jahres ein bis zwei Stationen im Einsatz. Eine Station stand in einem Kartoffelschlag, eine in Triticale, die anderen im Weizen.

Das System setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Der Wetterstation im Feld und einer App fürs Smartphone. Die App speichert alle wichtigen Daten, bietet eine 14-tägige Wettervorhersage, hat ein Prognosemodul zur Entwicklung der wichtigsten Pflanzenkrankheiten und schlägt passend zu unterschiedlichen Mitteln den optimalen Behandlungszeitpunkt vor.

Station mit Regenmesser

Die weiße Feldstation ist stabförmig. An ihrem Kopf ist ein Regenmesser montiert, der mit einer Art Kippwaage arbeitet. Damit diese zuverlässig funktioniert, muss die Station absolut senkrecht stehen. Außerdem sollte die Waage regelmäßig gereinigt werden.

Neben dem Regenmesser gibt es in 75 cm Höhe einen Sensor für die Temperatur und Luftfeuchte über dem Bestand. Ein ähnlicher Sensor sitzt zudem in 25 cm über dem Boden und erkennt Temperatur und Feuchte im Bestand. Die Landwirte fanden die Position für einige Kulturen zu hoch und regten an, ihn künftig eventuell höhenverstellbar zu machen. Außerdem kann die Station die Bodentemperatur in 5 und in 20 cm Tiefe messen. Zwei der Praktiker hat sich beim Start der Maissaat nach diesen Werten gerichtet.

Auf einen Windmesser haben die Konstrukteure der Station übrigens bewusst verzichtet. So dicht über dem Bestand gibt es oft Verwirbelungen, so dass eine vernünftige Aussage nicht möglich ist. Die verbundene App greift dafür – wie bei einigen anderen Werten wie z.B. der Strahlungsintensität – auf Daten der nächsten offiziellen Wetterstation in der Nähe zurück. Als Stromquelle dient eine Fünf-Jahres-Batterie. Die Station überträgt die Daten mit dem recht neuen System SigFox, das unabhängig vom Mobilfunknetz arbeitet. Zwei Mal pro Stunde sendet die Station über dieses Niedrigfrequenz-Netzwerk ihre aktuellen Daten an den Cloudserver.

Die Funkgebühren sind bereits im Preis der Stationen enthalten. Der französische Betreiber baut das SigFox-Netzwerk derzeit noch auf. Viktor Stamer hat festgestellt, dass die Netzabdeckung des neuen Daten-Dienstes noch nicht optimal ist. Es sei schwer, auf Basis der vorhandenen Daten bei der Standortsuche vorher abzuschätzen, ob es wirklich funktioniert. Im Test gab es teils auch wiederkehrende Ausfälle zu bestimmten Tageszeiten. Das Problem: Die Wetterstation hat noch keinen Pufferspeicher.

Falls es zum Versandzeitpunkt mit der Verbindung hakt, gehen die Daten verloren – das ist z.B. bei einem Starkregen noch ein echter Nachteil. Die Entwickler wollen die Station deshalb künftig mit einem Speicher bestücken. Besonders wichtig ist den Landwirten eine präzise Angabe der Regenmenge. Sie haben beobachtet, dass der Niederschlag in den letzten Jahren lokal stark variiert. Schon heute haben die Praktiker an verschiedenen Standorten ihrer Betriebe Messbecher oder einfache elektronische Wetterstationen im Einsatz. Tim Diedrich hat so festgestellt, dass allein in seinem Betriebsgebiet bei einem normalen Niederschlag die Menge bis zu 7 mm abweichen kann. Viktor Stamer setzt deshalb auf eine recht einfache elektronische Wetterstation für 150 €, die er im WLAN des Betriebes angemeldet hat und auch per Smartphone auslesen kann.

Daten zum Mikroklima

Die Feldwetterstation liefert Daten zum Mikroklima bzw. Niederschlag direkt vom Schlag – das ist ein wichtiger Vorteil dieser Technik. Viktor Stamer und Tim Diedrich waren mit den Messergebnissen zufrieden. Bei Eckhard Muckermann verhinderte scheinbar eine Störung in der Messtechnik genaue Regenmesswerte.

Viktor Stamer stellte die Wetterstation in der Schlaggruppe auf, die am weitesten vom Betrieb entfernt liegt (12 km). Die Station soll frei im Bestand stehen, möglichst an einer Stelle ohne störende Einflüsse (Waldränder, Landschaftselemente, Kuppen, Senken).

Das Aufstellen ist einfach: Man bohrt mit einem mitgelieferten Erdbohrer ein 40 cm tiefes Loch und steckt den Stab der Station hinein. Für den Regenmesser muss die Station absolut senkrecht stehen. Ein eingebauter Sensor erkennt unzulässige Abweichungen.

Die Diebstahlgefahr schätzen die Praktiker als überschaubar ein. Die schlanke weiße Station ist im Feld nicht besonders auffällig, allerdings würden sie das Gerät nicht direkt an einem Weg aufstellen, sondern weiter im Bestand. Weil man die Station nur über die App nutzen kann, ist sie für Diebe nahezu wertlos – bleibt zu hoffen, dass diese das erkennen, bevor sie das Gerät mitnehmen.

Anmelden per Smartphone

Sobald die Station im Boden ist, startet man an Ort und Stelle die Smartphone-App und meldet das Gerät an. Über das GPS des Telefons speichert die App die genaue Position. Außerdem lässt sich einfach ein Klarname hinterlegen, z.B. der Ort oder die Schlagbezeichnung. So ist die Übersicht auch bei mehreren Stationen einfach. Zum Schluss gibt man noch die aktuelle Kultur ein – fertig.

Lemken empfiehlt, die Station über den gesamten Verlauf der Vegetationszeit in der Kultur stehen zu lassen, um möglichst durchgängige Wetterdaten zu sammeln. Diese sind Basis für die Prognosemodelle. Das kann auch über den Winter interessant sein, um die Gesamtniederschlagsmenge und eine eventuelle Auswinterung erfassen zu können.

Bei unserem Gespräch fanden die Praktiker allerdings, dass es auch sinnvoll sein könnte, nach Abschluss der Behandlungen in Weizen, die Station in Kartoffeln oder Rüben umzusetzen. So lässt sich ihre Auslastung erhöhen.

Die Smartphone-App bietet an erster Stelle das sogenannte Dashboard. Auf einer Seite zeigt sie übersichtlich die aktuellen Werte im Feld an. Einige Angaben ergänzt die App über die Abfrage der nächstgelegenen offiziellen Wetterstation.

In der App lassen sich für alle Werte Warnschwellen hinterlegen. Bei Überschreiten der Schwelle erhält der Nutzer eine Push-Nachricht aufs Smartphone. Diese Warnfunktion nutzen die Praktiker allerdings nur zum Teil. Eckhard Muckermann findet die festen Grenzen zu starr. Infektionsanfällige Sorten sind schon bei geringen Temperaturschwankungen oder Niederschlägen intensiver zu kontrollieren als andere.

Wie war der Verlauf?

In der nächsten Menüebene ermöglicht das Programm eine Rückschau auf den bisherigen Verlauf der Messwerte. Das war allen Landwirten besonders wichtig. Allerdings bemängeln sie, dass die Übersichtlichkeit am Smartphone etwas eingeschränkt ist. Bisher läuft die App nur auf Smartphones oder Tabletts. Eine Anbindung an den PC, und damit die Ackerschlagkartei, ist aber angedacht. Durch den CSV-Export, der in Vorbereitung ist, sollen auch Auswertungen per Excel möglich sein, was die Landwirte besonders interessant finden – vor allem wenn das später über mehrere Jahre möglich ist. So lassen sich z.B. die Verläufe von zwei Jahren untereinander darstellen und so eigene Prognosen über Krankheitsverläufe ableiten.

Schon seit langem notieren die Landwirte z.B. die Niederschläge in eigenen Listen. Ein passendes Programm könnte das in Verbindung mit den Wetterstationen deutlich erleichtern. Viktor Stamer bringt es auf den Punkt: „Durch eine übersichtliche Auswertung kann ich mir nachher ansehen, was, wann und wie viel der Weizen gebraucht hat, um seine 9 t Ertrag zu bringen.“ Tim Diedrich fügt hinzu: „Habe ich die Wetterdaten vom Feld, kann ich einfacher beurteilen, wann der Dünger zur Verfügung steht und ob ich den Wachstumsregler in einer Gabe oder gesplittet bringen muss.“

Die nächste Stufe der App verbindet die Wetterdaten, und die Wettervorhersage mit anerkannten Prognosemodellen für Pflanzenkrankheiten. Nach Angaben des Herstellers ist das für 40 Kulturen möglich. Allerdings kann das System bisher nicht berücksichtigen, ob eine Kultur bereits mit einem vorbeugenden Mittel behandelt wurde. Die Praktiker fänden aber auch eine Prognose spannend, wie lange der Schutz eines Fungizids unter den aktuellen Bedingungen noch halten wird.

Die von uns befragten Landwirte nutzen das Prognosemodell mit Augenmaß. Sie waren sich einig, dass es eine regelmäßige Bestandskontrolle keinesfalls ersetzt. In der Saison sind sie ohnehin regelmäßig mit Pflanzenbauberatern auf den Flächen unterwegs.

Als Zweit- oder Drittmeinung

Im Spritzplaner sind die wichtigsten Pflanzenschutzmittel (Herbizide, Fungizide, Insektizide) hinterlegt. Es können auch alle Mittel einer Tankmischung ausgewählt und angezeigt werden. Es findet aber keine automatische Verrechnung des perfekten Zeitpunktes für die Applikation statt, der Landwirt muss aus den jeweiligen Anzeigebalken der Mittel den richtigen Zeitpunkt herauslesen. Zusätzlich gibt der Praktiker die Bodenfeuchte („trocken, feucht, gesättigt“) sowie den Bedeckungsgrad (10, 25, 50, 75, 100%) ein. Der Spritzplaner ist derzeit nicht im Paketpreis enthalten. Bisher steht noch kein Termin fest, wann das Modul verfügbar ist.

Auf Basis des Prognosemodells und der Wetterdaten (Feuchte, Taupunkt, Wind) schlägt die App den optimalen Behandlungszeitpunkt für das Mittel vor. Die Praktiker nutzen diese Funktion allerdings nur eingeschränkt. Viktor Stamer findet: „Weil auch andere Faktoren, wie die Arbeitswirtschaft, den Einsatz der Spritze beeinflussen, kann man sich einfach nicht eins zu eins danach richten. Allerdings habe ich die Funktion im Test öfters mal aufgerufen, um meine eigene Entscheidung zu überprüfen – diese Funktion war dann so etwas wie eine Zweit- oder Drittmeinung.“

Unter dem Strich finden die Praktiker vor allem das Sammeln von Wetterdaten direkt im Schlag, deren übersichtliche Darstellung und eine komfortable Auswertung/Vergleichsmöglichkeit der Daten besonders wichtig. Die Prognosemodelle und Empfehlungen nutzen sie als zusätzliche Informationsquelle bzw. „weitere Meinung“. Sie waren sich einig: Die Schlagkontrolle mit dem Berater und pflanzenbauliches Wissen kann die App aber nicht ersetzen – auch längerfristig nicht. Nach dem heutigen Stand kostet die Station inklusive Datenfunk und der App-Module Wettervorhersage und Krankheitsdruck sowie Grenzwert-Alarme für die ersten drei Jahre rund 1400 € (o. MwSt.). Danach wird ein monatliches Abo von 25 € bis zum Ende der Batterielaufzeit fällig.

Dieser Preis war den Betriebsleitern noch zu hoch. Allerdings hat sich in der Diskussion auch gezeigt, dass die Stationen mit entsprechender Software noch Potenzial haben. „Wir haben in diesem Jahr in einem Bestand in puncto Mehltau auf Sicherheit behandelt. Wenn ich mit den Stationen meine Erfahrungen so ausbauen kann, dass ich eine Maßnahme eventuell einsparen kann, macht sie sich durchaus schnell bezahlt“, fasste Viktor Stamer die Meinung der Praktiker am Schluss der Diskussion zusammen.

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