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„Wir wollten nicht ohne Rinder sein“

Lesezeit: 8 Minuten

Vor elf Jahren entschied sich Familie Schwarzbauer dazu, ihre Milchkühe abzuschaffen. Sie strukturierten den Nebenerwerbsbetrieb um und halten jetzt ihre Traumrasse: Pinzgauer.

Familie Schwarzbauer hat eine Leidenschaft für Rinder. Bis 2011 hielten sie 24 Fleckviehkühe in ganzjähriger Anbindung. Anschließend kamen Mutterkühe auf den Hof. „Wir wollten unbedingt die Rasse Pinzgauer haben“, erinnert sich Karina Schwarzbauer. Gemeinsam mit ihrem Mann Hubert führt die 46-Jährige den Betrieb in Steingriff bei Schrobenhausen (Bayern), der den traditionellen Namen „Rotkopf-Hof“ trägt.

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Hubert Schwarzbauer übernahm den Betrieb im Jahr 2000 von seiner Mutter und führt ihn seitdem im Nebenerwerb. Hauptberuflich ist er als Forstwirtschaftsmeister beim Staatsforst tätig. Auch als die Milchkühe noch da waren, hatte er eine 40 Stunden-Woche außerhalb des Hofes. Damals kamen pro Tag allerdings noch zwei Stunden Autofahrt hinzu.

Abschied von den Milchkühen

„Die Tage waren lang, die Milchpreise im Keller und wir hatten drei kleine Kinder“, erinnert sich das Ehepaar. So sollte es nicht weiter gehen. Ein Stallneubau kam für sie nicht infrage. Der Hof liegt im Ort, es gibt kaum Möglichkeiten, sich zu vergrößern. „Wir hätten viel Geld in die Hand nehmen und aussiedeln müssen“, erklärt Karina. Das Risiko wollten sie nicht eingehen. „Wir wollten aber auch nicht ohne Rinder sein“, sagt Karina.

Deshalb musste eine andere Lösung her. Mutterkuhhaltung mit Pinzgauern sollte es sein. Die Rasse gefiel dem Ehepaar schon immer gut. Also schafften sie sich zwei Kühe an. „Wir haben uns so gefreut, endlich eigene Pinzgauer zu haben“, erinnert sich die Betriebsleiterin lachend.

Pinzgauer zeichnen sich nicht nur durch Leichtkalbigkeit, Robustheit und ihr ruhiges Temperament aus. Das Fleisch ist auch für eine feine Faser und zarte Marmorierung bekannt.

Der Übergang von einer Milchvieh- auf eine Mutterkuhherde verlief fließend. Heute gehören rund 50 Kopf zum Betrieb – 18 Mutterkühe plus Nachzucht.

Schwarzbauers bewirtschaften 16 ha Ackerland und 16 ha Grünland. Im Sommer stehen die Tiere aufgeteilt in zwei Herden auf zwei Weiden. Die eine ist 3,5 ha groß, die andere 6,5 ha. Auf einer Weide läuft der Deckbulle mit, der zwei bis drei Jahre auf dem Betrieb ist, bevor er zu einem anderen Züchter wechselt.

Umbau Anbindestall

Im Winter ist der Großteil der Tiere im Stall untergebracht. Dazu hat die Familie die Aufstallung aus dem ehemaligen Anbindestall ausgebaut und zu einem Strohstall umfunktioniert. 2002 bauten sie eine Strohhalle, die für die Wintermonate ebenfalls als Laufstall dient. Vor zwei Jahren investierten Schwarzbauers in einen Weideunterstand, sodass einige Rinder auch im Winter draußen stehen können. Die Robustheit der Rasse ermöglicht eine ganzjährige Freilandhaltung.

Im Sommer ernähren sich die Tiere vom frischen Gras auf der Kurzrasenweide. Im Winter bekommen sie das Heu oder die Silage, das die Familie im Sommer von den Wiesen geborgen hat. Zusätzlich gibt es noch etwas Schrot vom hofeigenen Getreide und Leckmasse für die Mineralstoffversorgung. Zusätzliches Kraftfutter bekommen sie nicht. Morgens füttert Karina. „Wir füttern und streuen alles mit Hand“, erklärt sie den Ablauf. Zusätzlich zur Hofarbeit ist sie 10 Stunden pro Woche als Bürokauffrau außerhalb des Hofes tätig.

Die männlichen Jungtiere lassen Schwarzbauers kastrieren. „Abgesehen vom Deckbullen halten wir keine Bullen, weil das vom Herdenmanagement nicht passt“, erklärt der Betriebsleiter. Die Zuchtviehvermarktung weiblicher Tiere ist sein Steckenpferd: „Ich finde es toll, wenn auch andere Betriebe die vom Aussterben bedrohte Rasse weiter züchten.“

Die Familie entscheidet gemeinsam, welche Färsen den Hof verlassen. Denn auch die drei Kinder zeigen starkes Interesse am Hof und an der Landwirtschaft. Die älteste Tochter Verena ist 21 Jahre alt, hat die landwirtschaftliche Lehre beendet und besucht aktuell die Techniker-schule in Landsberg am Lech. Auch ihre beiden jüngeren Geschwister können sich eine landwirtschaftliche Zukunft vorstellen. „Wir haben unsere Kinder nie gedrängt, in diese Richtung zu gehen. Denn eigentlich ist der Hof zu klein, um davon leben zu können“, ist sich das Ehepaar einig.

Fleischvermarktung

Einen Großteil der Wertschöpfung generiert die Familie aus der Direktvermarktung vom Ochsen- und Färsenfleisch. Pro Jahr sind es etwa sechs bis acht Tiere. Karina nimmt die Bestellungen an, die per Telefon, E-Mail oder WhatsApp eingehen. „Die Koordination ist nicht einfach, da die Kunden immer mehr Sonderwünsche haben“, hat sie im Laufe der Jahre festgestellt.

Die Fleischvermarktung auf dem Rotkopf-Hof begann mit großen Mischpaketen. Heute sind vor allem Einzelteile gefragt. Schwarzbauers bieten die Fleischpakete in 5, 10 oder 15 kg-Einheiten an. Sie enthalten Braten, Hackfleisch, Rouladen, Schmor- und Suppenfleisch. Für das Mischpaket zahlen die Kunden 15 €/kg. Die Edelteile wie Filet oder Roastbeef vermarkten Schwarzbauers gesondert.

Ein Rind geht erst dann zum Schlachter, wenn es im Vorfeld genug Bestellungen gibt. „Die Schlachttiere bringen wir selbst mit unserem Viehanhänger zum Metzger“, erklärt Hubert. Eine besondere Fütterung für die Endmast gibt es nicht. Die kleine Schlachterei ist 15 km vom Betrieb entfernt. Die Rinder kennen den Transport mit dem Viehanhänger, da Schwarzbauers sie damit auch auf die Weide bringen oder zum Kalben nach Hause holen. „Für die Tiere ist das absolut stressfrei. Deshalb haben wir uns bisher auch noch nicht intensiv mit dem Thema Weideschuss befasst“, erklärt Karina.

In der Metzgerei hängt das Rind 14 bis 18 Tage ab, bevor es zerlegt wird. Karina Schwarzbauer packt die bestellte Ware zusammen mit dem Metzgermeister in rote Fleischkisten. Wenn alles verpackt ist, fährt sie mit einem Kühlanhänger nach Hause. Die Kunden haben zuvor eine Info bekommen, wann sie ihre Bestellung vom Rotkopf-Hof abholen können. Das Fleisch bekommen sie unverpackt und ohne Etikett direkt aus dem Kühlanhänger. Die Vermarktung funktioniert per Mund-zu-Mund-Propaganda. Zusätzliche Werbung machen sie nicht. Allerdings hat Familie Schwarzbauer immer wieder festgestellt, dass viele Kunden nicht mehr wissen, welche Teilstücke sie vom Rind vor sich haben. „So entstand die Idee, Rindfleischseminare anzubieten“, erklärt Karina (siehe „Das Tier als Ganzes schätzen“).

2020 nahm die Bäuerin an der Landfrauenküche vom Bayerischen Rundfunk teil. „Die Nachfrage nach Rindfleisch stieg danach extrem“, erinnert sich das Ehepaar. Aufstocken wollen sie ihren Bestand aber nicht. „Es muss auch alles neben den Berufen gut zu schaffen sein“, erklärt Hubert. Allerdings könnten bald weitere Standbeine für die Direktvermarktung folgen: Die älteste Tochter spielt mit dem Gedanken, ein Hühnermobil anzuschaffen. Während das noch unklar ist, ist eines ganz sicher: Die Pinzgauer bleiben.

Rindfleischseminare

Das Tier als Ganzes schätzen

Karina Schwarzbauer hält und vermarktet nicht nur Pinzgauer. Sie vermittelt auch Wissen über die Rinder, das Fleisch und dessen Zubereitung. „Bei der Vermarktung habe ich festgestellt, dass viele Kunden nicht mehr wissen, was sie beispielsweise mit Suppenfleisch anfangen sollen“, sagt sie. So kam die Idee auf, Rindfleischseminare anzubieten. Das Know-how dazu eignete sie sich über die Jahre an. Außerdem absolvierte sie nach ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau – zusätzlich zu ihrer Vollzeitstelle – eine Lehre zur Hauswirtschafterin. „Mich hat der Beruf einfach interessiert“, erklärt sie. Nachdem die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, entschied sie sich dazu, den Meisterabschluss in der Hauswirtschaft aufzusatteln. Für ihre Projektarbeit konzipierte sie das Rindfleischseminar. „Mein Ziel ist zu zeigen, dass Rinder eben nicht nur aus Edelteilen bestehen, sondern noch viel mehr zu bieten haben!“

Ihre Seminare sind aufgeteilt in zwei Kurse, die sich auch einzeln buchen lassen: Der erste Teil ist ein Workshop und dauert 3,5 Stunden. „Es geht um den Weg des Rindes von der Weide zum Teller, welche Fleischarten es liefert, was bei der Fleischreifung passiert und welche Garmachungsarten sich am besten eignen“, erklärt die Hauswirtschaftsmeisterin. Die Teilnehmer erhalten eine Infomappe, ein Rezeptheft und können während des Seminars zu verschiedenen Kostproben greifen. Sie zahlen dafür 40 €. „Erst wollte ich mit den Teilnehmern auch auf die Weide oder in den Stall“, sagt Karina. Das konnte sie aus hygienischer Sicht aber nicht vertreten, weil es anschließend noch in die Küche geht.

Im zweiten Kurs, dem sogenannten Eventcooking, kocht Karina gemeinsam mit den Teilnehmern ein mediterranes Vier-Gänge-Menü mit besonderen Fleischteilen. „Ich achte darauf, dass wir eben nicht Filet oder Roastbeef verarbeiten, sondern zum Beispiel Ochsenbackerl, Nierenzapfen oder Zwerchrippe“, beschreibt sie ihre Philosophie. Ihr ist es außerdem wichtig, Küchenfertigkeiten zum Umgang mit Rindfleisch zu vermitteln und eine entspannte Atmosphäre für das gemeinsame Essen zu schaffen. Die Kosten liegen bei 90 € pro Person. Das Seminar buchen Metzgereien als Mitarbeiterschulung oder Vereine. „Hauptsächlich kommen aber kochbegeisterte und ernährungsbewusste Personen zu mir, die mehr über dieses Thema wissen möchten“, so Karinas Erfahrung.

Die Kurse finden in einer Schulküche statt, die die Bäuerin anmietet. „Die Teilnehmer würden aber viel lieber auf unseren Hof kommen“, hat sie festgestellt. Deshalb würde sie zu Hause gerne einen entsprechenden Raum einrichten. „Ich zweifle noch wegen der hohen Investitionssumme. Denn aktuell trage ich kein Risiko.“

Mindestens einmal pro Monat findet ein Seminar statt. Das treibt auch den Fleischverkauf an. Dennoch bleibt sie realistisch: „Ein Umbau der eigenen Räumlichkeiten muss finanziell und zeitlich zu stemmen sein. Am Ende geht nichts ohne den Zusammenhalt und die Unterstützung der Familie. Und die darf auch nicht zu kurz kommen.“

Ihr Kontakt zur Redaktion:kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com

Zukunft Milch, Mast, Mutterkuh

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