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topplus Kaniber zur Bürokratie

„Die psychologische Belastung der Landwirte ist extrem hoch“

Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat Anfang des Jahres einen mehrstufigen Prozess zum Abbau der Bürokratie gestartet. Wie geht sie dabei vor und was hat sie schon erreicht?

Lesezeit: 3 Minuten

Frau Ministerin, erster Schritt Ihres Bürokratieabbauprozesses war eine Umfrage unter bayerischen Landwirten. Gibt es schon erste Ergebnisse?

Michaela Kaniber: Wir haben im ­Februar 100.000 bayerische Betriebe angeschrieben, um herausfinden, wo den Landwirten der Schuh drückt. Das Angebot ist super genutzt worden: Über 20.000 Landwirte haben teil­genommen, davon haben wir 13.775 vollständig ausgefüllte Fragebögen ­zurückbekommen.

Die Hälfte der Haupterwerbslandwirte und jeder siebte Nebenerwerbslandwirt gab an, dass sie mindestens vier Stunden pro Woche bürokratischen Aufwand haben. Zwei von drei Teilnehmern sagen, der bürokratische Aufwand ist hoch oder sogar zu hoch.

Was mich erschreckt hat und was sich Politiker aller Ebenen vor Augen halten müssen: 93 % der Landwirte haben Angst, Fehler bei den Doku­mentationen zu machen. Das zeigt, wie extrem hoch die psychologische Belastung unserer Bäuerinnen und Bauern ist.

"93 % der Landwirte haben Angst, Fehler bei den Dokumentationen zu machen."

Wo sehen die Landwirte den ­größten Bedarf?

Kaniber: 74 % der Landwirte sagen, dass sie die Dokumentationspflichten bei der Düngeverordnung besonders belasten, 21 % beim Pflanzenschutz und 17 % bei der Stoffstrombilanz.

Bei diesen Themen sind der Bund und die EU gefordert. Deshalb haben wir in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Initiativen ergriffen, um Verbesserungen zu erreichen. Wir haben bereits 2022 – übrigens mit einer positiven Protokollerklärung des Bundeslandwirtschaftsministers im Bundesrat – versucht, eine Erleichterung bei der Düngeverordnung und mit einzelbetrieblichen Daten Verursachergerechtigkeit zu schaffen. Doch die Bundesregierung hat sich bis heute nicht bewegt. Auch nicht bei der Abschaffung der Stoffstrombilanz. Das könnte man locker machen und dies würde die EU-Kommission auch zulassen.

Wir wollen jetzt unsere Umfrageergebnisse dort vorbringen und hoffen, dass die Bundesregierung unseren Rat und den der Praktiker ernst nimmt. Der Bund muss sich jetzt vor allem die 194 Vorschläge zum Bürokratieabbau zu Herzen nehmen, die wir zusammen mit anderen Bundesländern eingebracht haben. Wir werden jedenfalls auch bei der nächsten Agrarministerkonferenz noch einmal darauf pochen, mehr Geschwindigkeit reinzubringen.

„Die Bundesregierung muss sich bei der Abschaffung der Stoffstrombilanz bewegen.“

Gibt es Vereinfachungen, die Sie allein auf Landesebene durchführen können?

Kaniber: Ja, einiges davon haben wir bereits angepackt. Wir haben bei unserem bayerischen Tierwohlprogramm weitreichende Vereinfachungen umsetzen können. Die Landwirte haben nach der Antragstellung keine zusätz­liche Schreibtischarbeit mehr.

Auch bei den Abrechnungen der Betriebshilfsdienste, das sind immerhin 4.000 Anträge pro Jahr, haben wir die Anträge komplett umgearbeitet und vereinfacht. Und bei der Marktstrukturförderung und bei Leader laufen jetzt die Anträge zu 100 % digital.

Was wir gerade prüfen, sind die kalendarischen Festschreibungen bei etlichen Auflagen. Die Bauern sagen zurecht, wir können nicht rein nach dem Kalender wirtschaften. Wir müssen mehr mit der Natur gehen. Hier den Bauern zu helfen und Regeln zu vereinfachen, wird eine Herausforderung, weil verschiedene Gesetze betroffen sind. Wir setzen mehr auf Vertrauen.

Wie geht es weiter bei Ihrem ­Bürokratieabbauprozess?

Kaniber: In einem zweiten Schritt werden Vertreter aus Praxis und Verwaltung aus den Vorschlägen der Umfrage konkrete Lösungsansätze entwickeln. Im Block der Praktiker sind Landwirtschafts-, Waldbesitzer- und Umweltverbände vertreten. Bei der Verwaltung Mitarbeiter aus dem Landwirtschaftsministerium und der Landwirtschaftsämter.

Die Vertreter beider Blöcke treffen sich noch im Mai zu einem zweitägigen Seminar. Sie werden die Vorschläge zunächst getrennt beleuchten und dann gemeinsam besprechen, welche Lösungen zur Verschlankung der ­Bürokratie realisierbar sind.

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