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topplus Entwaldungsfreie Lieferketten

Künftig Geokoordinaten für jedes Rind?

Müssen deutsche Rinderhalter bald auf den Meter genau angeben, wo das Tier wann stand? Sieht aktuell ganz danach aus – um zu beweisen, dass die Flächen nicht entwaldet wurden.

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Nach jetzigem Stand müssen Rinderhalter von Juli 2025 an die Geokoordinaten für jedes Tier auf den Meter genau angeben. Also von jedem Stall und von jeder Weide. Bedeutet: Der Milchviehbetrieb gibt die Geokoordinaten für das geborene Kalb an, der Händler für die Sammelstelle. Gleiches gilt für Aufzüchter, Mäster und Schlachthof. Jeder, der lebende Rinder, Rindfleisch, Häute oder sonstige relevante Produkte auf den Markt bringt, muss Entwaldungsfreiheit nachweisen. Überspitzt gesagt: Das Stück Fleisch auf dem Teller müsste nicht nur einem konkreten Tier und dessen Referenznummer zuzuordnen sein, sondern künftig auch noch der zugehörigen Geokoordinaten.

Sorgfaltspflicht von Bauern

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Laut Definition der EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) sind deutsche Landwirte „Erstinverkehrbringer“ lebender Rinder. Somit sind sie Marktteilnehmer, die dem Sorgfaltspflichtensystem und der Regis­trierungspflicht unterliegen. So wie alle anderen Marktteilnehmer auch, die Palmöl, Soja, Kaffee, Kakao, Holz, Kautschuk oder eben Rindfleisch in der EU in Verkehr oder aus der EU ausführen wollen. Unternehmen sollen laut EUDR nachweisen, dass sie ihre Erzeugnisse entwaldungsfrei und legal produziert haben. Das soll weltweit vor Entwaldung und Waldschädigung schützen. „Das Ziel für entwaldungsfreie Lieferketten ist gut, doch der Weg sehr schwierig“, sagt Lena Schöneboom-Ernst. Der Referentin für tierische Erzeugnisse beim Deutschen Bauernverband (DBV) bereitet die Verordnung große Sorgen. „Wir versuchen den Anwendungsbeginn zu verschieben und die Landwirte von dem Sorgfaltspflichtensystem weitestgehend auszunehmen“, erklärt sie. Ob das gelingt, zeige sich frühestens im September.

Rinder sind "Risikoprodukt"

Da es sich bei lebenden Rindern gemäß des Anhangs der EUDR um ein Risikoprodukt handelt, müssen Landwirte vor dem Verkauf eine Sorgfaltserklärung abgeben. Teil dieser ist die Angabe der geografischen Koordinaten (Längen- und Breitengrade) eines jeden Ortes, an dem die Tiere vorübergehend oder dauerhaft gehalten wurden. „Das ist ein immenser Dokumentationsaufwand. Ein funktionierendes EU-Informationssystem gibt es bisher noch nicht“, beschreibt Tobias Fier vom Verband der Fleischwirtschaft die Situation.

Nach der Verordnung müssen künftig alle Rinderhalter ihre Daten in das Informationssystem der europäischen Kommission melden. Das System zeigt Überschneidungen zu den Daten bei der HI-Tier, erklärt Schöneboom-Ernst. „Gemäß der EUDR bekommt wahrscheinlich jedes Rind eine Referenznummer“, so die Referentin. Diese könnte in der vorhandenen HIT-Datenbank neben der Ohrmarkennummer stehen. Zusätzlich müssten die Geokoordinaten der Stallungen und Weiden des Betriebes einmalig eingearbeitet werden. Dann fehlt noch ein Kästchen für „Legalität“, welches Landwirte ankreuzen müssen, sagt die DBV-Referentin. „Über eine Verknüpfung von HIT zum EU-Informationssystem, das zukünftig die EUDR-Informationen aufzeichnen soll, könnte die Übermittlung der notwendigen Sorgfaltserklärungen technisch automatisiert werden. Dadurch ließe sich die Zusatzbelastung für die Landwirte niedrig halten“, meint auch Fier.

HI-Tier: Die beste Lösung?

Allerdings müsste die HI-Tier diese Infrastruktur noch schaffen. Ein Sprecher des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärte, dass Gespräche mit den für die HIT-Datenbank zuständigen Stellen der Länder laufen. Die Pressestelle des Bayerischen Staats­ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus gibt allerdings an, dass zum aktuellen Zeitpunkt keine konkrete Umsetzung in Planung ist, sondern die Thematik bisher nur mit dem Bund andiskutiert wurde.

Falls Deutschland keine Lösung findet, müssten Landwirte alle Daten eines Tieres über die Plattform der EUDR melden. Woher dann die Geokoordinaten kommen? „Das weiß noch ­niemand. Es sollen möglicherweise Apps verwendet werden“, so Schöneboom-Ernst. Sorge bereitet ihr der Schutz der Daten.

Ärgerlich findet die Referentin zudem, dass die Deutschen sich dieses Bürokratiemonsters annehmen und Lösungen erarbeiten, während andere Länder behaupten, nicht zu entwalden. „Wegen Ländern, die Raubbau an der Natur ­betreiben, gibt es die EUDR. Mit dem Unterschied, dass diese ihre Rinder, die nicht verordnungskonform produziert sind, auf einem entstehenden parallelen Weltmarkt anbieten können, was in Europa nicht möglich ist“, so Schöneboom-Ernst. Bisher hätten aber auch nicht alle EU-Mitgliedstaaten eine umsetzende Behörde benannt.

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