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Altenpflege zwischen Kuh und Traktor

Lesezeit: 5 Minuten

Pflegeplätze für ältere Menschen auf dem Hof sind gesucht. Für welche Betriebe das ein Standbein sein kann, und wie es sich rechnet, zeigt eine neue Studie.


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Durch die Pflege meines Schwiegervaters bin ich auf die Idee gekommen, auch andere hilfsbedürftige Menschen bei uns aufzunehmen“, erklärt Gabriele Fichter aus Oberkirnach im Schwarzwald (siehe nebenstehende Reportage). Nach der Familienzeit war sie auf der Suche nach einer zusätzlichen Einkommensquelle für den Hof.


Die Situation der Bäuerin kennen sicher viele Betriebe: Wenn die Kinder aus dem Haus sind, stehen Zimmer oder sogar ganze Gebäude leer und vor allem die Frauen haben dann wieder freie Arbeitskapazitäten. Kommt dann auch noch Freude an der Arbeit mit Menschen hinzu, könnte das sogenannte „Service-Wohnen“ auf dem Hof künftig ein neuer interessanter Betriebszweig sein.


Bisher eine Nische:

In Baden-Württemberg und Bayern gibt es bisher erst eine Handvoll landwirtschaftlicher Betriebe, die „Service-Wohnen“ für ältere und kranke Menschen anbieten. Auf einigen davon hat sich der neue Betriebszweig so gut etabliert, dass er zum Haupterwerbszweig wurde. Einzelne haben die Landwirtschaft sogar komplett aufgegeben.


Die Nachfrage nach solchen Pflegeplätzen steigt kontinuierlich und wird angesichts der demografischen Entwicklung weiter zunehmen. „Pflegeangebote für ältere Menschen sind knapp, viele Familien möchten ihre Angehörigen nicht zu Hause pflegen. Umso schöner ist es, wenn Landwirtsfamilien dazu beitragen können, Pflegestellen zu schaffen – und dadurch vielleicht sogar einen Betriebszweig finden, der richtig gut zu ihnen passt“, erklärt Edelgard Fieß-Heizmann, Leiterin des Referats Frau, Familie und Beruf am Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Doch wie rechnet sich das? Dieser Frage ist Anna Völkle von der Justus-Liebig-Universität Gießen in ihrer Masterarbeit nachgegangen. Die Arbeit entstand in Kooperation mit dem Landwirtschaftsministerium in Baden-Württemberg.


Vier Betriebe untersucht:

Für die Studie wurden vier Betriebsleiter in Bayern und Baden-Württemberg interviewt, die zwischen 1998 und 2013 mit dem Angebot Service-Wohnen auf dem Bauernhof begonnen haben.


Drei davon bieten es in privater Organisationsform an – teilweise mit Familienanschluss. Bei dem vierten handelte es sich um das gemeinschaftliche Wohnprojekt eines Bürgervereins.


Drei der vier Höfe haben die Milchwirtschaft im Rahmen der Diversifizierung oder vorher aufgegeben. Die Anzahl der Wohnungen sowie die Angebote variierten von Betrieb zu Betrieb. Sie reichten von der Vollversorgung rund um die Uhr mit Hausmeisterservice bis hin zu Tages- und Urlaubspflege ohne Verpflegung.


Ökonomische Bewertung:

Das Ergebnis der ökonomischen Bewertung fiel positiv aus. Die Investitionen in den Betriebszweig Service-Wohnen können sich lohnen – je nach Serviceangebot, dem Bedarf an Fremdarbeitskräften und je nach Investitionsbedarf.


  • Modell eigener Service: Bei dem Modell mit eigenen Serviceleistungen fällt der Einkommensbeitrag am höchsten aus, steigend mit der Anzahl der angebotenen Wohnungen.


Bei acht Bewohnern, davon fünf mit Vollpension und drei Pflegefälle, einem Wäscheservice und dem Reinigungsangebot der Wohnungen, liegt der Einkommensbeitrag mit Mitarbeitern für 64 Stunden pro Woche (10 €/h) bei ca. 45 262 €. Die tägliche Arbeitszeit beträgt 10 Stunden und 42 Minuten.


  • Modell externer Pflegedienst: Wird die Pflege für 20 Stunden an einen externen Pflegedienst abgegeben, liegt der Einkommensbeitrag inklusive Abschreibung bei ca. 27 982 € und die tägliche Arbeitszeit minimiert sich auf 7 Stunden und 48 Minuten.


Die Voraussetzungen:

„Eine wichtige persönliche Voraussetzung für das Service-Wohnen ist die Freude am Umgang mit älteren Menschen“, sagt Edelgard Fieß-Heizmann vom Ministerium. Außerdem müsse die ganze Familie dahinter stehen. „Von Vorteil kann es zudem sein, wenn die Frau gelernte Krankenschwester oder Pflegerin ist. Bedingung ist das aber nicht“, ergänzt sie.


Umfang des Angebotes:

Bereits bei den ersten Überlegungen sollten sich die Familien auch über den Rahmen des Angebots Gedanken machen. Soll das Angebot mit Familienanschluss sein oder ohne? Welche Pflegestufen werden aufgenommen? Soll ein externer Pflegedienst die Pflegearbeit übernehmen? Wird das Angebot mit Familienarbeitskräften bewältigt oder sind Fremdarbeitskräfte notwendig? Wird ein Hausmeisterservice angeboten? In der Übersicht auf Seite 42 sind die wichtigsten Formen von Service-Wohnen dargestellt.


Interessierte Landwirtsfamilien sollten sich auf jeden Fall vorher eingehend beraten lassen. Prüfen Sie die Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens im Vorfeld sorgfältig und beachten Sie auch steuerliche, rechtliche und versicherungstechnische Bestimmungen bereits in der Planungsphase. „Bei den zuständigen Landratsämtern finden Interessierte Hilfe und Beratung“, sagt Edelgard Fieß-Heizmann.


Förderung ist möglich:

Für den Aufbau des Service-Wohnens als zusätzlichen Betriebszweig gibt es in Bayern und Baden-Württemberg Fördermittel. Beide Bundesländer fördern im Rahmen der Diversifizierungsförderung (DIV) Investitionen, die landwirtschaftsnahe Dienstleistungen ermöglichen und zusätzliche Einkommensquellen aus selbstständiger Tätigkeit schaffen.


Für Bayern gilt: Als Voraussetzung einer Förderung dürfen die positiven Einkünfte im Einkommensteuer­bescheid bei Ledigen 90 000 € und 120 000 € bei Verheirateten nicht überschreiten.


Die berufliche Qualifikation des Antragstellers muss dem überwiegenden Investitionsziel angemessen sein, außerdem ist die Zweckmäßigkeit beziehungsweise die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme nachzuweisen.


Das zuwendungsfähige Investitionsvolumen beträgt mindestens 20 000 €, maximal aber 400 000 €. Möglich sind Zuschüsse von bis zu 25 % des zuwendungsfähigen Investitionsvolumens, maximal aber 100 000 € für bauliche Maßnahmen. Für Betriebe in Baden-Württemberg gilt Ähnliches. Die positiven Einkünfte im Einkommensteuerbescheid bei Ledigen dürfen aber 100 000 € nicht überschreiten. Für Verheiratete gibt es – wie in Bayern – die Grenze von 120 000 €.


Anja Rose

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