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Arbeitsanweisung schriftlich geben

Lesezeit: 7 Minuten

Mündliche Absprachen gehen im täglichen Arbeitsstress schnell unter. Mit schriftlichen Arbeitsanweisungen können Sie Mitarbeitern und Auszubildenden klare Vorgaben machen.


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Als ich morgens um sechs auf den Hof fahre, beginne ich direkt mit meinem Rundgang über den Betrieb. Meine erste Anlaufstelle ist der Abkalbestall. Dort angekommen, kalbt eine Kuh. Hinter ihr knien zwei Mitarbeiter, die ununterbrochen an den Füßen des Kalbes ziehen. Es ist noch keine fünf Minuten nach sechs und ich ärgere mich bereits das erste Mal: „Habe ich nicht gestern erst erklärt, dass man nur dann zieht, wenn die Kuh Wehen hat?“


Die Route bringt mich zum Melk­stand. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen: Die Melkzeuge hängen „krumm und schief“ unter den Eutern. Ich erkläre den Mitarbeitern noch einmal, dass die Melkzeuge gerade unter dem Euter hängen müssen.


Als nächstes gehe ich zu den Kälberhütten. Gestern habe ich den Mitarbeitern gesagt, dass sie sie dick einstreuen sollen. Ich biege um die Ecke und sehe, dass die Einstreu feucht ist. „Das war nicht genug Einstreu“, denke ich und koche vor Wut. „Kein Wunder, dass die Kälber krank werden.“


Schriftlich geht’s am besten!

Ich bin noch nicht lange Herdenmanagerin auf diesem Betrieb und merke schnell, dass ich mit Worten allein nicht weit komme. Doch wie bringe ich meine Mitarbeiter dazu, dass sie das tun, was ich ihnen sage?


Von meinem ehemaligen Chef habe ich gelernt, Mitarbeiter in die Verantwortung zu nehmen. Das gelingt am besten, wenn ich schriftlich festlege wer, was, wann machen soll und wie es gemacht werden soll. Ich muss also Standards für meine Arbeitsanweisungen formulieren. Das heißt, genau aufschreiben, welche Arbeitsschritte zu einem Arbeitsprozess gehören und wie sie ausgeführt werden sollen. Zugegeben, das ist viel Arbeit. Doch am Ende hat man die Chance, ein gutes Arbeitsergebnis zu erreichen.


Was bringt es?

Bei mündlich erteilten Arbeitsanweisungen ist es leider oft so, dass man sich missversteht oder der Mitarbeiter vergisst, was man sagt.


Auch gibt es die Möglichkeit, dass Mitarbeiter die Arbeitsanweisungen anders interpretieren, wie zum Beispiel beim Kälberhütten-Einstreuen. Für mich heißt „dick einstreuen“ so viel Stroh zu nehmen, dass die Beine des Kalbes im Liegen vollständig verdeckt sind. In den Augen des Mitarbeiters reichte es jedoch aus, nur eine dünne Schicht einzustreuen. Die Folgen bei feuchtem Wetter sind fatal. Die Kälber liegen im Nassen, kühlen aus und werden krank.


Nicht selten entstehen aufgrund von Missverständnissen Streitigkeiten und Auseinandersetzungen. Standard-Arbeitsanweisungen (standard operating procedure = SOP) können helfen, das zu vermeiden. Sie schaffen eine Ebene, auf der man sich sachlich über das Arbeitsergebnis unterhalten kann. Bei Fehlern kann man auf SOP’s verweisen. Ausreden des Mitarbeiters zählen dann nicht mehr. Ebenso können bei Unklarheiten beide hereinschauen und den Arbeitsablauf noch einmal Schritt für Schritt gemeinsam durchgehen.


Der Mitarbeiter selbst kann sich daran kontrollieren und erntet statt Auseinandersetzungen schneller ein Lob.


SOP’s tragen also dazu bei, das „gewünschte“ Arbeitsergebnis zu erreichen und schaffen eine Basis, auf der Chef und Mitarbeiter gemeinsam kommunizieren können. Und sie haben noch eine Funktion, die für den Betrieb gewinnbringend ist.


Arbeitseffizienz steigern.

SOP’s beschreiben nicht nur, wie etwas gemacht werden soll, sondern auch, in welcher Reihenfolge. Dadurch laufen die Arbeitsprozesse „geordnet“ ab und können die Effizienz im Betrieb maßgeblich steigern. Das wird erfahrungsgemäß umso wichtiger, je größer der Betrieb wird. Denn mit steigender Herdenzahl nimmt die Zahl der Mitarbeiter und die der Lohnkosten zu. Sie lassen sich jedoch genauso sinnvoll in Familienbetrieben mit Auszubildenden einsetzen.


Wie sehen SOP’s aus?

SOP’s sollten grundsätzlich klar gegliedert sein, damit die einzelnen Arbeitsschritte schnell zu erkennen sind. Das gelingt z. B., indem man sie durchnummeriert. Wichtige Wörter fett oder farbig hervorzuheben, erleichtert die Übersicht.


Für bestimmte Typen an Arbeitsanweisungen haben sich Pfeildiagramme bewährt. Sie eignen sich besonders da, wo Entscheidungen getroffen werden müssen. Beispielsweise bei der Frage „Soll eine Kuh besamt werden oder nicht?“ Der Mitarbeiter kann sich nach Kriterien wie Anzahl Besamungen, Tage in Milch, Milchleistung und Zellzahlverlauf an den Pfeilen entlanghangeln und kommt so schließlich zur Entscheidung.


SOP’s kann man dem Mitarbeiter aushändigen oder am Arbeitsplatz anbringen. Bei solchen, die aushängen, sollte man sich grundsätzlich versuchen, kurz zu fassen. Denn erfahrungsgemäß liest keiner am Arbeitsplatz lange Texte. Solche, die man Mitarbeitern aushändigt, können hingegen umfangreicher sein. Lesen Sie dazu auch die Reportage über die Arbeitsorganisation auf dem Betrieb von Detlef Horstmann ab Seite R 26.


Bei der Gestaltung von SOP’s sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Fotos oder auch Grafiken sind ein besonders beliebtes Werkzeug, um Dinge zu veranschaulichen. Mit ihnen kann man Prozesse darstellen, die sich in Worten nur schwer beschreiben lassen.


Außerdem lassen sich auch „geschriebene“ Worte unterschiedlich interpretieren, zum Beispiel was heißt „das Melkzeug muss gerade unter dem Euter hängen“. Oder „wann sind die Beine des Kalbes im Liegen vollständig bedeckt?“ Beide Wörter „gerade“ und „vollständig“ sind Auslegungssache. Durch Fotos in SOP’s gibt es weniger Spielraum für Fehlinterpretationen (siehe Übersicht 1 und 2).


Fotos haben noch etwas Gutes: Während meiner Tätigkeit als Herdenmanagerin habe ich unter anderem mit Mitarbeitern zusammengearbeitet, die kein oder nur sehr wenig Deutsch sprachen. Die Fotos haben mir geholfen, die Sprachbarriere zu überwinden.


Einige Dinge lassen sich auch gänzlich ohne Worte darstellen. Grafiken wie „Daumen hoch“ für „so soll es gemacht werden“ und „Daumen runter“ für „so geht es nicht“, bringen die Botschaft leicht herüber. Tipp: Das lässt sich hervorragend auf einen gut bzw. schlecht abgedeckten Silohaufen anwenden.


Film ab!

Im Zeitalter von Smartphones tut sich noch eine ganz andere Möglichkeit auf, SOP’s zu erstellen: Filme drehen, diese auf DVD brennen und als SOP an die Mitarbeiter herausgeben. Filme eignen sich besonders bei fließenden Abläufen, wie z. B. bei einer Kalbung oder Geburtshilfe. Sie können auf einer DVD als Ganzes dargestellt werden. Filme haben den großen Vorteil, dass sie einem eine Menge Schreiben am Computer und Basteln mit Fotos ersparen.


Und noch einen Vorteil haben DVD’s für den Arbeitsbereich Abkalbung: Möchte man den neuen Mitarbeiter in die Technik der Geburtshilfe einweisen, kalbt aber gerade keine Kuh, so kann man auf die DVD zurückgreifen.


Zu dem jeweiligen Foto kann man die Erklärungen parallel sprechen. Sie werden vom Smartphone aufgenommen und können hinterher auf der DVD wiedergegeben werden.


SOP’s in Form von Filmen haben jedoch einen Nachteil: Man kann nicht „mal eben schnell“ etwas nachschlagen, sondern muss sich den ganzen Film angucken und hat man die entsprechende Stelle gefunden, so muss man ständig vor- oder zurückspulen.


Wie gehe ich vor?

Bevor man das SOP herausgibt, kann man sie einem Mitarbeiter zum Testen geben. Versuchsweise kann man das mit einem Mitarbeiter aus einem anderen Arbeitsbereich machen, z. B. den Fütterer melken lassen. So kann man leicht herausfinden, ob die Arbeitsanweisung wirklich verständlich formuliert ist oder Fragen offen lässt.


SOP’s sind keinesfalls in Stein gemeißelt, sondern müssen immer wieder überprüft und dem Arbeitsprozess ggf. angepasst werden.


Mittlerweile habe ich in mühseliger Arbeit für die wichtigsten Bereiche SOP’s erstellt und bin nun soweit, dass ich meine Mitarbeiter daran schulen kann. Doch was kommt als nächstes? Läuft dann alles? Nein, so einfach ist das leider nicht.


Ich muss die Arbeit meiner Mitarbeiter laufend kontrollieren. Sehe ich, dass etwas nicht so läuft, wie ich es in der SOP beschrieben habe, muss ich dafür sorgen, dass es künftig wieder anders gemacht wird. Denn immerhin bin ich als Herdenmanagerin dafür verantwortlich, dass die vom Betriebsleiter vorgegebenen Kennzahlen erreicht werden.


Das ist ein spannender und bestimmt nicht der einfachste Teil des Jobs. SOP’s schaffen die Basis dafür.Svenja Pein


Lesen Sie dazu unsere Reportage über Arbeitsorganisation auf der nächsten Seite.

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