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Das bringt Ihnen der„Milch“-Terminhandel

Lesezeit: 5 Minuten

An der Terminbörse Eurex können jetzt Butter- und Magermilchpulver-Kontrakte gehandelt werden. Ob und wie Milchbauern davon profitieren können, zeigt Dr. Uwe Steffin, Berlin.


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An der Frankfurter Warenterminbörse Eurex können seit Anfang Juni Kontrakte für Butter und Magermilchpulver gehandelt werden. Das scheint auf den ersten Blick eine gute Chance, sich auskömmliche Milchpreise zu sichern, selbst wenn die Schwankungen künftig zunehmen.


Doch sind die neuen Terminkontrakte wirklich das richtige Werkzeug, um wachsende Preisrisiken abwälzen zu können? Und wenn ja, können davon auch Milcherzeuger profitieren, oder eher die Molkereien und Verarbeiter? Etliche Beobachter sehen zwar vor allem die Abnehmerseite in der Pflicht, direkt an der Börse aktiv zu werden. Aber das hat Auswirkungen auf deren Wertschöpfung und damit auch auf die Erzeugerpreise für Milch. Und deshalb sollten Sie als Milchviehhalter wissen, was bei den Termingeschäften mit Butter- und Pulverkontrakten genau passiert und wie der Handel im Milchbereich abläuft (vgl. Seite 120). Außerdem zeigen wir Ihnen, wo es bei den neuen Kontrakten noch hakt.


Große Hürden für kleinere Milcherzeuger


Im Prinzip könnten zwar auch einzelne Milcherzeuger ihre Erlöse selbst an der Warenterminbörse mit den neuen Kontrakten absichern. Denn das Warentermingeschäft wird wie ein „Dach“ auf das Liefergeschäft zwischen Erzeuger und Molkerei aufgesetzt. Allerdings sind die neuen Terminkontrakte für Butter und Milchpulver relativ weit entfernt vom Rohmilchverkauf. Skeptiker stufen den Börsenhandel deshalb eher als reines Finanzgeschäft mit einer mehr oder weniger großen Portion Spekulation ein. Außerdem gibt es weitere Hürden, die viele Milcherzeuger derzeit noch vom Börsengang abhalten könnten:


Die Eurex-Kontrakte gelten für Milchpulver und Butter – als Erzeuger müssen Sie aber den Rohstoff Milch vermarkten! Die tatsächlichen Milchauszahlungspreise können je nach Molkerei mehr oder weniger deutlich vom Rohstoffwert aus der Butter- und Pulververwertung abweichen (vgl. Kasten). Deshalb wird die Preisabsicherung in der Realität nie zu 100 % aufgehen.


Die Kontrakte beinhalten jeweils 5 t Butter bzw. Pulver. Damit wären bereits mit zwei Pulver- und einem Butter-Kontrakt rund 100 000 kg Rohmilch abgesichert. Für die meisten Familienbetriebe dürfte diese Schwelle zu hoch sein – besonders, wenn nur Teile der Produktion an der Warenterminbörse abgesichert werden sollen.


Trotzdem könnte der Kontrakthandel künftig vielen Milcherzeugern nutzen, indem er für mehr Transparenz auf dem Milchmarkt sorgt: Aus den Notierungen der Eurex-Milchkontrakte bildet das Kieler Forschungszentrum Ernährungswirtschaft (ife) seit Anfang Juni einen neuen „Rohstoffwert Milch Europa“ (siehe Übersicht). Mit diesem Wert können Milcherzeuger aus den neuen Terminpreisen der Börse die entsprechenden Milchpreise ableiten – und zwar bis zu 18 Monate im Voraus.


Wie belastbar dieser ist, hängt allerdings vom Umsatz der Butter und Pulverkontrakte an der Eurex ab. In der ersten Handelswoche war die Nachfrage noch so gering, dass die Börsenkurse den realen Markt noch nicht widerspiegeln konnten.


Die Lösung: Verträge mit flexiblen Preisen


Aber es gibt noch einen weiteren Grund, der es für Milchverarbeiter interessant macht, sich mit den Terminkon-trakten gegen Preisschwankungen abzusichern.


Die Molkereien könnten so ihren Lieferanten künftig bis zu einem Jahr im Voraus feste Auszahlungspreise anbieten.


Dies ginge z.B. mit einem Basiskontrakt, in dem die Liefermenge und der vom Börsenpreis abgeleitete Milchauszahlungspreis festgelegt sind. Solche Verträge haben sich bei der Vermarktung von Raps und Getreide bewährt und bedeuten nichts anders als eine Vertragsproduktion mit flexiblem Preis. Die Vorteile für Milcherzeuger:


Das Preisrisiko wandert vom Erzeuger zur Molkerei, die das Risiko aber umgehend durch einen Kontraktverkauf über die Börse abgeben kann.


Der Milcherzeuger braucht kein eigenes Börsenkonto und kommt bei ungünstiger Preisentwicklung auch nicht in die Nachschusspflicht.


Allerdings muss der Milcherzeuger dann dauerhaft das Verhältnis zwischen Milchauszahlungspreis, Rohstoffwert und Börsenkursen kontrollieren. Nur so lässt sich gewährleisten, dass sich die Börsennotierungen tatsächlich im Milchauszahlungspreis der Molkerei wiederfinden.


Einfacher würde es, wenn es einen Rohmilchkontrakt an der Eurex geben würde. Dieser könnte dann direkt als Basis für den Auszahlungspreis oder den Liefervertrag dienen.


EFP-Kontrakte als „Königsweg“?


Der andauernde Streit über den „richtigen“ Milchpreis würde eventuell der Vergangenheit angehören, wenn jeder Vertragspartner den Preis über den Absicherungszeitpunkt quasi selbst bestimmen könnte. Mit den so genannten EFP-Verträgen (Exchange of Futures against Physicals = Austausch von Kontrakten gegen Ware) ist dieses möglich.


Milcherzeuger und Molkerei vereinbaren hierbei den gleichzeitigen Austausch von Milch und von Terminkontrakten. Beide Parteien gehen also eine doppelte Verpflichtung ein: Die Glattstellung der zuvor erworbenen Kontrakte an der Börse zu dem Zeitpunkt, wenn die Milch geliefert wird. Der Clou: Anders als beim normalen Termingeschäft sichern sich so beide Seiten den Preis über die Börse ab.


Die EFP-Verträge sind bei der Kartoffelvermarktung bereits verbreitet. Für die Milchbranche sind sie aber noch Zukunftsmusik. Aber vielleicht bringen die neuen Möglichkeiten an den Terminbörsen und hartnäckiges Nachfragen von Seiten der Milcherzeuger ja Bewegung in den Markt.


Wie der Terminhandel technisch funktioniert, lesen Sie auf der folgenden Seite.

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