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„Die Diva unter den Fischen“

Lesezeit: 4 Minuten

Fisch-Neuling Steffen Florin hat sich gleich an einen der anspruchsvollsten Fische getraut: den Zander.


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Steffen Florin (43) aus der Lüneburger Heide hat sich trotz aller Unsicherheiten getraut, in die Fischmast einzusteigen. Gerade hat er den ersten Mastdurchgang beendet und ist zufrieden: Der Zander hat sich als eine passende Ergänzung zu seinem Biogas- und Ackerbaubetrieb herausgestellt.


Florin setzt auf eine Zandermastanlage der F & M Aqua. Weil die Firma bereits neun dieser Anlagen gebaut hatte, wusste sie, welche Genehmigungen Florin einholen muss und wie er sie bekommt. Nach dem Bau war Florin nicht auf sich alleine gestellt, als er zum ersten Mal das Zusammenspiel zwischen pH-Wert, Temperatur, Nitrat- und Sauerstoffkonzentration überwachen musste. Diese Unterstützung war auch dringend nötig, denn mit dem Zander hat sich Florin einen der anspruchsvollsten Fische auf den Hof geholt. Er reagiert schon auf die kleinsten Stressfaktoren mit Leistungsdepression oder gar „Rückenschwimmen“. „Das ist die Diva unter den Fischen“, hat der Niedersachse festgestellt.


Florin meisterte diese Herausforderungen mit Bravour und nach zwölf Monaten schwammen einige Tausend schlachtreife Prachtexemplare des Zanders in seinen Tanks. Doch wie so viele Fisch-Züchter musste auch er feststellen: Die Fische zu verkaufen ist mindestens genauso schwer, wie sie aufzuziehen. Anfangs verkaufte er stets kleinere Mengen an den lokalen Einzelhandel. Mittlerweile klappt aber auch die Vermarktung über seine Erzeugergemeinschaft, die Norddeutsche Fischhandelsgesellschaft GmbH (NDF), immer besser. So kommen öfters LKWs aus Österreich oder Frankreich, die seine Zander tonnenweise und lebend mitnehmen. Die Spitzengastronomie entdeckt den Aquakultur-Zander immer mehr für sich. Denn das Konkurrenzprodukt, der wild gefangene Zander aus Osteuropa, kommt wegen der weiten Transportstrecke meist tiefgefroren in Mittel- und Westeuropa an – ein echter Vorteil für die Fische von Florin und Kollegen. Auch als Besatzfisch für Anglerteiche wird der Zander immer gefragter.


All das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vermarktung über die NDF noch in den Kinderschuhen steckt. Florin hatte auch nach 14 Monaten einige Exemplare aus seinem ersten Durchgang noch nicht verkauft. Immerhin, so resümiert er, sei es beim Zander aufgrund der langen Mastdauer nicht so wichtig, ob man ihn ein paar Wochen früher oder später verkauft.


Für ihn sei es sehr ungewöhnlich gewesen, ein Angebot auch mal abzulehnen, um auf bessere Preise zu warten. Denn bis zum Jahr 2010 hatte er 130 Milchkühe gehalten. Da sei es eine Umstellung, wenn nicht mehr automatisch alle zwei Tage der Milch-Lkw kommt, sondern man selbst telefonieren und Preise aushandeln müsse, sagt er.


Jungvieh raus, Fische rein:

Für Florin war das genau die Herausforderung, die er gesucht hatte. Die Kühe hatte er aufgegeben, weil er seine Flächen profitabler über die Biogasanlage verwerten konnte. „Ohne Tiere fehlte mir einfach eine Herausforderung, die über die täglichen Routinearbeiten hinausgeht“, erinnert er sich. Nach einigen Besuchen bei anderen Zandermast-Anlagen baute er seinen ehemaligen Jungviehstall mitten im Dorf um. Die Baugenehmigung bekam er schnell und unkompliziert; das Wasserrecht machte ihm keinen Strich durch die Rechnung, weil er durch die Lage im Dorf ohnehin sein Wasser von den Stadtwerken beziehen und sein Abwasser dort abliefern muss. Förderung bekam er keine, weil das Land Niedersachsen diese nur ausgebildeten Fisch­wirten zugesteht. Aber auch ohne Zuschuss hielt seine Bank das Projekt für so interessant, dass sie schnell die Zusage zur Finanzierung gab.


Sowohl Florin als auch die NDF würden sich wünschen, dass noch ein paar Landwirte den Einstieg in die Aquakultur wagen. Die NDF würde gerne mehr Fische vermarkten, um auch langfristige Lieferverträge zu guten Preisen mit den Kunden abschließen zu können. Allerdings müssten sich neue Partner im Klaren sein, dass man in der Tierproduktion 365 Tage im Jahr gebraucht wird und nicht mit übertriebenen Margen rechnen darf. Trotz seines unkomplizierten Starts rät auch Florin Kollegen, die einen Einstieg in die Aquakultur erwähnen, zur Vorsicht. Man solle die Zahlen nüchtern durchrechnen und auch einplanen, dass man in den ersten Jahren den Betrieb erst hochfahren muss.


Für seine Anlage rechnet er mit einem künftigen Jahresgewinn von 20 000 bis 30 000 € – wenn alles glatt läuft (siehe Übersicht 4).


In seinem ersten Jahr als Fischmäster hat er aber auch gesehen, von wie vielen Faktoren der Erfolg in der Aquakultur abhängig ist. Die Euphorie, die derzeit von Politik und Anlagenbauern verbreitet wird, helfe einem nicht weiter, wenn man plötzlich eine Havarie erleidet.


Steffen Florin wiegelt ab: „Das ist nicht die eier-legende Wollmilchsau, die manche gerne darin sehen würden.“ Wie für alle Betriebszweige gelte aber: „Wer sich gut um seine Fische kümmert, der wird anschließend auch den Lohn einfahren,“ gibt er mit auf den Weg.-cm-

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