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„Die Mitgliedschaft muss sich auszahlen!“

Lesezeit: 7 Minuten

Die Rendsburger Erzeuger­gemeinschaft SVG jagt von Rekord zu Rekord. 2011 hat sie fast 2 Mio. Schweine gehandelt. Gute Preise, guter Service und schlanke Strukturen sind das Geheimnis des Erfolgs.


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Ohne viel Aufsehen hat sich die Schweine-Vermarktungs-Gesellschaft (SVG) zur Nummer 1 in Schleswig-Holstein entwickelt. Seit 2007 stieg die Zahl der verkauften Schlachtschweine um rund 40 % auf 830 000 Tiere und die der Ferkel sogar um 80 %. Mit über 1 Mio. gehandelten Ferkeln wurde 2011 eine neue Schallmauer durchbrochen. Das erreichen selbst in Veredelungshochburgen nur wenige Organisationen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?


Dänische Mitglieder.

Gegen den Strukturwandel hält die SVG seit Jahren die Mitgliederzahl stabil zwischen 400 und 430. Wenn die SVG trotzdem deutlich mehr Mastschweine umschlagen konnte, sind die Betriebe rasant gewachsen. Etliche haben in den letzten Jahren investiert. Inbesondere Sauenhalter hatten die schlechten Ferkelpreise satt und haben eigene Mastställe gebaut.


Der Boom bei den Ferkeln hat allerdings andere Gründe: Seit 2008 nimmt die SVG auch dänische Betriebe auf. Bei deutschen Ferkelerzeugern war das zunächst umstritten. Sie sahen sich durch die dänischen Großbetriebe bedrängt. Auch wenn mittlerweile rund 35 % der Ferkel direkt aus Dänemark kommen, hat sich die anfängliche Skepsis gelegt.


„Die dänischen Ferkel kommen doch ohnehin auf unseren Markt“, sagt Heiner Hartmann, Mäster und Vorstandstandsmitglied in der SVG. Das starke Wachstum der Mäster hätten die heimischen Ferkelerzeuger wohl nicht allein abdecken können. Und hätte sich die SVG nicht geöffnet, wären wohl zahlreiche Mäster zu Wettbewerbern gewechselt. Heute hat die SVG sieben dänische Mitglieder und sogar einen Dänen im Vorstand.


Transparent und konsequent.

Ein wesentlicher Grund für die relativ reibungsfreie Zusammenarbeit zwischen den Betrieben ist wohl auch das klare Regelwerk der SVG. Alle Konditionen, zu denen Ferkel und Schlachtschweine abgerechnet werden, sind transparent und sogar für Externe zugänglich auf der Internetseite einsehbar. In der Schlachtschweinevermarktung, wo viele Händler um die Schweine buhlen, ist das ungewöhnlich. Das macht es Wettbewerbern leichter, mit Sonderkonditionen „Rosinen-Mäster“ abzuwerben.


„Es tut natürlich weh, einen großen Mäster in Autobahnnähe zur Konkurrenz ziehen zu lassen“, gibt auch Dirk Heinrich zu, der die Geschäfte für die EZG führt. Aber die SVG lässt nach eigener Aussage keine Sonderbehandlungen zu. Umso wichtiger ist es, mit Leistung zu überzeugen. Bei den Kosten unterscheidet die SVG nur nach Partiegröße und Region. So werden beispielsweise für 50 Mastschweine im Kreis Nordfriesland Vorkosten von 6,95 €/Tier fällig. Für einen ganzen Zug im Kreis Ratzeburg hingegen nur 4,55 €/Tier.


Ungewöhnlich ist, dass die SVG 2011 sogar die Andienungspflicht für Mitglieder aufgehoben hat – ein Vertrauensbeweis. Allerdings habe es die SVG in marktfernen Regionen mit weniger Wettbewerbern etwas leichter als die Kollegen im Nordwesten oder Süden, gibt auch Heinrich zu. Aber auch gegen die muss man sich erst mal durchsetzen.


„Wir zahlen immer V-Preis.“

Hier punktet die SVG auch mit Verbindlichkeit. Wer bis Dienstag 16 Uhr seine Schweine anmeldet, dem ist der neue Vereinigungspreis garantiert. Das machen längst nicht alle in der Branche. „Hauspreise gibt es bei uns nicht, auch wenn es manchmal richtig Geld kostet“, stellt Hartmann klar. In der Vermarktung soll die SVG die Erzeuger entlasten und den optimalen Vermarktungsweg finden.


Größten Wert legt die SVG dabei auf die eigene Unabhängigkeit. Kein Schlachthof darf mehr als 30 bis 40 % der Schweine bekommen. „So können wir bei Hauspreisen immer noch Schweine umlenken“, sagt Heinrich.


Die unterschiedlichen Abrechnungsmasken reicht die SVG stets 1:1 weiter. „Jeder Bauer weiß, was wir vom Schlachthof bekommen. Wir ziehen dann unsere Kosten ab und fertig!“, sagt Hartmann.


Vielen Erzeugern gefällt das: Tim Hamann, Ferkelerzeuger und Mäster aus Schleswig-Holstein, wechselte vor zweieinhalb Jahren zur SVG. Hamann hatte vorher seine Tiere direkt an die Vion verkauft. Die Vion-Schlachthöfe gehören nicht zu den Kunden der SVG, obwohl sie praktisch vor der Haustür liegen.


„Die SVG hatte eine bessere Maske für meine Schweine. Außerdem habe ich seitdem keinen Ärger mehr mit Hauspreisen“, sagt Hamann. Er schätzt auch den Beratungsservice der SVG. Vom Tagesgeschäft abgekoppelt kümmert sich ein Mitarbeiter auch um Vermarktungsfragen. Der Service ist nicht billig und kostet 700 € pro Halbjahr. Hamann ist aber überzeugt, dass sich das rechnet, denn der Fachberater löst auch produktionstechnische Probleme. Er kann auf alle Vermarktungsdaten elektronisch zugreifen. Bei Hamann hat er beispielsweise wegen vermehrter Lungenbefunde am Schlachthof ein Lüftungsproblem im Maststall identifiziert.


Die umfangreiche Dokumentation hilft auch bei Verhandlungen mit den Schlachtern, weiss Geschäftführer Heinrich zu berichten. Es fällt auf, wenn bei einem Schlachthof die Ausschlachtung plötzlich abfällt. „Wir haben mit unseren Daten schon öfter Nachzahlungen von Schlachtern erzwungen“, berichtet er.


Alle Schlachtdaten werden außerdem spätestens nach 48 Stunden übers Internetportal den Erzeugern zur Verfügung gestellt. „So können wir Mäster auf Fehler schnell reagieren“, sagt Hartmann. Mit Erfolg, denn der durchschnittliche Maskenschlupf kann sich mit 2,6 Cent Abzug vom Basispreis sehen lassen und das bei hohem Anteil dänischer Genetik.


Ferkel aktiv vermarkten!

Klare Regeln bestimmen auch die Ferkelvermarktung. Das erklärte Ziel der SVG ist dabei die direkte Ferkelerzeuger-Mäster-Beziehung. „Rund 80 % unserer Tiere sind direkt an Mäster gekoppelt“, sagt Steffen Fuhrhop, der bei der SVG hauptverantwortlich Ferkel vermarktet. Er plant den Absatz langfristig ohne Raum für Spekulationen. „Bei uns lässt niemand den Maststall leerstehen, um in der nächsten Woche günstiger einzustallen“, stellt Fuhrhop klar. Das schätzen insbesondere die Ferkelerzeuger. „Niemand bleibt auf seinen Läufern sitzen,“ bestätigt auch Henning Mahnke, der als Ferkelerzeuger im Vorstand der SVG sitzt.


„Das funktioniert nur, weil sich die Mäster auf unsere Ferkelqualität verlassen können“, ist Fuhrhop überzeugt. Dahinter steckt System: Wer Mitglied werden will, bekommt vorab Besuch von der SVG und muss einen Gesundheitscheck durchlaufen. Dabei werden Daten zu Gesundheit, Haltung, Genetik und Impfstatus protokolliert. Der Tierarzt unterzeichnet das Protokoll und untersucht die Tiere auf PRRS und Salmonellen.


Gesundheitscheck ist Pflicht.

Nicht nur neue, auch Bestandsbetriebe führen diesen Check halbjährig durch, so dass eine lückenlose Dokumentation der Ferkelqualität entsteht. „Wir brauchen belastbare Zahlen, sonst ist Ärger vorprogrammiert“, sagt Geschäftsführer Heinrich. Die SVG lässt sogar durch den Tierarzt prüfen, ob die Ferkel die entsprechenden Impfdosen erhalten haben. „Wir hatten schon mal Probleme mit schwarzen Schafen, die sich die Impfungen sparen wollten“, gibt Fuhrhop zu.


Teil des Systems sind auch regelmäßige Gespräche zwischen Mästern und Ferkelerzeugern, bei denen Fuhrhop oft als „Moderator“ dabei ist. „Es ist wichtig, dass sich die Landwirte auch untereinander austauschen und Probleme offen ansprechen“, bestätigt auch Mahnke.


Der Lohn für die zusätzlichen Auflagen: Der Ferkelerzeuger hat eine Abnahmegarantie zu der von der SVG festgelegten Notierung. Sie liegt im Schnitt ­etwa 4 € pro Ferkel über der Nordwest-Notierung und wird noch durch 2,50 € Impfkosten (Myco und Circo) ergänzt. Wie bei den Schlachtschweinen werden auch die Ferkel nach festen Transportstaffeln vermarktet. Hinzu kommen Mengenzuschläge ab einer Jahresliefermenge von 6 000 Ferkeln von 1 €/Tier. Kommt der Sauenhalter auf über 12 000 Ferkel erhält er 2,50 €/Tier Zuschlag. Dieser Mindestpreis kann in Absprache zwischen Mäster und Ferkelerzeuger durch einen Qualitätszuschlag aufgestockt werden.


Die gute Entwicklung der SVG führt Heinrich auch auf die norddeutsche Mentalität zurück. Aber auch die gute Flächenausstattung der Betriebe ermöglicht mehr Gelassenheit in den Gesprächen. „Die meisten haben den Ackerbau als zweites Standbein“, sagt Mahnke.


Dass die SVG in diesem Tempo weiter wächst, glauben die Verantwortlichen nicht. Für sie ist ohnehin wichtiger, dass möglichst viele Schweine pro Mitarbeiter gehandelt werden. Dazu tragen die schlanken Strukturen und der Verzicht auf einen Fuhrpark bei. Trotzdem stößt die Geschäftsstelle mit 10 Mitarbeitern mittlerweile an ihre Grenzen.


Service weiter ausbauen.

Neue Ziele hat die SVG trotzdem. Sie wollen einen Jungsauendirektbezug zu Danzucht-Betrieben in Dänemark aufbauen. Die Idee: Weniger Zwischenhandel und noch kürzere Kommunikationswege zwischen den Erzeugern. Auch auf der anderen Seite, bei der Schlachtung, gibt es Ideen. Die Schlachtkörperbefunde sollen stärker genutzt werden, um die Mastleistungen zu verbessern. „Wichtig ist, was unterm Strich für den Erzeuger bleibt“, sagen Vorstand und Geschäftsführung einhellig. Andreas Beckhove

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