Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Greening: Friedrich will produktive Nutzung!

Lesezeit: 9 Minuten

Was machen wir mit den ökologischen Vorrangflächen? Stilllegen oder landwirtschaftlich nutzen? Wenn es nach Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich geht, sollen zumindest Zwischenfrüchte und Eiweißpflanzen angebaut werden dürfen.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Zeitdruck ist hoch. Die Greening-Vorgaben gelten zwar erst ab 2015. Trotzdem müssen die Landwirte spätestens im Sommer wissen, welche Vorgaben sie zu beachten haben. Dann beginnt die Planung für die Herbstaussaat und in vielen Bundesländern laufen die Antragsfristen für die Agrarumweltmaßnahmen. Leider will Brüssel erst im Mai die rechtlichen Vorgaben für die Umsetzung des Greenings endgültig verabschieden. Darauf kann Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich nicht warten. Deshalb arbeiten seine Beamten jetzt einen Gesetzentwurf aus, der die wichtigsten Eckpunkte enthält. Später – wenn die Vorgaben der Kommission endgültig feststehen – soll dann eine Verordnung mit den Details folgen. Nachfolgend das Wichtigste im Überblick.


1. Grünlandumbruch: Nur noch mit Genehmigung?


Deutschland muss sicherstellen, dass nicht mehr als 5 % Dauergrünland umgebrochen werden. Referenzjahr ist dafür die Dauergrünlandfläche 2012 einschließlich des ggf. bis 2015 zusätzlich entstandenen Dauergrünlands. Wird der Prozentsatz überschritten, muss Acker- in Grünland rückumgewandelt werden. Um eine solche Situation zu vermeiden, soll es ein eigenständiges Genehmigungsverfahren geben, das die Länder umsetzen müssten.


Offen ist vor allem, ab wann die Genehmigungspflicht greifen soll: Sofort oder erst dann, wenn der Grünlandanteil schon um zwei oder drei Prozent gesunken ist? Der DBV ist für Letzteres und macht sich für regionale Auslöseschwellen stark, um den Verwaltungsaufwand nicht unnötig aufzublähen und den Landwirten mehr Spielraum zu geben. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will dagegen ein frühes Genehmigungsverfahren, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Dabei soll aber die einzelbetriebliche Situation berücksichtigt werden. Das heißt: Landwirte dürfen – wenn keine Umweltgründe entgegenstehen – einzelbetrieblich in engen Grenzen Grünland umwandeln, aber nur, wenn in der Region noch „Luft“ ist. Ansonsten würde ein Umbruch nur genehmigt, wenn der betreffende Betriebsleiter an anderer Stelle neues Grünland anlegt. Der Berufsstand mahnt an, dass der Pflegeumbruch zur Neuansaat auch dann noch möglich sein muss.


In Natura 2000-Gebieten soll ein generelles Umbruchverbot gelten, was der Bauernverband für überzogen hält. Ob das auch Moorgebiete umfasst, ist noch strittig. Einig sind sich BMEL und die Länder dagegen, dass die Regelungen möglichst so gestaltet werden sollten, dass nach 2015 neu angelegtes Grünland jeder Zeit umgebrochen werden darf. Damit soll verhindert werden, dass Landwirte nur deshalb kein neues Dauergrünland entstehen lassen, weil sie befürchten müssen, dieses später nicht mehr umwandeln zu können.


2. Nachweis der Hauptkulturen: Welcher Zeitraum gilt?


Hier ist weitgehend alles klar: Wer zwischen 10 und 30 ha Acker hat, muss demnächst zwei Hauptkulturen, wer über 30 ha Acker verfügt sogar drei Fruchtarten anbauen. Dabei darf jeweils keine Kultur über 75 % Flächenanteil haben. Das EU-Recht lässt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Vorgabe nur wenige Spielräume.


Zum Beispiel ist noch festzulegen, in welchem Zeitraum die Vorschriften erfüllt werden müssen. Die Experten von Bund und Ländern sprechen sich für einen kurzen und für die Vor-Ort-Kontrollen geeigneten Zeitraum aus. Im Gespräch ist die Phase von Anfang Juni bis Ende Juli. Dann kann kaum noch ein Kulturwechsel stattfinden – jedenfalls kein sinnvoller und den Behörden bliebe noch genügend Zeit, die notwendigen Stichproben-Kontrollen durchzuführen.


3. Ökologische Vorrangflächen: Nutzen oder stilllegen?


Bei Definition und Ausgestaltung der ökologischen Vorrangflächen haben die EU-Staaten große Gestaltungsmöglichkeiten. Definitiv ist bislang nur, dass Betriebe mit mehr als 15 ha Ackerfläche ab 2015 mindestens 5 % ihres Ackers als Vorrangflächen ausweisen müssen. Darüber hinaus gibt es auch auf EU-Ebene noch viele offene Fragen: Wie sind diese ökologischen Vorrangflächen definiert? Was kann angerechnet werden? Mit welchem Faktor? Und welche Vorgaben gelten für die Bewirtschaftung?


Keine Äquivalenzmaßnahmen:

Bund und Länder müssen entscheiden, ob es auch Agrarumwelt- oder Klimaschutzmaßnahmen bzw. Umweltzertifizierungssysteme (z. B. DLG-Nachhaltigkeitsstandard) als Ersatz für ökologische Vorrangflächen zulassen möchte (sog. Äquivalenzmaßnahmen). Die dafür von der EU-Kommission vorgegebenen Mindestanforderungen gehen aber für fast alle Maßnahmen über die Green­inganforderungen hinaus. Gleichzeitig ist eine Doppelförderung zu vermeiden. Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich daraus keine wirklichen Vorteile für die Landwirte.


Im Gegenteil: Bund und Länder befürchten einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und eine höhere Fehleranfälligkeit. Deshalb wollen sie keine Äquivalenzmaßnahmen anbieten. Sie sehen darin keine Nachteile für die Landwirte, weil auf derselben Fläche sowohl Greening-Auflagen als auch Maßnahmen der zweiten Säule durchgeführt werden können. Das hat die Kommission so bestätigt.


Im Prinzip hat auch der DBV damit kein Problem. Er fordert aber, dass Bund und Länder dann auch Doppelförderverbote beim Greening so gering wie möglich halten. Gegebenenfalls solle es verschiedene Fördersätze für Greening- und Nicht-Greening-Flächen geben, so der Berufsstand.


Ein Landwirt, der an einem Blühstreifenprogramm teilnimmt, würde dann zwei unterschiedliche Fördersätze für seine Flächen erhalten, die höhere für Flächen, die nicht als ökologische Vorrangfläche angerechnet wird und die niedrige für die Flächen, die zur Erfüllung der Greening-Vorgaben dienen.


Was wird anerkannt?

Die von Brüssel vorgegebene Liste möglicher ökologischer Vorrangflächen ist lang. Sie umfasst Stilllegungsflächen, Landschaftselemente, verschiedene Puffer- und Randstreifen, aufgeforstete Flächen, Zwischenfrüchte, Kurzumtriebsplantagen, und Eiweißpflanzen.


Da die genannten Flächenkategorien eine unterschiedliche ökologische Wertigkeit haben, will die EU-Kommission Gewichtungsfaktoren vergeben. Im gegenwärtigen Entwurf ist zum Beispiel für Pufferstreifen und die meisten Landschaftselemente ein Faktor von 1,5 vorgesehen, auch für Ackerrandstreifen. Das heißt: Ein Feldgehölz von 500 m2 kann mit 750 m2 als ökologische Vorrangfläche angerechnet werden.


Stillgelegte Flächen oder aufgeforstete Areale sollen den Faktor 1,0 bekommen. Flächen, die mit Zwischenfrüchten, Bohnen und Erbsen bestellt sind oder als Kurzumtriebsplantagen genutzt werden, sollen nach dem Vorschlag der Kommission nur mit dem Faktor 0,3 bewertet werden. Das gilt auch für Streifen an Waldrändern, wenn diese weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden.


Für lineare und punktförmige Strukturen (z. B. Hecken, Baumreihen, Bäche) gibt es darüber hinaus noch gesonderte Umrechnungsfaktoren, mit denen diese auf Flächen umgerechnet werden können. Diese Option soll aber in Deutschland für die meisten Elemente nicht genutzt werden, sondern eine flächengenaue Erfassung erfolgen. Das wird in anderen Mitgliedstaaten womöglich anders gehandhabt.


Der DBV hält die von der Kommission vorgeschlagene Gewichtung für völlig unangemessen. „In der Schluss-phase der Trilog-Verhandlungen um die EU-Agrarreform war bei Zwi­schenfrüchten und stickstoffbindenden Pflanzen von einem Faktor 0,5 als Einigungslinie die Rede“, heißt es in einer Erklärung des Berufsstands zur Umsetzung des Greenings. Eigentlich müsse der Gewichtungsfaktor von Eiweißpflanzen bei 1,0 liegen, um dem Anbau Rückenwind zu verleihen und der ökologischen Wertigkeit von Leguminosen hinreichend Rechnung zu tragen, meint der DBV.


Breites Angebot:

BMEL und die Mehrheit der Länder wollen alle von Brüssel vorgeschlagenen Flächenkategorien als ökologische Vorrangflächen zulassen, um den Landwirten möglichst viel Flexibilität bei der Umsetzung zu geben. Von Umweltseite und insbesondere von den grün regierten Bundesländern gibt es kritische Stimmen zum Zwischenfruchtanbau. Hier gebe es kaum positive ökologische Effekte, heißt es.


Wie interessant die einzelnen Elemente für die Betriebe sind, hängt auch vom Kleingedruckten ab. Das zeigt folgendes Beispiel: Wenn die Einsaatfrist für Zwischenfrüchte zu weit nach vorne gezogen wird (z. B. vor den 1. Oktober), könnten nach bestimmten Früchten wegen des späten Erntetermins gar keine Zwischenfrüchte mehr angebaut werden.


Ein anderes Beispiel sind die Landschaftselemente: Diese sollen nach Ansicht von Bund und Ländern nur dann als Vorrangflächen anerkannt werden, wenn sie auch Cross Compliance-relevant sind. Zusätzlich sollen aber auch Ackerrandstreifen als nicht dauerhafte Landschaftselemente ökologische Vorrangflächen sein können.


Das geht dem DBV nicht weit genug. Er fordert, auch die an Ackerflächen angrenzenden Landschaftselemente unabhängig von den Eigentumsverhältnissen möglichst unbürokratisch anzurechnen, selbst wenn der betreffende Landwirt formal keine Verfügungsgewalt über die Hecke oder den Wasserlauf hat. Das ist nach Auffassung des BMEL allerdings EU-rechtlich gar nicht zulässig und damit nicht umsetzbar.


Düngung und Pflanzenschutz?

Ob auf den ökologischen Vorrangflächen gedüngt und gespritzt werden darf, ist zwar noch nicht endgültig entschieden. Der letzte Entwurf des Verordnungstextes der Kommission sieht aber keine Einschränkungen mehr vor. Das soll auch so bleiben, wie EU-Agrarkommissar Dacian Ciolo? mehrfach deutlich gemacht hat. „Die Mitgliedstaaten müssen aber nachweisen, dass von den Vorrangflächen ökologische Vorteile ausgehen und die Bodenqualität nicht leidet“, betonte Ciolo? im Januar bei der Grünen Woche in Berlin.


Da die Mitgliedstaaten weitergehende Einschränkungen nur vornehmen dürfen, wenn sie dazu eine EU-Ermächtigung haben, könnte dieses Thema eventuell vom Tisch sein. Allerdings bleiben die endgültigen Rechtstexte noch abzuwarten.


Umwelt- und Naturschutzverbände und in ihrem Schlepptau auch die Grünen haben bisher immer wieder unmissverständlich gefordert, Düngung und Pflanzenschutz auf den Vorrangflächen komplett zu verbieten.


Davon wollen Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich und DBV-Präsident Joachim Rukwied aber nichts wissen. Wer produktive Nutzung auf den ökologischen Vorrangflächen wolle, müsse auch eine bedarfsgerechte Versorgung der Zwischenfrüchte und Einweißpflanzen zulassen, betonen sie.


Einer für mehrere?

Das EU-Recht erlaubt es, einen Teil der ökologischen Vorrangflächen überbetrieblich zu erbringen. Dazu gibt es zwei Optionen: Die EU-Staaten können Kulissen definieren, innerhalb derer die Hälfte der für diese Region auszuweisenden Vorrangflächen konzentriert werden. Dann müsste der einzelne Landwirt in dieser Kulisse nur noch 50 % der Vorrangflächen individuell ausweisen, sofern genügend Berufskollegen entsprechend mehr Vorrangsflächen vorhalten.


Die zweite Option ist, dass sich maximal 10 Landwirte zusammentun und 50 % ihrer ökologischen Vorrangflächen gemeinsam erbringen. Auch in diesem Fall muss die zweite Hälfte betriebsindividuell nachgewiesen werden.


In beiden Fällen gelten hohe Anforderungen an die Flächen bzw. Elemente, die kollektiv bzw. regional erbracht werden können. Bund und Länder halten daher die Umsetzung für kaum praktikabel und das bei einem höheren Verwaltungsaufwand. Deshalb lehnen sie im Moment beide Alternativen einstimmig ab.


Ludger Schulze Pals

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.