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Heimisches Eiweiß statt Import-Soja füttern?

Lesezeit: 7 Minuten

Sojaextraktionsschrot ist das Eiweißfuttermittel schlechthin. Allerdings ist es teuer. Sind Rapsschrote oder Leguminosen eine Alternative für den Futtertrog? Dr. Hermann Lindermayer, LfL Grub, hat nachgerechnet.


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Die Versorgungslage bei Futter-eiweiß wird immer prekärer. Europa importiert inzwischen zwar jährlich über 35 Mio. t Soja, doch das starke Wachstum in der Tierhaltung führt dazu, dass die Nachfrage kaum noch gedeckt wird. Allein in Deutschland stieg die Zahl der Schlachtschweine in den letzten zehn Jahren von rund 46 Mio. Schweine auf über 58 Mio. Tiere an.


Die weltweite Nachfrage nach Eiweißfuttermitteln wächst ebenfalls. Allein China dürfte in diesem Jahr mehr als 60 Mio. t Sojaschrot importieren. Das entspräche einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2003! Tendenz steigend.


Die großen Exportländer wie die USA, Brasilien und Argentinien haben ihre Soja-Anbauflächen zwar kräftig ausgedehnt, der Zuwachs reicht aber nicht aus, um die wachsende Nachfrage zu decken. In vielen Anbauländern stößt die Produktion an räumliche und ökologische Grenzen. Die Abholzung des Regenwaldes ist dabei das größte Problem.


Leguminosen statt Soja?

Immer dringender stellt sich die Frage, wie man die wachsende Eiweißlücke wieder schließen kann. Braucht Deutschland eine neue Eiweißstrategie? Müssen deutsche Ackerbauern wieder mehr Leguminosen anbauen oder heimisches Soja erzeugen?


Grundsätzlich hätte ein höherer Selbstversorgungsgrad Vorteile: Wir wären unabhängiger von Marktpartnern und Preisschwankungen auf den Weltmärkten. Doch was sich theoretisch einfach anhört, ist in der Praxis schwierig. Dafür gibt es mehrere Gründe:


  • Schweine stellen hohe Ansprüche an die Protein- bzw. Aminosäurenqualität. Hier spielt das Aminosäurenmuster eine wichtige Rolle. Es gibt bislang kaum heimische Eiweißfuttermittel, die auch nur annähernd in ihrer Eiweiß- und Aminosäurequalität mit den ideal ausgestatteten Import-Sojaextraktionsschroten mithalten können. Fast alle Eiweißalternativen müssen durch gezielte Amino-säurenergänzungen aufgewertet werden. Zudem müssen die Rationen oft mit ein oder zwei Eiweißfuttern ergänzt werden.
  • Es stehen zu wenig Körnerleguminosen zur Verfügung. Denn der Anbau von Erbsen, Ackerbohnen oder Lupinen ist betriebswirtschaftlich oft uninteressant. Die Sorten sind züchterisch kaum weiterentwickelt worden, die Ertragszuwächse konnten mit denen bei Getreide oder Mais nicht mithalten. Die Folge ist, dass der Leguminosenanbau in Deutschland stark rückläufig ist. Details dazu lesen Sie in dieser Ausgabe ab Seite 96.
  • Tierhalter in Veredlungsregionen mit hohem Gülleanfall pro Flächeneinheit sehen den Leguminosenanbau kritisch. Denn die Erträge halten nicht mit denen von Weizen oder Körnermais mit. Bei einem doppelt bis dreifach so hohen Getreideertrag geht Landwirten jede Menge Energiefutter verloren, wie Übersicht 1 verdeutlicht. Während beim Anbau von Sojabohnen die Energiemenge nur für die Versorgung von 14 Schweinen reicht, bietet der Anbau von Mais ein mehr als dreimal so großes Energiepotenzial.
  • Leguminosen fixieren den Luftstickstoff, und davon ist in viehstarken Gebieten ohnehin genug vorhanden. Durch die Fixierung werden bis zu 30 kg N je ha zusätzlich „geliefert“. Das ist allenfalls für Ökobetriebe interessant. Zwar sinkt durch die Gülleausbringung die N-Fixierung aus der Luft, die Pflanze stellt die Fixierung aber nicht gänzlich ein. Der viehstarke, flächenknappe Veredlungsbetrieb braucht beim Anbau von Leguminosen also zusätzliche Getreide- oder Maisflächen für die Gülleverwertung.
  • Auch der hohe Phosphorgehalt vieler Sojaalternativen erhöht den Flächen-bedarf, vor allem in viehdichten Regionen mit hohen P-Überschüssen.
  • Einige heimische Leguminosen, wie z. B. Bohnen und Erbsen, enthalten ausgesprochen wenig Methionin. Außerdem gibt es Probleme mit der Dünndarmverdaulichkeit der Aminosäuren. Methionin/Cystin, Threonin und Trypthophan schneiden im Vergleich mit Sojaschrot viel schlechter ab.
  • Der Anbau von heimischen Sojabohnen nimmt regional zwar zu, weil neuere Sorten kälteresistenter und frühreifer sind. Dort fehlen jedoch standardisierte, schonende Aufbereitungsanlagen.
  • Als mögliche Alternativen zu Soja bieten sich Rapsnebenprodukte wie Extraktionsschrote (chemische Entölung) oder Rapskuchen (Kaltpressen) an. Bundesweit liegt der Verarbeitungsüberschuss bei 300 000 t. Große Mengen davon wandern in die Rinderfütterung und in den Export. Vorausgesetzt die Preiswürdigkeit würde passen, könnte gut ein Drittel des Eiweißfutters beim Schwein auch ein Rapsnebenprodukt sein.
  • Andere hochwertige Eiweißträger wie Fischmehle oder Kartoffeleiweiß sind knapp und teuer oder nicht zugelassen.


Steigende Kosten:

Ein zusätzliches Problem beim Einsatz heimischer Eiweißfuttermittel sind die Futterkosten. Sie steigen sowohl in der Ferkelerzeugung als auch in der Schweinemast an. Am Beispiel eines Ferkelerzeuger- und eines Mastbetriebes in Übersicht 2 wird dies schnell deutlich. Der im linken Teil der Übersicht dargestellte Ferkelerzeuger hält 250 Sauen, verkauft 24 Ferkel pro Sau und Jahr bzw. 6 000 Ferkel insgesamt und bewirtschaftet 50 ha Ackerland. Der Schweinemäster im rechten Teil der Tabelle produziert auf 1 500 Mastplätzen jährlich 4 500 Mastschweine und bewirtschaftet 100 ha.


Beide Betriebe setzen zur Eiweißversorgung ein herkömmliches 43er-Sojaextraktionsschrot ein (Futtervariante A). Beide Mischungen enthalten freie Aminosäuren und Phytase. In Variante B wird das Sojaschrot gegen heimische Sojabohnen, Erbsen und Rapsschrot ausgetauscht. Auch diese Mischungen enthalten freie Aminosäuren und Phytase. Die Futterstrategie in Variante C ist identisch, allerdings wird auf den Einsatz von Aminosäuren und Phytase verzichtet. Alle Futtermischungen sind bedarfsgerecht zusammengestellt und kostenoptimiert.


Die Ergebnisse für den Ferkelerzeuger:


  • Die Futterkosten steigen durch den Einsatz der heimischen Eiweißträger an. In Variante B um mehr als 10 700 € auf 112 752 €, der Flächenbedarf erhöht sich um 56 auf 106 ha. Verantwortlich für die Kostenexplosion ist der deutlich steigende Eiweißanteil in der Mischung. Dieser erhöht sich von 16 auf 28 %, und das trotz des Einsatzes von freien Aminosäuren und Phytase.
  • Die Produktionskosten im Betrieb erhöhen sich, weil zusätzliche Silos für die Erbsen, Bohnen und den Raps nötig sind.
  • Durch den Rapsanteil in der Mischung wächst die Gefahr, dass die Schweine das Futter „links liegen lassen“, da Bitterstoffe die Schmackhaftigkeit negativ beeinflussen können.
  • Die Rationsumstellung wirkt sich teilweise negativ auf die Nährstoffbilanz aus. In Bezug auf die N-Bilanz erhöht sich die mögliche Sauenzahl je ha zwar leicht von 5,7 auf 6,2 Tiere, weil weniger N ausgeschieden wird. Bei der Phosphat-Bilanz sinkt die Zahl der Sauen je ha dagegen von 5 auf 4. Probleme bereiten die hohen P-Gehalte der Erbsen und Bohnen.


Leistungen sinken:

Die Futterstrategie mit heimischen Eiweißträgern birgt noch weitere Gefahren.


Ein Leistungseinbruch ist wahrscheinlich. Denn Ferkel bzw. Hochleistungs­sauen lassen sich mit heimischen Eiweißfuttermitteln niemals so gut versorgen wie mit Import-Sojaextraktionsschrot. Unter Umständen leidet wegen des Rapsanteils auch die Schmackhaftigkeit des Futters, so dass der Futterverzehr sinkt. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass in Variante B pro Sau und Jahr ein Ferkel weniger (- 5 %) verkauft wird!


Noch dramatischer fällt das Ergebnis in Futtervariante C aus, in der auf den Einsatz freier Aminosäuren und Phytase verzichtet wird.


Die Zahl der verkaufsfähigen Ferkel sinkt um 10 % von 24 auf 22 verkaufte Ferkel pro Sau und Jahr. Die Nährstoffbilanz fällt im Hinblick auf die N- und P-Bilanz negativ aus. Die Futterkosten steigen noch weiter an. Im Beispiel um mehr als 12 600 € auf 114 660 €. Kritisch ist der sehr hohe Eiweißanteil in der Mischung von 39 %.


Auch der Flächenbedarf nimmt zu, er erhöht sich um 85 auf 135 ha! Denn mit dieser Mischung gelingt es nicht mehr, die großen P-Überhänge aus den Eiweißkomponenten abzubauen, da Phytase fehlt. Zudem stehen die Ackerflächen, auf denen die Leguminosen angebaut werden, nicht als vollwertige Gülle-flächen zur Verfügung.


Auch in der Mast wird‘s teuer:

Für die Schweinemast wäre die „heimische Eiweißstrategie“ ähnlich kritisch zu beurteilen. Denn genau wie im Ferkelerzeugerbetrieb führt der Verzicht auf Import-Sojaextraktionsschrot dazu, dass die Futterkosten deutlich ansteigen und die Nährstoffbilanz negativ ausfällt.


Auch hier ist das teure heimische Eiweiß der Kostentreiber. Das wird vor allem deutlich, wenn man auf den Zusatz von freien Aminosäuren verzichtet und Phytase weglässt (Variante C). In diesem Fall muss der Futterwertverlust durch deutlich steigende Eiweißanteile ausgeglichen werden. Im hier dargestellten Beispiel erhöht sich der Eiweißfuttermittelanteil in der Ration auf 37 %.


Auch ein Leistungseinbruch ist einzukalkulieren. Die Zunahmen sinken in Variante B um 50 g, in Variante C um 80 g. Das geht zu Lasten der Umtriebe.-ar-

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