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Modul-Check vor Ort

Lesezeit: 6 Minuten

Mit einem mobilen PV-Labor lassen sich Fehler in Solarmodulen schnell und zuverlässig aufdecken. top agrar hat einen Dienstleister begleitet.


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Stephan Neitzel dreht die letzte Schraube fest. Das Photovoltaikmodul ist fest auf dem Gestell eingespannt. Jetzt verbindet er noch das Anschlusskabel und schiebt das Modul in den schmalen Spalt des drei Meter langen Anhängers. „Und jetzt warten wir auf das Ergebnis“, sagt der Geschäftsführer der Systemtechnik Weser-Ems (Syswe) aus Ganderkesee (Niedersachsen).


Seit dem vergangenen Jahr nutzt Neitzel diese Technik. Auf dem Pkw-Anhänger, ist ein modernes Labor zur Untersuchung von Modulen montiert. Mit dem Labor kann Neitzel eine Elektrolumineszenz (EL)-Messung der Module durchführen.


Seit mehreren Jahren überprüft er schon Photovoltaikanlagen auf deren Funktion. Bislang hat er dafür ein Kennlinienmessgerät eingesetzt, das bei Modulen Abweichungen in der Stromproduktion erkennen lässt. Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel für ihn ist die Thermographie-Kamera. Mit ihr lassen sich warme Stellen (Hotspots) in den Modulen erkennen, die beispielsweise auf fehlerhafte Stromverbindungen schließen lassen. Wenn der Strom nicht abgeführt wird, wird es heiß.


Auch wenn diese Fehlerdiagnosen weiterhelfen, sind sie immer noch recht ungenau. Denn sie sagen wenig über die Ursache der Probleme aus. Und mit ihnen lassen sich Defekte in den Modulen erst erkennen, wenn der Stromfluss schon nicht mehr funktioniert.


Module leuchten:

Bei der EL ist das anders. Bei dieser Methode wird am Modul eine elektrische Spannung angelegt. Das Modul fängt dabei an zu leuchten. Diese Strahlung lässt sich jedoch nicht mit dem menschlichen Auge, sondern nur mit einer speziellen Kamera erkennen. Mit diesem Verfahren kann man praktisch in das Modul „hineinsehen“: Kleine Risse, unterbrochene Kontaktfinger und andere Zelldefekte lassen sich in Form von schwarzen Stellen erkennen. Denn wo kein Strom fließt, leuchtet das Modul nicht. Das Schwarz-Weiß-Bild, das die Kamera erzeugt, ähnelt einem medizinischen Röntgenbild.


Automatische Messung:

In dem Anhänger wird vor der EL-Messung zunächst automatisch eine Strom-Spannungs-Kennlinie erzeugt. Hierfür wird das Modul von 10 000 LED belichtet (geflasht). Anschließend erscheint auf dem Bildschirm des Computers, der in den Anhänger integriert ist, die Leistung des Moduls im Maximum-Power-Point (MPP). Jedes Modul hat eine eigene Kennlinie, die die Leistung als Produkt aus Stromstärke x Spannung angibt. Der Punkt, an dem die maximale Leistung erreicht wird, ist der MPP. In diesem Fall liegt er bei 149 Watt (Übersicht 1, linke Grafik).


Der MPP wird immer auf Standard-Test-Bedingungen berechnet, also u.a. bei einer Temperatur von 25 °C. Der Wert gibt die Nennleistung des Moduls an. Diese lässt sich mit dem Datenblatt des Moduls vom Hersteller vergleichen.


Anschließend macht das mobile Labor automatisch eine EL-Messung. Dazu erfassen sechs Nahinfrarotkameras das Modul, um möglichst viele Details darstellen zu können. Das Ergebnis erhält Neitzel nach ca. acht Sekunden auf dem Bildschirm. In einem Segment des Moduls erkennt er einen eindeutigen Riss (siehe Bild auf S. 25). „Hier ist der Stromfluss noch nicht unterbrochen, dafür hätte die Fläche richtig schwarz sein müssen“, analysiert er. Trotzdem kann das problematisch werden: Wenn sich im Sommer bei hohen Temperaturen die Module erwärmen, reicht schon eine minimale Ausdehnung des Materials aus, um die Stromverbindungen zu kappen.


Bruch mindert Leistung:

Wie ein gravierender Defekt im Modul aussieht, simuliert Neitzel mit einem Klebestreifen auf einer Zelle des Moduls. „Das ist mit Vogelkot, einem Blatt oder einem Bruch der Zelle zu vergleichen“, erklärt er. Beim anschießenden Flashen erkennt man sofort einen Unterschied bei der Stromproduktion: Der MPP liegt nur noch bei 106,9 Watt (Übersicht 1, rechte Grafik).


Wie kommen diese Defekte im Modul zustande? „In der Regel sind das Transport- oder Verlegeschäden“, berichtet Neitzel. Die anfälligsten Komponenten in einem Solarmodul sind die Solarzellen, die aus ganz fein gesägten, etwa 0,3 mm dünnen Siliziumscheiben (Wafern) bestehen. Auf den Wafer werden per Siebdruckverfahren dünne Metallstreifen aufgedruckt (Kontaktfinger). „Die Solarzellen sind spröde wie Christbaumkugeln“, beschreibt er deren Eigenschaften. Schon leichte Schwingungen können sie brechen lassen (Übersicht 2).


Erste Schäden können schon im Werk auftreten, wenn die Kontaktfinger mit zu starkem Druck aufgetragen werden. Auch können unachtsames Verladen des Gabelstaplerfahrers oder ein Transport liegender und übereinander gestapelter Module feine Risse verursachen. Darum sollten Solarmodule möglichst stehend transportiert werden. Aber auch auf den Baustellen sind bei dem hohen Zeitdruck, unter dem die Module montiert wurden, häufig Fehler passiert, hat Neitzel beobachtet: „Wenn ein Modul umfällt oder der Errichter bzw. Reinigungspersonal auf den Modulen herumläuft oder sich draufkniet, sind Risse in den Zellen unvermeidlich.“ Auch heftiger Wind, dicke und schwere Schneeschichten oder starke Temperaturschwankungen können die Module schädigen.


Eine weitere Ursache sind Hagelkörner. Heftige Schläge führen auch zu Rissen in den Zellen. Während man sie mit bloßem Auge nicht erkennen kann, lassen sich Hagelschäden auf dem EL-Bild als kreisförmiger Fleck sehr gut von anderen Schäden unterscheiden. „Wir haben kürzlich nach einem Gewitter mit Hagel eine Anlage mit 94 Modulen überprüft, 93 davon hatten erhebliche Risse, obwohl man am Glas nichts erkennen konnte“, nennt Neitzel ein Beispiel.


Die feinen Mikrorisse unterbrechen den Stromfluss jedoch nicht sofort. Das gilt auch für Hagelschäden. Manchmal kann es Jahre dauern, bis sich die Schäden bemerkbar machen. Es ist dann nicht mehr nachzuvollziehen, wer die Schuld daran trägt. Oft ist auch die Garantie abgelaufen. Wenn dann noch Hersteller oder Errichter insolvent sind, hat der Anlagenbetreiber schlechte Karten.


Sinnvoll ist eine Überprüfung möglichst vor Ablauf der Garantiezeit. Auch nach einem Unwetter mit Hagel ist die Messung empfehlenswert. Immer mehr Versicherungen wollen wissen, ob ein Schaden durch den Hagel verursacht wurde oder schon vorher bestand. Mit der EL-Messung kann man das deutlich sehen.


Bei der Prüfung kontrolliert Neitzel je nach Wunsch des Anlagenbetreibers entweder alle Module oder eine Stichprobe von 3 %. Pro Stunde schafft er dabei rund 20 Module. Im Sommer kann er auch erst mit der Thermographiekamera nach Hotspots schauen und dann gezielt nur die auffälligen Module testen.


Der Modul-Check kostet je nach Anzahl der Module zwischen 10 und 30 € für die komplette Prüfung eines Moduls (EL, Flash/Leistungsmessung und eventuell auch Thermographie). Hierfür müssen die Module jedoch schon demontiert sein und zur Prüfung bereitstehen. Für den Ab- und Aufbau müssen je nach Anlage sonst weitere 15 bis 30 € pro Modul angesetzt werden. Wenn ohnehin schon Module z. B. bei Glasbruch getauscht werden müssen, fallen die Extrakosten geringer aus.Hinrich Neumann

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