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Module aus zweiter Hand

Lesezeit: 7 Minuten

Viele Modulhersteller sind vom Markt verschwunden. Wenn Sie ein defektes Modul ersetzen müssen, bleibt daher nur der Gebrauchtkauf. Dabei sollten Sie einiges beachten.


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Der 6. Dezember 2013 war ein denkwürdiger Tag für Dirk Andresen. Nicht der Nikolaus bescherte dem Landwirt aus Schaalby bei Schleswig an diesem Tag eine böse Überraschung. Es war der Orkan Xaver, der fünf Module seiner Photovoltaikanlage von einer Maschinenhalle riss und komplett zerstörte. Andresen hatte die Anlage mit rund 975 Kilowatt (kW) Leistung auf mehreren Hallendächern im Jahr 2011 in Betrieb genommen. Als Einspeisevergütung erhält er rund 22 ct pro Kilowattstunde (kWh), sodass er die fehlenden Module auf jeden Fall ersetzen lassen wollte. Zudem hatte Sturmtief Christian im Oktober ein weiteres Modul aus der Halterung gerissen, das er ebenfalls ersetzen wollte.


Keine Module mehr:

Ein Gutachten bestätigte den Sturmschaden, die Versicherung signalisierte Zustimmung, sodass er zu Beginn des Frühjahrs mit steigenden Sonnenstunden eigentlich wieder volle Leistung hätte produzieren können.


Doch so einfach war es nicht: Der Hersteller der Solarmodule, die amerikanische Firma Evergreen, hatte im August 2011 Insolvenz angemeldet. Die Produktion wurde eingestellt. „Ich konnte also keine Module diesen Typs mehr kaufen, auch der Installateur hatte keine mehr auf Lager“, berichtet Andresen. Seine Versicherung, die solche Fälle schon häufiger erlebt hat, vermittelte ihm dann das Berliner Unternehmen Envaris. Das Serviceunternehmen zur Reparatur und Optimierung von Photovoltaik arbeitet mit verschiedenen Partnern in ganz Deutschland zusammen und bezeichnet sich als eine Art „Pannenhilfe fürs Solardach“.


Um Anlagenbetreibern schnell helfen zu können, arbeitet Envaris zudem eng mit der Photovoltaik-Gebrauchtbörse SecondSol zusammen. Auf der Internet-Plattform können Nutzer gebrauchte Photovoltaikmodule und andere Komponenten eigenständig kaufen und verkaufen. „Auf diese Weise entsteht ein ganzer Pool an Ersatzteilen für ältere Photovoltaikanlagen“, erklärt Frank Fiedler, Geschäftsführer von SecondSol.


Und das wird immer wichtiger: Zu Spitzenzeiten gab es auf dem Solarmarkt laut Fiedler einmal 1 500 Modulhersteller, die bis zu 74 000 verschiedene Modelle in Deutschland verkauft haben. „Heute ist die Zahl auf knapp 500 geschrumpft, viele Bauteile werden nicht mehr hergestellt. Das wird gerade für Landwirte, die häufig ältere und große Anlagen besitzen, immer häufiger zum Problem“, ist er überzeugt.


Markt entwickelt sich.

SecondSol vermittelt nicht nur Gebrauchtmodule. Teilweise sind sie neuwertig, z.B. wenn sie aus Lagerwaren und Restposten bzw. aus Insolvenzen von Herstellern und Händlern stammen. „Aber auch übrig gebliebene Module aus dem Bau von PV-Anlagen werden angeboten – z. B. wenn auf einer Palette 30 Module sind und nur 28 Stück benötigt werden“, zählt Fiedler mögliche Herkünfte auf.


Gebrauchte Module dagegen stammen aus dem Repowering von älteren Anlagen, bei denen der Besitzer auf neuere, leistungsstärkere setzt. Oder aus Versicherungsfällen, wenn alle alten Module ersetzt und die noch intakten auf dem Zweitmarkt angeboten werden. „Vor allem Installateure, Versicherungen und Händler verkaufen Module über SecondSol“, hat Fiedler festgestellt. Der Plattformanbieter vermittelt aber nicht nur Module und Bauteile dieser Anbieter, er hält als „Gebrauchtartikelhändler“ inzwischen selbst einen Fundus von Modulen bereit – so z. B. von BP, Tenesol, Evergreen, Shell und anderen Herstellern, die bereits vom Markt verschwunden sind.


Nicht jedes Modul passt.

Die richtigen Module zu finden, ist aber gar nicht so einfach. Denn passen Strom, Spannung und Leistung nicht zu den vorhandenen (siehe Kasten rechts), kann es zu Minderleistungen in der Solaranlage führen. Auch ist es vorteilhaft, wenn die Module in etwa die gleiche Größe und die gleiche Rahmenhöhe wie die alten Modelle haben. Das erleichtert die Montage in das vorhandene Gestell, sonst muss man vor Ort umbauen.


Ist der Ersatz eines einzelnen Moduls in einem Strang nicht möglich, kann man auch alle austauschen und die noch intakten alten Paneele ebenfalls gebraucht anbieten.


Dazu kommt die rechtliche Situation. „Gemäß Erneuerbare-Energien- Gesetz dürfen Sie Module nur auf-grund eines technischen Defekts, einer Beschädigung oder eines Diebstahls an demselben Standort ersetzen“, erklärt Fiedler. Dabei darf der Anlagenbetreiber die Leistung der Anlage nicht erhöhen. Ansonsten läuft er Gefahr, die Vergütung für die gesamte Anlage zu verlieren. Für die neuen Module erhält er ansonsten die gleiche Vergütung wie für die alten.


Die Vergütung von gebrauchten Modulen ist jedoch auch Auslegungssache und keinesfalls immer sicher. Darauf weist Rechtsanwältin Susanne Lindenberger von der Kanzlei Paluka und Partner aus Regensburg hin. Welche Sichtweisen es gibt und wie unterschiedlich alte Solaranlagen dabei zu betrachten sind, haben wir in einem Leserservice für Sie auf www.topagrar.com (Heft +) zusammengefasst.


Auch im Fall von Landwirt Andresen wurde SecondSol fündig. Zumindest passten sie in puncto Leistung, von der Rahmenfarbe her dagegen nicht ganz: Die neuen Module haben einen silbernen Rahmen, die alten waren außen schwarz. Auch die Abmessungen waren nicht ganz identisch. „Größere oder kleinere Module kann man meist immer an den Außenkanten bzw. den Ecken des Generatorfeldes bzw. des Daches befestigen. Defekte Module aus der Mitte des Generatorfeldes werden mit Modulen von der Außenkante ersetzt“, erklärt Fiedler. Die Rahmenhöhe kann dagegen mit speziellen Unterlegscheiben oder variablen Modulklemmen angepasst werden.


Auch bei Andresen haben die Installateure die durch den Sturmschaden entstandenen Lücken mit identischen Modulen der Anlage geschlossen und die neuen Module am Rand verlegt.


Weiterer Schaden:

Auf dem Dach fiel den Installateuren auf, dass weitere Module kaputt waren. So musste Andresen zusätzlich acht gebrauchte Module kaufen. Insgesamt hat er damit 14 Module auf dem Dach ersetzen müssen, die jetzt alle am Rand des Daches verlegt sind.


Pro Modul hat er rund 250 Euro bezahlt. Inklusive Montage summierten sich die Kosten auf rund 6 000 Euro, den Schaden bekam er dann aber komplett von der Versicherung ersetzt. Nach Fiedlers Erfahrung stehen Versicherungen dem Einbau von gebrauchten Modulen positiv gegenüber. Denn sie haben großes Interesse, dass die Anlage schnell wieder läuft und der Ertragsschaden im Rahmen bleibt.


„Ohne Versicherung muss man sich genau überlegen, ob man die Module überhaupt ersetzt. Auch muss man genau durchrechnen, ob man mit der Einspeisevergütung der ersetzten Module die Kosten wieder hereinbekommt“, gibt Andresen zu denken.


Gut rechnen.

Das ist in der Tat ein Rechenexempel, auf das es keine pauschale Antwort gibt: Ältere Anlagen haben eine höhere Einspeisevergütung, aber eine geringere Restlaufzeit bis zum Ende der zwanzigjährigen Vergütungsdauer. Module von jüngeren Anlagen dagegen bekommen zwar eine geringere Vergütung, haben dagegen aber eine längere Restlaufzeit.


Bei dieser Rechnung ist auch der Preis für die gebrauchten Module zu beachten, der sich zum einen an dem ursprünglichen Anschaffungspreis orientiert. „Kostete das Modul vor einigen Jahren z. B. 3 Euro pro Watt und wurde es mehrere Jahre als Ersatzteil für später gelagert, wird es heute kaum günstiger sein als damals“, erklärt der SecondSol-Geschäftsführer. Dazu kommen mögliche Test- und Aufbereitungskosten für gebrauchte Module. Und schließlich Angebot und Nachfrage: Gerade für ältere Photovoltaikanlagen sind passende Ersatzteile nicht immer einfach zu finden, wenn der Hersteller pleite ist. Entsprechend gefragte Komponenten können daher schon fast Sammlerwert bekommen.


Für den Verkäufer fällt eine Provision an, der Käufer muss dagegen an SecondSol nichts bezahlen.


Ebenfalls einrechnen muss man die Kosten für die Montage durch ein Fachunternehmen. „Anklemmen und festschrauben könnte ich ein Modul auch selbst. Aber es gibt noch viele weitere Dinge zu beachten, die ich als Landwirt gar nicht überblicken kann“, meint auch Andresen dazu. So hatte eines der ausgetauschten Module eine falsche Polung bei den Steckanschlüssen. In der Folge fiel ständig einer der 78 Wechselrichter aus. „Der Elektriker hat lange gemessen, bis er den Fehler gefunden hatte“, schildert der Landwirt.


Nach einem aufregenden halben Jahr läuft die Anlage seit Juli 2014 wieder normal. Die ausgetauschten Module haben die gleiche Leistung wie die alten, damit stimmt auch die Leistung wieder. Für die „neuen“ Module hat Andresen über SecondSol auch wieder zwei Jahre Garantie. Sein Fazit: „Dass eine Photovoltaikanlage keine Arbeit macht, war ein schönes Märchen der Verkäufer in der Boomzeit!“Hinrich Neumann

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