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Neuer Glanz für die Solaranlage

Lesezeit: 6 Minuten

Staub und Taubendreck schmälern die Leistung von Solar­modulen. top agrar hat einen professionellen Solarreiniger bei seinem Einsatz begleitet und sagt Ihnen, worauf es ankommt.


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Wie ein Schleier liegt der Schmutz auf den Modulen: „Das sieht man schon von unten“, sagt Johannes Wallek, Geschäftsführer des Raiffeisen Lagerhaus in Ismaning bei München. Die Solaranlage auf dem Dach seiner Lagerhalle soll daher heute Morgen gereinigt werden.


Marcel Kennel von der „asl Solarreinigung“ muss ihn überzeugt haben: Bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren rückt dieser mit seinem Reinigungsteam zur Genossenschaft aus. Seit 2008 ist der 30-jährige Betriebswirt im Geschäft und kann sich über mangelnde Aufträge nicht beschweren. Vor fünf Jahren befreite er noch 600 m2 Modulfläche von Schmutz. Im vergangenen Jahr schrubbten er und sein Team bereits 210 000 m2.


Wasser aufbereiten.

Bei diesen Größenordnungen ist professionelle Technik gefragt. Kennel hat daher eine Wasser-Aufbereitungsanlage inklusive Pumpe und 1 000 Liter-Tank auf einem Anhänger installiert, mit der er auch größere Freiflächenanlagen ohne Unterbrechung säubern kann.


Das Wasser wird für die Reinigung zusätzlich aufbereitet. Dazu durchläuft es einen Ionenabscheider – erst durch ein saures, dann durch ein positiv beladenes Harz. Mineralien, Rost, Kalk und andere Verunreinigungen werden auf diese Weise gebunden und können so aus der Flüssigkeit entfernt werden. „Wenn wir ungefiltertes Wasser verwenden würden, blieben Inhaltsstoffe wie Kalk auf der Oberfläche der Module zurück“, sagt Kennel.


Oben auf dem Dach angekommen, inspiziert Kennel als erstes die Module. Als er mit der Hand darüberfährt, ist diese danach schwarz. Durch die Reinigung wird der Ertrag um etwa drei Prozent steigen, schätzt er.


Ob sich die Wäsche einer Solaranlage dennoch lohnt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Kosten dafür sind vor allem von Anlagentyp und -größe abhängig: Während man große Freiflächenparks bereits ab 55 ct/m2 säubern lassen kann, fallen bei kleinen Dachkraftwerken, die den Einsatz einer Hebebühne erfordern, auch Spitzenpreise von bis zu 3,20 € an.


Kennel kennt die Argumente seiner Kritiker. „Wir werden oft so dargestellt, als wollten wir den Betreibern den letzten Cent aus der Tasche ziehen. Immer wieder bekommt er auch zu hören: Die Module reinigen sich von selbst. „Leider funktioniert das aber nicht immer“, sagt er.


Tatsächlich galt noch vor einigen Jahren in der Solarbranche die Parole, Reinigen muss nicht sein, der Regen macht das von alleine. Das mag in vielen Fällen stimmen, aber bei Weitem nicht in allen. So legt sich beispielsweise auf Mastställen oft ein schmieriger, öliger Film auf den Solarplatten ab, der dem Regen trotzt.


Reinigung in der Kritik.

Dennoch ist der Nutzen einer Reinigung schwer nachzuweisen. Denn ein Vorher-Nachher-Vergleich ist schwierig. Selbst eine Kennlinienmessung ist kaum möglich. Man bräuchte dazu vor und nach der Reinigung zwei völlig identische Tage, mit gleicher Temperatur und gleicher Sonneneinstrahlung. Das kommt aber in der Praxis nicht vor.


Die bekannteste Studie zum Thema Reinigung stammt von Professor Heinrich Häberlin von der Berner Fachhochschule in der Schweiz. Danach lohnt sich eine Reinigung. Bei mehrjährigen Versuchsreihen an Modulen auf dem Dach seines Berner Instituts stieg deren Leistung um rund 14 %.


Untere Zellen verschmutzen.

Kennel beurteilt dieses Ergebnis eher skeptisch: „Jede Effizienzverbesserung über zehn Prozent ist sehr viel.“ Zudem ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus der Schweiz begrenzt. Denn in Häberlins Untersuchung betrug der Abstand zwischen dem Rahmen des Modules und den darin enthaltenen Zellen nur 2,5 mm (siehe Foto oben). Das ist wenig im Vergleich mit modernen Produkten. Denn wenn die Module hochkant und leicht schräg auf dem Dach montiert werden, staut sich hier besonders schnell Schmutz. Folge: Die unteren Zellen werden schnell verschattet, was den Ertrag des gesamten Modules in den Keller zieht. Die Hersteller haben das Problem erkannt und den Abstand daher auf 5 bis 10 mm vergrößert und somit das Problem minimiert.


Es wundert daher nicht, dass jüngere Untersuchungen der Zeitschrift Photon und von Experten aus Spanien zu anderen Ergebnissen kommen. Demnach liegt der Mehrertrag nach dem Putzen bei etwa 3 % – und das trotz deutlich sichtbarer Verschmutzungen.


Stefan Blome, Solarexperte der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen, hat sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt. „Der Effekt einer Reinigung wird oft überschätzt“, sagt er. Allerdings verschmutzen vor allem Anlagen auf Mastställen besonders schnell und stark. Er rät vor allem Landwirten, die Module genau zu beobachten. Sobald Schmutz von Weitem bereits sichtbar sei, solle man reinigen. Danach könne man am besten abschätzen, wie stark der Mehrertrag ausfalle und anhand dessen entscheiden, ob sich künftig eine jährliche oder beispielsweise zweijährige Reinigung auszahlt.


Vor allem für ältere Anlagen ist eine Reinigung interessant, da diese eine ­höhere Einspeisevergütung erhalten als jüngere, so Blome. Anhand einer Beispielkalkulation macht der Solar­experte diesen Zusammenhang deutlich (siehe Übersicht): Je höher die Vergütung, desto mehr kann ein Betreiber auch für die Reinigung ausgeben.


Kennel reinigt die Anlagen mit Spritzbürsten. Von rotierenden Bürsten hält er nichts. „Bei rotierenden Bürsten ist oft der Kopf ziemlich schwer und durch die Rotation entstehen Vibrationen, die auf kristalliner Ebene der Module zu Mikrorissen führen können“, sagt Kennel. Das hat er in einer Fallstudie gemeinsam mit dem Photovoltaik-Ingenieurbüro Solarschmiede untersucht.


Gefahr für Module.

Besonders viel Aufmerksamkeit widmet Kennel gerahmten Modulen. Diese bergen nämlich ein weiteres Problem: Weil sich in den Ecken Wasser sammelt, begünstigen sie den Wuchs von Flechten und Moos. In Ismaning sind bislang nur die Dachziegel gefleckt von Flechten, aber was nicht ist, kann noch kommen.


„Der Bewuchs beginnt meistens in den Alurahmen und vom Randbereich der Module bohren sich die Gewächse in die kristalline Schicht hinein“, sagt Kennel. Das mindert zum einen den Ertrag, da das Grünzeug das Modul verschattet. Zum anderen kann ein Moosbefall zu sogenannten Hot Spots führen. Das bedeutet, dass die Siliziumkristalle durchbrennen, weil die Hitze nicht mehr abgeleitet werden kann.


Wo Kennel mit den nassen Bürsten über die Module fährt, glänzen die ­gesäuberten Panels von der Feuchtigkeit. Aber nur kurz, denn durch die Temperatur der Module, die zwischen 60 und 80 Grad Celsius liegt, trocknet das Reinstwasser sofort streifenfrei ab.


Nach weiteren zwei Stunden ist die Anlage des Ismaninger Raiffeisen Lagerhauses blitzblank geputzt. Als Kennel gerade die Ladeklappe des Anhängers schließt, kommt Johannes Wallek zum Verabschieden vorbei: „Gell, nächstes Jahr macht ihr bitte um die gleiche Zeit einen Kontrollgang.“ -ro-

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