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Sojaschrot: Bricht uns jetzt der Nachschub weg?

Lesezeit: 5 Minuten

Beim Sojaschrot drohen in Kürze massive Versorgungslücken. Denn Brüssel zögert den Import neuer, genveränderter Futtermittel hinaus. top agrar schildert die Hintergründe und Folgen.


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Fachleute aus der Futtermittelbranche schlagen seit Wochen Alarm: Bereits Ende September könnten beim Bezug von Sojaschrot massive Engpässe auftreten. Einige Experten befürchten sogar, dass die Versorgung mit Sojaschrot in manchen Regionen Europas komplett zusammenbricht.


Auslöser ist die rasante Entwicklung in den USA – dem weltweit größten Anbauland für Sojabohnen (siehe Übersicht 1). Denn in Nordamerika kommen permanent neue, gentechnisch veränderte Sojabohnen (GVO-Soja) auf den Markt, die in Europa noch nicht zugelassen sind. Meist hinkt die EU-Zulassung den USA um rund zwei Jahre hinterher. Während dieser Zeit sind die neuen Sojasorten für hiesige Veredlungsbetriebe tabu.


Spuren von GVO-Mais im Soja


Dieses Problem zeigte sich zuletzt bei der zweiten Generation Roundup-resistenter Sojapflanzen. Erst im November 2008 erteilte Brüssel den Sorten die Zulassung. Für Experten aus der Futtermittelbranche war das viel zu spät. Denn der Anbau der neuen Soja-Generation legt in den USA rasant zu. Bereits im Herbst 2008 drohte der Soja-Nachschub aus den USA für Europa daher wegzubrechen. Praktisch fünf vor zwölf brachte die lang ersehnte EU-Zulassung schließlich die Markt-Entspannung.


Neben der Verzögerung bei der Zulassung neuer GVO-Sorten gibt es jedoch eine weitere Klippe. Denn in den USA setzt sich die Gentechnik auch beim Maisanbau weiter durch. Das Problem: Die neuen Maissorten haben in Europa bislang keine Zulassung. Und in der Ernte- und Lagerkette lässt sich nicht ausschließen, dass kleine Mengen GVO-Mais ins Soja gelangen.


Kommt eine Soja-Charge mit GVO-Mais nach Europa, können massive Probleme auftreten. Denn bei uns gilt die sogenannte Nulltoleranz für nicht zugelassene GVO-Pflanzen. Das heißt: Werden bei einer Futtermittelkontrolle Spuren von GVO-Sorten ohne Freigabe gefunden, gilt für die gesamte Charge ein Verfütterungsverbot. „Die Analysetechnik ist heute extrem sensibel. Im schlimms-ten Fall reichen wenige Maiskörner, dass eine gesamte Schiffsladung Soja vernichtet werden muss“, schildert Dr. Klaus-Dieter Schumacher vom Hamburger Handelshaus Toepfer International.


Wie real die Gefahr ist, zeigt ein Fall aus Niedersachsen. Hier wurden bei einer Futtermittelkontrolle im Juni kleinste Mengen eines nicht zugelassenen GVO-Maises in einer Soja-Charge nachgewiesen. Nur die Tatsache, dass bereits größere Mengen des Sojaschrots verfüttert waren, hatte die Vernichtung der gesamten Soja-Charge verhindert.


Mitte Juli sorgte dann ein weiterer Problemfall mit Sojaschrot aus den USA für Aufsehen. Spanien hatte die Anlandung von drei Schiffsladungen verweigert, weil man Spuren von nicht zugelassenem GVO-Mais im Soja befürchtete.


Zwar handelte es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Doch die Schiffe mussten umgeleitet und die Soja-Ladung anderweitig verkauft werden.


Soja aus Südamerika bald ausverkauft


Für die Futtermittelhändler bedeutet die Rücksendung einer gesamten Schiffsladung Soja einen riesigen Schaden. Um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, greifen die Händler momentan auf Sojaschrot aus Südamerika zurück. Denn dort werden die neuen GVO-Maissorten ohne EU-Freigabe noch nicht angebaut.


Doch das Ausweichen auf Brasilien und Argentinien ist nur kurzfristig möglich. Denn aufgrund der Jahrhundert-Dürre wurden in Südamerika fast 20 Mio. t Sojabohnen weniger geerntet. „Spätestens Ende September sind die Lager dort ausverkauft. Die Veredlungsbetriebe in Europa sind dann von der einzigen Soja-Quelle mit niedrigem Risiko von GVO-Beimischungen abgeschnitten“, warnt Peter Radewahn, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes Tiernahrung.


Die nächste Soja-Ernte steht in Süd-amerika erst im Frühjahr 2010 an. Bis dahin klafft in Europa eine Versorgungslücke von 3 bis 4 Mio. t Sojaschrot, das nur in geringem Maße durch Rapsschrot oder Getreide ersetzbar ist. Alternativ bliebe dann nur der Bezug von US-Soja mit den bekannten Risiken.


Letztlich kommt man beim Soja-Einkauf ohnehin nicht an den USA vorbei. Denn sie stellen mit rund 80 Mio. t mehr als ein Drittel der weltweiten Soja-Produktion, wie Daten des US-Landwirtschaftsministeriums USDA zeigen. Vor allem von Oktober bis März sind die USA damit der Welt-Sojalieferant Nr. 1.


Hinzu kommt: Auch in Südamerika laufen bereits Feldversuche mit genverändertem Mais. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis auch dort Spuren nicht zugelassener Maissorten ins Soja gelangen könnten. Dann würde auch der Markt in Südamerika für die europäischen Sojaimporteure wegbrechen.


Die Verknappung des Sojas schlägt bereits heute auf den Preis durch. So ist südamerikanische Ware rund 20 € pro Tonne teurer als US-Soja. Leidtragende sind die Landwirte. Als Endkunden werden die Mehrkosten auf sie abgewälzt.


Die derzeitigen Preisaufschläge sind aber harmlos im Vergleich zur Situation, die uns beim Wegbrechen des südamerikanischen Marktes droht. Experten erwarten, dass sich der Soja-Preis dann binnen kurzer Zeit verdoppeln könnte. Teilweise wird sogar eine Preisexplosion um bis zu 300 % befürchtet!


Auch der Bezug von Gentechnik-freiem Soja kann die Lage nicht entschärfen. So ist der Marktanteil von GVO-Soja in Brasilien inzwischen auf rund 65 % gestiegen (siehe Übersicht 2, Seite S 5). Noch extremer ist die Situation in den USA und in Argentinien. Dort werden bereits auf 92 bzw. 98 % der Sojafläche genveränderte Sorten angebaut. An GVO-Soja kommt man also praktisch nicht mehr vorbei.


Hinzu kommt, dass Saatgutriesen wie Monsanto und Pioneer derzeit eine Vielzahl neuer GVO-Varianten in der Pipeline haben. Aufgrund ihrer Vorteile für die Soja-Farmer werden diese binnen weniger Jahre den Markt erobern. Das heißt: Bei der nächsten neuen Soja-Sorte hinkt Europa mit der Zulassung wieder hinterher. Und die Problematik um GVO-Pflanzen geht erneut los.


Fazit


Die hiesige Versorgung mit Sojaschrot könnte bereits Ende September wegbrechen. Denn für neue, genveränderte Pflanzen aus den USA fehlt in Europa die Zulassung. Alternativ bleibt derzeit nur der Soja-Bezug aus Südamerika. Doch hier sind die Lager in Kürze leer.


Es ist daher höchste Zeit, dass Brüssel reagiert. Wichtig ist zunächst die Abschaffung der Nulltoleranz für genveränderte Pflanzen mit fehlender EU-Freigabe. Denn sie ist nicht praktikabel. Weiterhin gilt es, die Zulassungverfahren für genveränderte Pflanzen zu beschleunigen.


Fred Schnippe

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