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USA: Nur Ställe von der Stange

Lesezeit: 6 Minuten

Amerikas Schweineställe gleichen sich wie ein Ei dem anderen, das senkt die Baukosten. top agrar hat Neubauten vor Ort besichtigt.


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Über deutsche Stallbaupreise können amerikanische Farmer nur müde lächeln. Beim Besuch einer neu gebauten Schweinemastanlage mit 5 600 Plätzen erfahren wir, dass der Investor bei einem Flächenangebot von 0,7 m2 je Tier nur 140 € pro Mastplatz zahlt. Die Kosten der Güllelagerung sind darin nicht enthalten. Zum Vergleich: In Deutschland kostet ein neuer Mastplatz je nach Region, Größe und technischer Ausstattung zwischen 400 und 550 €. Muss ein Abluftfilter installiert werden, steigen die Kosten um ca. 50 € pro Platz.


Offene Seitenwände:

Der günstige Baupreis hat mehrere Gründe. In den USA wird fast immer nach dem gleichen Muster gebaut, das reduziert die Entwicklungskosten deutlich. Die Amerikaner sehen auch wenig Sinn darin, ständig neue Stallkonzepte zu entwerfen. „Warum sollen wir ein einmal bewährtes Stallsystem ohne Not verändern?“, fragt Fritz Richards, Stallbau-experte bei der Firma Hog Slat.


In den Vereinigten Staaten sind sogenannte Wean-to-Finish-Konzepte heute fast Standard, gut 80 % der neuen Ställe werden mittlerweile so gebaut. Bei Wean-to-Finish werden die Ferkel direkt nach dem Absetzen zwischen dem 21. und 26. Lebenstag mit etwa 6 bis 7 kg Lebendgewicht in den Maststall gebracht. Dort bleiben sie bis zur Schlachtung mit etwa 120 bis 130 kg Lebendgewicht. Klassische Ferkelaufzuchtställe findet man nur noch selten.


Zur Kostenreduktion trägt auch die einfache Technik in den Ställen bei. Anstatt auf elektronische Fütterungssysteme setzen US-Farmer auf preiswerte Trockenfutterautomaten. Nur maximal 10 % der US-Farmer nutzen elektronische Fütterungsanlagen. Das gilt für Sauen- und Mastställe gleichermaßen. Der Grund ist das Stallpersonal, dies sind in der Regel ungelernte Arbeiter aus Mexiko. Alles muss einfach zu bedienen sein!


Bei der Gebäudehülle gibt es nur zwei Varianten: In Bundesstaaten wie Iowa, Michigan und Minnesota, in denen die Temperaturen im Winter unter null Grad Celsius sinken, sind die Wände aus Holzständerwerk mit Dämmkern und außenliegender Blechverkleidung gefertigt. Wo das Klima gemäßigter ist, überwiegt die offene Bauweise. Das trifft z. B. auf North Carolina zu. In den Außenwänden stehen alle 70 cm senkrechte Holzpfosten. Diese werden durch ein auf der Innenseite angeschraubtes Drahtgitter vor Verbiss geschützt. Außen sitzt ein engmaschiges Drahtgitter, das Vögel und Schadnager abhält.


Vor den Außenwänden hängen Jalousien, die bei Bedarf automatisch hochgezogen werden. An den Längsseiten sind zudem Coolpads in die Wand integriert, sodass die warme Zuluft im Sommer heruntergekühlt werden kann. Die Stalldecke besteht aus Alublechen, darauf liegt lose geblasene Dämmwolle.


Raumhohe Güllekeller:

In neu errichteten Schweineställen wird überwiegend mit Wechselstauverfahren im Güllekeller gearbeitet, nur in etwa 5 % der Fälle werden die Güllekeller mittels Schiebertechnik entleert. Abenteuerlich ist das Güllemanagement in älteren Ställen: In Anlagen, die Anfang der 1990er-Jahre gebaut wurden, werden die Kanäle auch heute noch mehrmals täglich mit Gülle gespült. Dazu wird dünne Gülle aus den Lagunen abgesaugt, in Vorratstanks zwischengelagert und dann als Spülmedium benutzt.


In den Bundesstaaten, in denen Lagunen verboten sind, baut man raumhohe Lagerbecken mit bis zu 2,50 m Tiefe unter den Spalten. Der komplette Güllekeller besteht dann aus einem Raum. Die Gülle wird beim Absaugen zwar aufgerührt, dennoch bleibt ein großer Teil der Dickfraktion zurück und so baut sich mit den Jahren im Kanal ein phosphorreicher „Gülleteppich“ auf.


Wahre Schwergewichte sind die Spaltenböden. In Mastställen liegen Elemente von 1 m Breite, die Länge wird individuell angepasst, die Schlitzweite beträgt 25 mm. Auf diesen Spalten stehen später 6 kg leichte Ferkel! Wer glaubt, 25 mm breite Schlitze sind bereits das Maximum, der irrt. Im Sauenstall wird mit bis zu 38 mm breiten Schlitzen gearbeitet, entsprechend sauber ist der Boden.


Die Verarbeitungsqualität der Spalten ist top, bei der Produktion werden alle Schlitzkanten mit einem Schleifstein gebrochen. Scharfe Grate findet man jedenfalls nicht. Die Oberfläche wird leicht angeraut, sodass die Tiere besser Halt finden.


Luftaustausch in 45 Sekunden:

Während in Europa immer kompliziertere Lüftungstechnik Einzug in die Ställe hält, machen es sich die Amerikaner einfach. Die Zuluft strömt seitlich sowie an einer Giebelseite in den Stall ein und wird an der anderen Giebelseite mithilfe großer Ventilatoren waagerecht wieder abgesaugt. Das Konzept heißt Tunnelventilation. Bei einer Luftgeschwindigkeit von durchschnittlich 2,5 m pro Sekunde wird die gesamte Stallluft in einem 1 400er-Mastabteil innerhalb von 45 Sekunden einmal komplett ausgetauscht. Zugluft entsteht dabei übrigens nicht, da die Zuluft über die gesamte Stalllänge einströmt.


Auch bei der Haltungs- und Fütterungstechnik verfolgt die amerikanische Stallbauindustrie nur ein Ziel: Alles muss einfach zu bedienen sein. In der Mast wird ausschließlich mit Trockenfutterautomaten gearbeitet, die über Rohrkettenförderer oder Spiralen automatisch befüllt werden. Das Tier-Fressplatzverhältnis liegt bei etwa 6 : 1.


Niedertragende Sauen fressen in älteren Stallanlagen aus in den Betonboden eingearbeiteten länglichen Mulden, die als Tröge dienen. In neuen Ställen setzt man überwiegend auf Edelstahltröge. Wird auf Tröge verzichtet, nehmen die Sauen das Futter direkt vom Boden auf. Flüssigfutteranlagen findet man überhaupt nicht. Zu kompliziert und störanfällig, heißt es in Amerika.


Ferkelschutzkorb aus Volleisen:

Relativ umfangreich ist die Palette an Ferkelschutzkörben. Vor allem bei der Troggestaltung und der hinteren Türe am Ferkelschutzkorb gibt es immer wieder Sonderwünsche. Anders als in Europa favorisieren amerikanische Farmer Ferkelschutzkörbe aus 20 mm-Volleisen. Volleisen ist langlebig und stabil, erklären uns die Farmer. Weiterer Vorteil: Da keine offenen Rohre vorhanden sind, können sich auch keine Schädlinge in den Rohren einnisten.


Die Oberfläche ist meistens pulver-beschichtet, verzinktes Material ist US-Farmern zu teuer. Buchtenabtrennungen sind ebenfalls aus Volleisen geschweißt und pulverbeschichtet. Kunststofftrennwände findet man in Mast- und Sauenställen eher selten.


Baugenehmigung ein Klacks:

Wer in Deutschland bauen will, braucht gute Nerven. Bauämter prüfen die Anträge sehr genau, und oft bekommt man die Genehmigung nur, wenn zusätzliche Auflagen erfüllt werden.


In Amerika ist das ganz anders. Beispiel North Carolina: Im ersten Schritt sucht sich der Farmer einen Standort mit vorhandener Güllelagune. Im zweiten Schritt entscheidet er, ob er in Eigenregie produzieren will, oder er wählt die Kontraktproduktion. In diesem Fall liefern große Integratoren wie z. B. Prestage Farms die Ferkel und das Futter, der Farmer selbst stellt den Stall zur Verfügung und betreut die Schweine. Im dritten Schritt meldet er den Behörden die Anzahl der Tiere. Das Amt prüft dann, ob Tierzahl und Lagerkapazität der Gülle zueinander passen. Im vierten und letzten Schritt wird kontrolliert, ob der Stromanschluss richtig verlegt wurde. Das war’s!


Wie viele Gebäude errichtet werden und ob der Stall Wind und Wetter standhält, dafür ist die Baufirma verantwortlich, die den Stall verkauft hat. Eine Baustatik wie wir sie in Deutschland kennen, muss in Amerika nicht vorgelegt werden. Marcus Arden

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