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Umfrage: Erträge werden oft überschätzt

Lesezeit: 7 Minuten

Wie treffsicher sind Ertragsprognosen für Windkraftan-lagen? Wie weit liegen Vorhersage und Wirklichkeit auseinander? Wir haben Betreiber im gesamten Bundesgebiet gefragt.


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Mal weht er als laues Lüftchen und dann wieder als Sturm: Wer den Wind vorhersagen will, hat es schwer.


Für Windmüller sind exakte Prognosen hingegen Gold wert. Denn wer den Ertrag in der Planungsphase überschätzt, erlebt im Nachhinein ein böses Erwachen. Leider berichten Praktiker immer wieder genau von solchen Szenarien. Experten führen dies darauf zurück, dass der Wind nicht mehr so stark weht, wie in den Jahren zuvor (Übersicht 1). Gutachter und Hersteller kalkulieren mit veralteten und zu optimistischen Daten, so der Vorwurf.


Wir wollten es genau wissen und haben 47 Windmüller dazu befragt. Die meisten Ansprechpartner (34) kommen aus Norddeutschland (PLZ 1 – 4). Die Übrigen sind im Süden der Republik zu Hause (PLZ 5 – 9, 13 Betreiber).


Die Leistung der Anlagen liegt im Schnitt bei rund 1,1 Megawatt, wobei die beiden kleinsten jeweils 150 Kilowatt (kW) Leistung erzeugen, die größte rund 15-mal so viel (2 300 kW). Zur Info: In der Umfrage haben wir nur Anlagen mit einer Leistung von 100 kW und mehr berücksichtigt, um eine gewisse Vergleichbarkeit gewährleisten zu können. Die Ergebnisse für die Kleinanlagen finden Sie im Kasten auf der Seite 58.


Moderne Anlagen im Süden:

Die Kraftwerke im Norden verfügen im Schnitt über weniger Power (1 068 kW) als die im Süden (1 227 kW). Ein Blick in die Statistik der Umfrage verrät, warum das so ist: Die Mühlen in der norddeutschen Tiefebene sind im Mittel zwölf Jahre, im Süden hingegen erst zehn Jahre alt. Letztere sind daher in der Regel moderner und leistungsfähiger.


Die Kraftwerke in Norddeutschland sind tendenziell auch etwas kleiner als im Süden (gemessen an der Nabenhöhe). So kommen die Nordanlagen auf etwa 74 m Höhe im Schnitt, im Süden auf 72 m. Dieser Unterschied ist leicht zu erklären: Im Süden sind die Windgeschwindigkeiten geringer als an der Küste. Damit die süddeutschen Wind­räder dennoch ähnlich gute Erträge wie im Norden erzielen, benötigen diese höhere Türme. Denn mit der Höhe wächst auch das Windangebot.


Dieser Umstand spiegelt sich auch in unserer Umfrage wider. Im Süden weht der Wind mit 5,72 m/s auf Nabenhöhe etwas schwächer als im Norden mit 6 m/s (Durchschnittswerte).


Die gute Ausgangslage der Norddeutschen macht sich in den Erträgen bemerkbar. Im Mittel erreichen sie 1 774 Kilowattstunden pro Kilowatt Leistung und Jahr (kWh/kW). Im Süden sind es hingegen rund 100 kWh/kW weniger (1 602 kWh). Allerdings ist dieses Ergebnis wegen der geringen Teilnehmerzahl mit Vorsicht zu genießen.


Minus auf dem Ertragskonto:

Viel spannender ist die Frage: Wie genau wurde in der Planungsphase der tatsächliche Ertrag vorhergesagt?


In der Regel gehen den Prognosen lange und aufwendige Gutachten voraus. Dennoch legt die Umfrage einen unschönen Verdacht nahe: Bei etwa jedem zweiten Anlagenbetreiber fallen die Einnahmen deutlich geringer aus, als geplant.


Am einfachsten lässt sich dieser Schwachpunkt mit den Volllaststunden veranschaulichen. Zum Verständnis: Windkraftanlagen laufen die meiste Zeit im Jahr unter Teil- und nicht unter Volllast. Beispiel: Eine Windmühle mit 1 000 kW Leistung erzielt einen Ertrag von 2 Mio. kWh im Jahr. Insgesamt war sie 5 000 Stunden in Betrieb. Die meiste Zeit davon lief sie allerdings nur in Teillast, sie erreichte nur selten die volle Leistung von 1 000 kW. Wäre sie hingegen immer unter Volllast gelaufen, hätte sie den gleichen Ertrag innerhalb von 2 000 Stunden eingefahren. Das sind die sogenannten Volllaststunden.


Sie können die Volllaststunden im Übrigen ganz einfach ermitteln, indem Sie den Ertrag Ihrer Anlage durch deren Leistung teilen. In unserem Beispiel also 2 Mio. kWh/1 000 kW = 2 000 Stunden.


Betrachtet man diesen Wert, dann klafft bei jedem zweiten Windmüller (24 Teilnehmer) eine Lücke von 163 Volllaststunden (Mittelwert) zwischen Prognose und tatsächlichem Ertrag (Übers. 2). Das macht sich finanziell bemerkbar. Bei einer 1?100-Kilowatt­-Anlage und einer durchschnittlichen Einspeisevergütung von 8,5 ct (über 20 Jahre betrachtet) wären dies beispielsweise rund 15 000 € weniger Einnahmen als geplant.


Allerdings hat jeder zweite Befragte (23 Befragte) auch eine Punktlandung hingelegt oder kann sich über deutlich mehr Ertrag freuen. Einige konnten sogar im Schnitt fast 330 Volllaststunden mehr auf der Guthabenseite verbuchen als zuvor prognostiziert.


Angesprochen auf die Gründe für das schlechte Abschneiden, waren sich die betroffenen Windmüller einig: Schuld ist die Windflaute in den vergangenen Jahren bzw. ein viel zu optimistisch angesetzter Ertrag in der Planungsphase. Einen Zusammenhang zwischen dem Ertrag und den Anlagentypen konnten wir im Übrigen nicht feststellen.


Auffällig war hingegen: Obschon die Anlagen im Norden älter sind, ist die Lücke zwischen Ertrag und Prognose dort oftmals geringer als im Süden. Allerdings haben im PLZ-Bereich 5 – 9 auch nur wenige Teilnehmer an der Umfrage teilgenommen. Zudem gab ein Leser aus Baden-Württemberg an, dass ihm im Schnitt 733 Volllaststunden pro Anlage und Jahr fehlten. Das ist außergewöhnlich viel. Doch selbst wenn man diesen Fall außen vorlässt, ändert sich an der grundsätzlichen Tendenz nichts; der Süden schneidet schlechter ab.


Gründe für das bessere Abschneiden der Norddeutschen gibt es vermutlich einige: So können die Betreiber dort oft auf sehr viel mehr Erfahrung zurückgreifen als ihre Kollegen in Süddeutschland. Die Prognosen sind womöglich dadurch genauer. Zudem weht der Wind dort konstanter, er ist planbarer.


Zwangspausen im Norden.

Allerdings hat nicht nur der Wind Einfluss auf den Ertrag. Vier Leser gaben an, nachts die Leistung der Anlage begrenzen zu müssen, um Lärm zu vermeiden. In fünf Fällen schalteten die Energiewerke die Anlage sogar zeitweise ab, da der Schattenwurf andernfalls zu stark gewesen wäre oder die Netze überlastet waren. Das ist offensichtlich aber fast nur im Norden, vor allem in Schleswig-Holstein, ein Problem.


Drei Landwirte stellten fest, dass der Hersteller nicht das gehalten hatte, was er mit der Leistungskurve der Anlagen versprochen hatte. Ein Windmüller will sogar einen groben Planungsfehler entdeckt haben. Die Anordnung der Mühlen ist so ungünstig, dass sie sich gegenseitig den Wind klauen.


19 Befragte hatten außerdem technische Probleme. In 16 Fällen trat der Schaden allerdings innerhalb der Garantiezeit auf. Den Betreibern bereiteten vor allem das Getriebe (6 Nennungen), das Lager (3 Angaben) und die Blattverstellung (3 Teilnehmer) Sorge. Auffällige Unterschiede zwischen den Herstellern gab es auch hier keine.


Trotz der Probleme bewerten die Betroffenen die Schadensregulierung durch den Hersteller im Schnitt mit einer 2,3 (1 = sehr gut, 5 = mangelhaft). Jedoch vergaben zwei die Note 4 und vier weitere sogar eine 5!


Die meisten Befragten (36) würden daher auch wieder eine Anlage des Herstellers kaufen, 9 haben die Anschaffung hingegen bereut (2 Enthaltungen). Auch in diesem Zusammenhang konnten wir keine Unterschiede bei den Herstellern feststellen.


Windiger Service:

Sehr aufschlussreich waren dagegen die Gründe der neun Windmüller, weshalb sie nicht noch einmal in eine Anlage ihres Herstellers investieren würden. Mangelnder Service und hohe Kosten waren die entscheidenden Argumente für die ablehnende Haltung. Einer verschaffte seinem Ärger Luft und schrieb: Der Service ist mangelhaft und das Personal unqualifiziert. Zudem reagiere das Unternehmen viel zu langsam bei Reparaturen. Bis zu 6 Tage musste er offensichtlich mehrfach auf den Servicetechniker warten. In der Zeit standen seine Anlagen teilweise still. Einem weiteren Teilnehmer waren die Probleme mit dem Getriebe seiner Anlage ein Dorn im Auge. Er würde daher in Zukunft auf getriebelose Varianten setzen.


Die meisten Teilnehmer wünschen sich in der Tat einen besseren Service. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang: Gleich mehrere der Befragten hatten vor allem eines auf der Wunschliste: einen festen Ansprechpartner bei Problemen. Offensichtlich herrscht bei einigen Herstellern beim Personal „fliegender Wechsel“, was den Kunden gar nicht schmeckt.


Diethard Rolink

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