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Verrieseln übers Biobett

Lesezeit: 4 Minuten

Eine Sonderform, um Restmengen oder Waschwasser zu entsorgen, sind biologische Reinigungssysteme. In Deutschland gibt es derzeit aber nur wenige Anlagen.


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Wer Kartoffeln oder Sonderkulturen in seiner Fruchtfolge anbaut, muss seine Feldspritze im Laufe einer Saison sehr oft reinigen. Um die dabei verbleibenden Restflüssigkeiten in der Spritze zu entsorgen, gibt es jetzt eine neue Möglichkeit: die sogenannte biologische Reinigung.


Bei diesen Systemen bauen Mikroorganismen die Restwirkstoffe auf ausgewiesenen Flächen am Hof oder in Hofnähe ab. Punktuelle Einträge lassen sich so vermeiden. Entwickelt wurde das System in Schweden. Neben Skandinavien ist es vor allem in Frankreich in der Praxis verbreitet. Bei richtiger Dimensionierung und unter optimalen Verhältnissen sind Abbauraten von Pflanzenschutzmitteln von mehr als 95 % möglich. Das zeigen aktuelle Untersuchungen an bestehenden Anlagen.


Biobett-Systeme:

Bei diesem biolo-gischen Verfahren werden anfallende Reinigungsabwässer (Restwasser in der Spritze, Waschwasser usw.) oder verschüttete Mittel in einem Vorratsbehälter gesammelt und über einem „Biobett“ gleichmäßig verrieselt. Der Vorratstank sollte in etwa die jährlich anfallenden Mengen speichern können. Abhängig vom Klima erfolgt die Verrieselung an 200 bis 300 Tagen im Jahr (keine biologische Aktivität des Biobetts bei Frost). Ein Beispiel: Bei 2 000 l Jahresmenge und einer aktiven Periode von 200 Tagen (Temperatur über 15 °C) verrieselt das System 10 l pro Tag über dem Biobett.


Das Biobett ist in der Regel mit einer Mischung aus Mutterboden (90 %) und Stroh (10 %) gefüllt. Mit anderen Substraten wird derzeit experimentiert. Der Mutterboden aus dem eigenen Betrieb sollte von Flächen stammen, auf denen bereits Pflanzenschutz durchgeführt worden ist. Denn nur so können aktive Mikroorganismen (Pilze, Bakterien) in das System gelangen, um die verrieselten Pflanzenschutzmittel abzubauen. Übrig bleibt aufbereitetes Wasser.


Bei geschlossenen Biobett-Systemen mit einem Dach kann Wasser das System nur über Verdunstung verlassen. Aus 1 m3 Bodensubstrat verdunsten abhängig vom Klima durchschnittlich 400 bis 500 l Wasser/Jahr. Das bedeutet, dass ein geschlossenes System 4 m3 Substrat benötigt, um jährlich rund 2 000 l kontaminierte Flüssigkeit aufzubereiten. Diese Zahlen gelten beispielhaft für Westfalen-Lippe (Durchschnittstemperatur 10 °C bei 800 mm Niederschlag). In anderen Regionen sollte man die Verdunstungsraten bei der Beratung erfragen. Wird die Rate zu niedrig angesetzt, besteht die Gefahr, dass das System übersättigt oder sogar überläuft.


Erste Biobett-Systeme, sogenannte Phyto­bacs, sind zurzeit in Deutschland im Test, um weitere Erfahrungen damit zu sammeln. Ihr Vorteil liegt im Gesamtkonzept. So ist ein Waschplatz integriert, von dem aus die Restmengen (Restflüssigkeiten in der Spritze, Waschwasser, versehentlich verschüttete Mittelreste beim Einfüllen oder auch Schaum) in einen Vorratsbehälter fließen. Allerdings ist darauf zu achten, dass nicht zu viel Wasch­wasser anfällt, um das Phytobac nicht zu überlasten.


Die Details: Unter dem Waschplatz befinden sich zwei getrennte Leitungskreisläufe – einer für sauberes Regenwasser und einer für kontaminierte Spritzflüssigkeiten (siehe Übersicht). Das im Phytobac-Tank gesammelte Reinigungswasser wird gezielt verrieselt. So misst ein Tensiometer im Bodensubstrat ständig die Bodenfeuchte und steuert die Verrieselungs-Menge. Das soll die Bedingungen für die abbauenden Mikroorganismen optimieren. Das Dach ist beim Phytobac zudem so aufgebaut, dass auch Sonnenstrahlen auf das Substrat gelangen können. Das fördert den Wirkstoffabbau durch Licht. Wind und ein Pflanzenbewuchs können die Wasserverdunstung zusätzlich erhöhen.


„Wermutstropfen ist derzeit aber sicherlich der Preis“, so Pflanzen-schutzexperte Harald Kramer von der LWK Nordrhein-Westfalen. „Je nach Anforderungen vor Ort und Größe des Systems belaufen sich die Kosten auf 5 000 bis 20 000 €.“ Auch wenn man das System mit mehreren Landwirten nutzt, ist das ein stolzer Preis.


Nach einigen Jahren müssen Anwender zudem neues Stroh ins System einmischen, um die Mikroorganismen bei Laune zu halten. Insgesamt geht man von einer Nutzungsdauer von etwa 8 bis 10 Jahren mit einer Grundmischung aus. Danach sollte man diese vollständig austauschen.


Beim Austausch ergeben sich momentan allerdings noch einige Hindernisse: „Aus fachlicher Sicht ist es zwar sinnvoll, die verbrauchte Mischung mit dem Miststreuer auf einer landwirtschaftlichen Fläche auszubringen“, so Kramer. „Dies ist jedoch nicht gesetzeskonform.“ Wer sich für das System interessiert, sollte sich unbedingt vorher mit den lokalen Behörden verständigen. Hilfreich werden dabei sicherlich die Ergebnisse sein, die aus den bestehenden Phytobacs mit entsprechenden Abbauraten in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen werden.


Biofilter:

Sogenannte Biofilter nutzen vereinzelt Betriebe mit Obstanbau oder Gärtnereien. Diese bestehen z. B. aus zwei oder drei übereinander gestapelten Behältern, die mit einer ähnlichen Substratmischung befüllt sind wie die Biobett-Systeme. Das von einem separaten Befüll- oder Reinigungsplatz gesammelte kontaminierte Wasser wird dann auf diesem Biofilter ausgebracht.


Beim Filtern entsteht allerdings Sickerwasser, das noch Wirkstoffreste enthalten kann. Zudem muss man auch hier das Substrat nach 8 bis 10 Jahren tauschen, was relativ aufwendig ist. „Biofilter sind für landwirtschaftliche Betriebe daher nicht interessant“, so Berater Harald Kramer.Matthias Bröker

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