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Vion: Wankt der Riese?

Lesezeit: 5 Minuten

Europas größter Schlachtkonzern steckt in der Krise. Wie ernst ist die Lage, welche Fehler wurden gemacht und wie kommt das Unternehmen wieder auf Kurs?


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Zahlungsziele verlängert, Personal abgebaut, Vorstandsvorsitzender gefeuert, attraktive Unternehmensbeteiligungen verkauft: 2012 war für Vion kein gutes Jahr. Viele Bauern fragen sich: Was ist los bei Vion? Muss ich mir Sorgen um mein Geld machen?


Miese Geschäftszahlen!

Die Umsätze sind bei Vion zuletzt zwar kontinuierlich gestiegen. Gleichzeitig sausten die Gewinne in den Keller. Noch 2007 konnte die Vion Food Group ein Ergebnis nach Steuern von 126 Mio. € ausweisen. Vier Jahre später verbucht die Holding nur noch 14 Mio. € Gewinn (siehe Übers. 1). Das entspricht einer mageren Umsatzrendite von 0,15 %. Bei den Mitbewerbern sieht das deutlich besser aus.


Die Zahlen sind vor allem deshalb dramatisch, weil Vion neben dem Food-Bereich die lukrativen Schlachtnebenprodukte verarbeitet. Rendac, Sonac oder Ecosan sind hoch rentable Tochter-Unternehmen, die Grundstoffe aus Schlachtabfällen herstellen. 2007, als die Ergebnisse dieses Bereichs letztmals separat ausgewiesen wurden, setzte Vion damit rund 700 Mio. € um und machte 73 Mio. € Gewinn (10 % Rendite!). Branchenkenner sind sich deshalb sicher, dass etliche Vion-Schlachtbetriebe tiefrote Zahlen schreiben, wenn der Konzern nur eine schwarze Null ausweist.


Vion ist trotzdem finanziell solide aufgestellt. Die Eigenkapitalquote liegt mit knapp 30 % auf einem ordentlichen Niveau, obwohl viele Firmenübernahmen finanziert wurden. „Vion hat kein Liquiditätsproblem“, beteuern Vion-Vertreter und deren Geschäftpartner unisono.


Außerdem steht hinter Vion der finanzkräftige niederländische Bauernverband ZLTO. „Bei uns zweifelt kein Bauer daran, dass Vion unsere Schlachttiere bezahlen kann“, sagt Wyno Zwanenburg, Vorsitzender des Verbandes für niederländische Schweinehalter NVV. Knackpunkt sei die schwache Ertragskraft.


Was läuft falsch?

Zwanenburg macht dafür vor allem die „vielen kleinen und unrentablen Standorte, die zu teuer oder zu wenig ausgelastet sind“, verantwortlich. Vion-Mitarbeiter bestätigen das: „Unser Konzern hat unterschiedlich kranke Unternehmen vereinigt, ohne die Strukturen umfassend zu bereinigen.“


Das erfolgte allenfalls punktuell. In Südostbayern wurde z.B. die Großviehschlachtung in Pfarrkirchen konzentriert. Landshut und Vilshofen haben sich auf Schweine spezialisiert und sind heute voll ausgelastet. Im Norden hat Vion den Schlachthof Emstek ausgebaut, der sich mit einer Kapazität von mehr als 50 000 Schweinen pro Woche nicht verstecken muss.


Bei anderen entwicklungsfähigen Betrieben wie Altenburg in Thüringen wurde der Ausbau jedoch versäumt. Und bei Standorten wie Straubing im Süden oder Lingen im Norden ist viele Jahre nach der Übernahme immer noch unklar, ob und wie es weitergeht.


Auch die schnelle Entwicklung zu einem Großkonzern brachte bisher nicht nur Vorteile. Ein internationales Unternehmen hat natürlich deutlich bessere Exportmöglichkeiten. Aber dafür scheint der Konzernspitze zuletzt das Gespür für die grüne Seite verlorengegangen zu sein.


Gewaltiger Imageverlust:

Die Diskussionen um verlängerte Zahlungsziele und suboptimale Klassifizierungs- und Vermarktungsergebnisse verunsichern Viehändler und Mäster, berichten Brancheninsider. „Vion hat ein hausgemachtes Imageproblem. Sie erschweren sich selbst die Beschaffung von Schlachtvieh“, sagt Dr. Albert Hortmann-Scholten, Geschäftsführer der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften. Der Handel fährt derzeit lieber zur Konkurrenz, sodass Vion z.T. sogar mehr zahlen muss, um an Vieh zu kommen, berichten Vermarkter.


Dabei war das Image von Vion schon zuvor durch die Hauspreispolitik angekratzt. In den Jahren 2009 bis 2011 kamen nach top agrar-Recherchen die meisten Hauspreise von Vion. Da nützt es wenig, wenn man im laufenden Jahr nicht mehr vorprescht, sondern nur im Fahrwasser von Tönnies und Westfleisch den Vereinigungspreis unterläuft.


Ein Knackpunkt war offenbar auch die Personalpolitik der letzten Jahre. Fachlich kompetente, aber kritische Leute wurden abgehalftert, heißt es in der Branche. Das mag dazu beigetragen haben, dass das Topmanagement die Fleischmärkte häufig falsch eingeschätzt hat, mit zum Teil verheerenden Folgen.


Ausbaden mussten dies die Schlachthofleiter vor Ort, die die Vorgaben aus der Zentrale umzusetzen hatten. Denn die Flexibilität der Schlachtbetriebe ist sehr begrenzt. So kam es immer wieder vor, dass vereinbarte Preise und Mengen durch Düsseldorf kassiert wurden.


Die Folge: Viele Vermarkter belieferten die Wettbewerber. Die Schlachtzahlen bei Vion stagnierten oder waren sogar rückläufig, während Tönnies oder Müller kräftig zulegen konnten (siehe Übersicht 2). Die Auslastung geht zurück, die Stückkosten steigen, und die Erträge sinken noch weiter.


Wie kommt Vion auf Kurs?

Vion wird nicht umhin können, die Strukturen zu bereinigen und partnerschaftlicher mit der grünen Seite umzugehen. Der Konzern trennt sich zurzeit von allem, was nicht zum Kerngeschäft gehört. Töchter in den USA, Großbritannien und in den Niederlanden wurden bzw. sollen ganz oder teilweise verkauft werden. Gerade in England hat Vion zuletzt angeblich täglich 100 000 € verloren. Die Erlöse sollten genutzt werden, die Strukturen in Deutschland und den Niederlanden zu bereinigen, mahnen Branchenvertreter.


Auch wenn sich viele Landwirte in den letzten Jahren über Vion geärgert haben, an einem Absturz des Unternehmens kann niemandem ernsthaft gelegen sein. Eine deutliche Schwächung oder gar ein Verkauf der deutschen Schlacht- und Zerlegeeinheiten, würde die Konzentration in der Schlachtbranche beschleunigen und wäre Gift für den Wettbewerb. „Wir brauchen Vion als Vermarktungsalternative“, mahnt Bernd Terhalle, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Hümmeling.


Wie Vion die Trendwende schaffen will, lesen Sie im Interview mit Deutschland-Chef Norbert Barfuß ab Seite 164.


Andreas Beckhove, Klaus Dorsch

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