Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Wo unsere Hochschulenbesser werden müssen

Lesezeit: 7 Minuten

Wie gut werden unsere studentischen Nachwuchskräfte heute ­ausgebildet? An welchen Unis und FHs gibt es Defizite bei Praxisnähe, ­Organisation des Studiums oder Engagement der Professoren? Über 3 500 Agrarstudenten haben abgestimmt.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Lisa Sternberg ist in Eile. Morgens saß die 22-jährige Agrarstudentin noch auf dem Schlepper im heimatlichen Betrieb, mittags im Hörsaal der Uni Bonn. Jetzt hat sie die Jacke gegen den Laborkittel getauscht und bestimmt den pH-Wert eines Fleischstückes. Danach muss sie noch ein Seminar ausarbeiten – auf englisch.


Wie Sternberg geht es vielen Studenten, die zwischen Hofstelle und Hörsaal pendeln. Das Agrarstudium ist ein Fulltime Job. Laut unserer aktuellen Hochschulumfrage verbringen Agrarstudenten im Schnitt mehr als 37 Stunden pro Woche in Seminaren, Vorlesungen oder am eigenen Schreibtisch. Denn die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse haben das Studium enorm verdichtet. Schnell kommen 1 800 Arbeitsstunden im Jahr zusammen. Das ist mehr als mancher Facharbeiter im Jahr arbeitet – Nebenjob, Praktikum oder die Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb noch nicht eingerechnet.


Um das alles unter einen Hut zu bekommen, ist Organisationstalent gefragt. Lisa Sternberg hat es. Aber gilt das auch für ihre Hochschule?


Augen auf bei der Hochschulwahl!


Wie bereits beim ersten top agrar-Hochschulranking konnten Agrar-Studenten wieder die drei Kernbereiche Pflanzenproduktion, Tierproduktion und Agrarökonomie mit Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (mangelhaft) bewerten. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


Die Unis kommen im Bereich der Pflanzenproduktion mit einer Durchschnittsnote von 1,8 gut weg (Übersicht 1). Besonders positiv fallen die Standorte in Kassel/Witzenhausen (ausschließlich ökologischer Landbau), Halle und Kiel auf. Die Unis Gießen und Hohenheim, beide vor zwei Jahren noch in der Spitzengruppe, sind in der Gunst ihrer Studenten gesunken und rangieren nur noch im Mittelfeld. Schlusslicht ist Rostock.


Die Hanseaten sind dagegen im Bereich der Tierproduktion mit einer Note von 1,7 das Maß der Dinge. Ihnen folgen die Unis in Göttingen und Hohenheim. Deutlich unzufriedener sind die Studenten in Gießen. Dort unterbietet die Tierproduktion mit einer Note von 2,7 noch einmal das schlechte Abschneiden von vor zwei Jahren. Hier kritisieren die Studenten vor allem das Fehlen von Lehrpersonal und wachsende Sparzwänge. „Der Tierzuchtbereich blutet aus, die Versuchshöfe werden geschlossen, die Praxis­erfahrung minimiert“, malt eine Studentin des Teilbereichs ein düsteres Bild.


Ähnlich schlecht scheint es in Gießen um die Agrarökonomie bestellt zu sein (2,6). Nur Rostock wird mit einer 2,7 noch schlechter bewertet. Deutlich besser sieht es in Göttingen aus. Dort vergaben Studenten die Bestnote 1,4. Hier ist in den Kommentaren von „jungen, dynamischen Professoren“ die Rede, die „frischen Wind verbreiten und aktuelle, praxisnahe Themen aufgreifen“. Auch Kiel, die TU München und die Uni Hohenheim schneiden bei der Ökonomie überdurchschnittlich gut ab.


Licht und Schatten auch bei den Fachhochschulen


Bei den Fachhochschulen gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede. Im Bereich der Pflanzenproduktion haben die FH Kiel (in Rendsburg), die FH Neubrandenburg und Weihenstephan mit je einer 1,6 die Nase vorn (Übersicht 2, Seite 15). Dicht auf den Fersen ist ihnen die FH Südwestfalen in Soest, die sich mit einer 1,7 zum Ergebnis von 2008 leicht verschlechtert hat.


Die rote Laterne hält, wie vor zwei Jahren, die FH Triesdorf in der Hand. In zahlreichen Kommentaren be­scheini­gen die Studenten den Professoren im Pflanzenbereich fehlende Praxisnähe, ein schlechtes Verhältnis unter­­einander und eine mangelnde Abstimmung. Ein Student stellt hierzu fest: „Trotz der Kritik beim letzten top agrar-Ranking, hat sich hier nur sehr wenig verändert.“


Im Bereich der Tierproduktion ist die FH Kiel mit einer 1,3 der Spitzenreiter. Hier sind die Studenten voll des Lobes über ihre Dozenten. Diese hätten jede Menge berufliche Erfahrungen in ihren Fachgebieten und könnten daher die Lehrinhalte besonders praxisnah vermitteln. Mit einer 1,4 erreicht auch die FH Anhalt in Bernburg ein sehr gutes Ergebnis. Dort erkennen die Studenten vor allem die aktuellen Themen der Vorlesungen an. Nicht so gut in der Gunst ihrer Studenten schneiden im Bereich Tier die Standorte Eberswalde (2,1) und Nürtingen (2,0) ab. Schlusslicht ist Dresden mit einer Durchschnittsnote von 2,2.


Die Dresdner sind auch im Bereich der Agrarökonomie Tabellenletzter und fallen mit einer 2,9 deutlich ab. Hier gehen die Studenten in ihren Kommentaren hart ins Gericht mit der Qualifikation und Motivation der Dozenten. Wesentlich besser scheint in diesem Bereich die FH Kiel (1,4) aufgestellt, wo „anspruchsvoller Stoff“, praxisnah vermittelt werde und die Professoren einen „guten internationalen Draht“ hätten. Auch die FHs Anhalt und Triesdorf schneiden mit je einer 1,7 sehr gut ab.


Die insgesamt guten Noten der Studenten für die Kernbereiche spiegeln sich auch darin wider, dass 87 % ihre Hochschule weiterempfehlen würden. Hier punkten bei den Unis nicht nur die vergleichsweise kleine Fakultät in Witzenhausen (95 %), sondern auch die Unis in Kiel und Göttingen (je 94 %). Weitaus weniger euphorisch sind die Studierenden in Berlin. Dort wird nach Ansicht vieler Beobachter die Uni regelrecht „kaputt gespart“. Hier würden nur 67 % ihren Standort weiterempfehlen. Mit 71 bzw. 75 % fallen Gießen und Rostock ebenfalls deutlich ab. Auch die Uni Bonn kann mit 78 %, bei sonst eher unterdurchschnittlichen Noten, nicht wirklich mit ihrem Abschneiden zufrieden sein.


Einen absoluten Spitzenwert bei den FHs erzielt dagegen die Fachhochschule Kiel. 98 % der Studierenden würden dort ihren Standort weiterempfehlen. Die Studenten loben immer wieder den engen Kontakt zu den Dozenten, die zum Teil sogar Stellen für Absolventen vermitteln. Ganz anders scheint die Lage in Dresden, wo – bei geringer Beteiligung an der Umfrage – nur 67 % der Studenten eine Empfehlung aussprechen würden. In den Kommentaren kritisieren sie das Verhältnis zu den Dozenten und die „chaotische Umstellung“ von Diplom auf Bachelor.


Bachelor mit Startschwierigkeiten


Von Startschwierigkeiten beim Bachelor kann auch Lisa Sternberg ein Lied singen. „Mein Semester ist der erste Bachelorjahrgang an der Uni Bonn“, sagt sie, „da hapert es noch an der einen oder anderen Stelle. Viele fühlen sich als Versuchskaninchen.“


Doch bei allen Startschwierigkeiten: Bachelor und Master sind endgültig an den Agrar-Hochschulen angekommen. Nur noch 10 % der Umfrageteilnehmer (Altstudenten) machen einen klassischen Diplomabschluss, während 56 % einen Bachelor- und 34 % einen Masterabschluss vor Augen haben.


Dabei zieht es die FH-Studenten deutlich schneller in die Praxis: Während an den Unis jeder zweite Umfrage-Teilnehmer auf den Master hinarbeitet, ist es an den FHs nur jeder achte. Rund 60 % aller FH‘ler bezeichneten sich selbst als „Praktiker“ (Übersicht 3, Seite 16) und ihre Mehrzahl (71 %) fühlt sich auf den Beruf des Betriebsleiters gut vorbereitet (Übersicht 4, Seite 17). Bei den Unis sind dies gerade einmal 35 %, während sich dagegen 66 % auf Wissenschaft und Forschung vorbereitet fühlen.


Dabei legen auch die Uni-Studenten großen Wert auf Pra­xisbezug. 67 % aller Studenten halten ihn zusammen mit einem guten Kursangebot für „sehr wichtig“ (Übersicht 7). Nur die fachliche Qualifikation der Dozenten ist ihnen mit knapp 77 % noch wichtiger. Auch die Aktualität der Lehre liegt 62 % der Agrar-Studenten am Herzen. Der oft gepredigte Einsatz neuer Medien oder Tutorienangebote haben dagegen mit 21 bzw. 27 % einen deutlich geringeren Stellenwert bei den Studierenden.


Fachliche Qualifikation der Dozenten stimmt


Wie aus den Bewertungen und vielen Kommentaren hervorgeht, sind die Studenten an den meisten Standorten mit der fachlichen Qualifikation ihrer Dozenten zufrieden. Egal ob Uni oder FH – nur jeder vierte Student sieht bei der Qualität der Lehre Verbesserungsbedarf (Übersicht 6). Dies gilt allerdings nicht für den Praxisbezug. Vor allem die Uni-Studenten sind von diesem Punkt nach wie vor enttäuscht. 73 % aller Uni-Studenten sehen konkreten Verbesserungsbedarf.


So auch Studentin Sternberg aus Bonn: „Ohne meinen landwirtschaftlichen Hintergrund würde es mir sicher schwerfallen, unseren Betrieb mit Schweinemast und Ackerbau einmal zu leiten.“ Stellt sie Freitagsnachmittags nach der letzten Vorlesung fest. Dann ist sie auch schon wieder weg – zuhause wartet der Stall.


C. Kotthoff, M. Schulze Steinmann


Alle Infos im Netz


Wir können auch beim 2. top ­agrar-Hochschulranking nur einen Teil der Ergebnisse im Heft vorstellen. Im Internet finden Sie alle detaillierten Resultate und jede Menge Zusatzinformationen, wie:


Profile der einzelnen Unis und FHs mit den jeweiligen Schwerpunkten, Semestergebühren und Kontaktadressen,


Leitfaden für Studienanfänger,


Kurzinterviews mit Personalern aus Industrie, Handel und Verwaltung zu den Anforderungen an Absolventen.


www.topagrar.com/hochschulumfrage

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.