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top agrar-Streitgespräch - Bleibt der Familienbetrieb das Leitbild?

Lesezeit: 14 Minuten

KTG Agrar-Chef Siegfried Hofreiter (40 000 ha) und BBV-Präsident Walter Heidl (30 ha) streiten über die zukünftige Agrarstruktur. Dominieren bald nur noch Großbetriebe oder bleiben Familienbetriebe der Kern der deutschen Landwirtschaft?


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Neun von zehn landwirtschaftlichen Betrieben sind Familien­unternehmen. Muss sich die Agrarpolitik vorrangig um diese Betriebe kümmern?


Heidl: Der Familienbetrieb ist bei uns die klar dominierende Betriebsform, auch im Osten mit den Mehrfamilienbetrieben. Deshalb muss der Familienbetrieb das Leitbild des politischen Handelns sein – nicht nur in den Sonn­tagsreden, auch im Alltag. Da überzieht uns die Politik aber oft mit neuen, nicht praktikablen Regelungen.


Stimmen Sie dem zu?


Hofreiter: Im Prinzip finde ich das o.k. Aber wo hört der Familienbetrieb auf und wo fängt das Phantom des Nicht-Familienbetriebs an? Im Westen gibt es die bestens ausgebildeten jungen Landwirte, die auf den Betrieben groß geworden und schon von klein auf mit Traktor und Tieren vertraut sind. Im Osten gibt es dagegen oft keine Wohnmöglichkeiten für die Betriebsleiter und die Mitarbeiter auf dem Unternehmensgelände. Das bedeutet aber nicht, dass dort nicht mit Leib und Seele Landwirtschaft betrieben wird. Auch wir von der KTG Agrar sind kein dubioser Investor, der in London sitzt und dem es egal ist, wo und wie er sein Geld verdient.


Was ist ein Familienbetrieb und was ist keiner?


Heidl: Die Größe ist kein alleiniges Unterscheidungskriterium. Der entscheidende Unterschied zwischen dem Familienbetrieb und anderen Unternehmensformen ist die Frage: Wer trägt die Verantwortung und wer haftet mit seinem privaten Kapital?


Ist das alles?


Heidl: Nein. Familienbetriebe erbringen Zusatzleistungen für die Gesellschaft, die über die Produktion von Nahrungsmitteln, Energie und nachwachsenden Rohstoffen hinausgehen.


Welche Leistungen sind das?


Heidl: Das ist u.a. der Erhalt der Kulturlandschaft auch in Grenzertragslagen. Für den Tourismus brauchen wir eine flächendeckende Landwirtschaft. Es gehört zum Beispiel in den Berggebieten viel Leidenschaft dazu, eine Alm zu bewirtschaften. Eine Kapitalgesellschaft würde das sicher nicht tun.


Ein zweites Beispiel ist die Bedeutung der Familienbetriebe für das aktive Dorfleben. Ein Landwirt, der mit seiner Familie auf und von diesem Betrieb lebt, ist oft enger mit dem Dorf verbunden als der Mitarbeiter eines Großbetriebs, der vielleicht gar nicht vor Ort wohnt. Deshalb engagieren sich so viele Bäuerinnen und Bauern im Gemeinderat, in der Kirche oder in Vereinen.


Kann eine Kapitalgesellschaft solche Leistungen auch erbringen?


Hofreiter: Natürlich. Dort, wo wir Geld investieren, tut es sonst niemand. Nehmen Sie die Region Prignitz im Nordwesten Brandenburgs. Dort ist die KTG Agrar in einigen Dörfern der größte Arbeitgeber und die wichtigste wirtschaftliche Säule. Wenn es um Dorfleben und dörfliche Traditionen geht, organisieren wir natürlich das Feuerwehrfest und andere Events, weil wir uns als großer Agrarbetrieb in der Pflicht sehen. Deshalb ist es falsch, immer zu behaupten, ein Großbetrieb engagiere sich weniger als ein Familienbetrieb.


Einige Politiker tun das gerne.


Hofreiter: Das ist eine Unverschämtheit. Wir investieren in einigen Regionen zweistellige Millionenbeträge. In den allermeisten Dörfern, in denen wir aktiv sind, sind wir mit Abstand der größte Steuerzahler. Wenn wir unseren Aktionären am Ende des Jahres 2 bis 2,5 % Dividende auf ihr Kapital auszahlen, kann man nicht von einem Ausbluten der Regionen reden. Selbst die Oma, die ihr Geld bei der Sparkasse anlegt, erwartet eine solche Rendite.


Und trotzdem fühlen sich viele Familienbetriebe von Holdings wie der KTG Agrar bedroht. Wo passen solche Strukturen hin?


Heidl: Platz für solche Holdings ist am ehesten dort, wo es schon immer größere Strukturen gab. In den naturräumlich und betrieblich kleingliedrigen Strukturen im Westen hätten es solche Holdings ohnehin schwer. Da werden weite Wegstrecken und aufwendige Transporte schnell zum großen Kostenfaktor. Bei den juristischen Personen sind die Verantwortlichen i. d. R. auch nicht präsent und die Entscheidungen nicht so transparent. Wir verbinden das Bauer sein dagegen mit Nähe und Heimat.


In den neuen Bundesländern sind sie aber direkte Konkurrenten.


Heidl: Genau, und deshalb muss die Politik dort für einen fairen Wettbewerb sorgen, damit auch die Familienbetriebe Perspektiven behalten.


Müssen sich die Familienbetriebe vor der KTG Agrar fürchten?


Hofreiter: Nein! Erstens pachten oder kaufen wir kein Land, das ein anderer Agrarbetrieb bewirtschaftet. Wir übernehmen ganze Unternehmen im Zuge des Generationswechsels und entwickeln sie weiter. Zweitens kaufen wir keine Flächen, um damit zu spekulieren, sondern um zu produzieren. Und drittens leben wir in guter Gemeinschaft mit unseren Nachbarn, für die wir auch Dienstleistungen erbringen.


Heidl: Damit verdrängen Sie auch kleinere Betriebe und schaffen stattdessen abhängige Beschäftigungsverhältnisse!


Hat die KTG Agrar nicht dennoch Kostenvorteile, wenn Sie mit Familienbetrieben um die Flächen rangelt?


Hofreiter: Das wäre schön. Wir müssen jeden unserer 900 Mitarbeiter bezahlen. Wir haben keine geländegängigen Altenteiler, die auch noch mit 89 den Hof fegen oder die Brunstüberwachung übernehmen. Je größer der Betrieb wird, desto stärker nimmt die Effizienz ab. Natürlich haben wir im vor- und nachgelagerten Bereich auch einige Synergieeffekte. Wenn wir im Jahr 40 Traktoren kaufen, sollten wir sie nicht teurer einkaufen als ein Landwirt, der nur einen abnimmt. Das gilt auch für den Verkauf. Wer eine größere Menge eines homogenen Produkts verkaufen kann, bekommt natürlich einen besseren Preis als andere.


Wer ist in Krisenzeiten flexibler, der Familienbetrieb oder die Kapitalgesellschaft?


Heidl: Familienbetriebe sind tatsächlich sehr flexibel. Das gilt zum Beispiel für die maschinelle Schlagkraft, die sie über Maschinenringe und Lohnunternehmen bei Bedarf temporär „zukaufen“ können. Darüber hinaus können Arbeitsspitzen zumindest teilweise familienintern abgefangen werden. Ein spezialisierter Großbetrieb kann das so nicht. Die Flexibilität kommt aber schnell an Grenzen, wenn die Politik ständig neue Gesetze und Verordnungen schafft, bei deren Umsetzung der Familienbetrieb kaum noch mitkommt. Dann hat der Großbetrieb mit seiner schlagkräftigen Verwaltung klare Vorteile.


Haben Sie deshalb Horst Seehofer einen Brandbrief geschrieben?


Heidl: Ja. Den Strukturwandel werden wir nicht komplett aufhalten. Auch künftig werden Betriebe im Generationswechsel aufhören und andere dafür neue Standbeine aufbauen, sich vergrößern oder spezialisieren. Die Politik darf nicht zum großen Strukturveränderer werden, wie bei der Umstellung der Sauen auf die Gruppenhaltung. In Bayern haben danach 12 % der Sauenhalter aufgegeben, v.a. die kleineren, weil ihnen die Umstellung zu teuer war. In Großbetrieben sieht das ganz anders aus. Sie können sich leichter auf Änderungen einstellen. Die Politik muss wissen, dass sie mit solchen Vorgaben den Strukturwandel anheizt – zulasten kleinerer Familienbetriebe. Darauf habe ich Herrn Seehofer hingewiesen.


Was ist die Lösung: größenbezogene Umwelt- und Tierschutzvorgaben?


Heidl: Nein, so pauschal geht das nicht. Was uns Politik, NGO und Behörden aufdrücken, ist aber unerträglich, z. T. sehr theoretisch und kaum praktikabel. Natürlich ist es risikoreicher, einen Stall für 10 000 Mastschweine zu bauen als einen für 500. Deshalb müssen die größeren Betriebe auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung machen. Was wir brauchen, sind risikobezogene Vorgaben, die sich nicht immer am technisch Machbaren orientieren, sondern an dem, was die Betriebe umsetzen können. Dieses Augenmaß vermisse ich bei der Debatte über die Düngeverordnung oder über die Vorgaben für Güllebehälter.


Ist Ihr Betrieb tatsächlich risikoreicher als der von Herrn Heidl?


Hofreiter: Unser potenzielles Risiko mag größer sein. Aber wir treffen auch entsprechende Vorkehrungen. Wir haben in unseren Betrieben strenge Regeln für den Brandschutz. Jede Saatgutcharge, die auf unsere Höfe kommt, wird konsequent auf Gentechnikfreiheit untersucht. Ich könnte Ihnen weitere Beispiele nennen.


CSU-Agrarsprecherin Marlene Mortler möchte das Risiko anders begrenzen und will über betriebliche Obergrenzen diskutieren, insbesondere in der Tierhaltung. Was halten Sie davon?


Heidl: Wenn das so pauschal gemeint ist, dann nichts. Wer setzt solche Bestandsobergrenzen ohne ideologische Scheuklappen fest? Da wäre der politischen Willkür Tür und Tor geöffnet. Wir haben im internationalen Vergleich bis auf wenige Ausnahmen gar kein Bestandsgrößenproblem. Was wir aber brauchen, ist eine klare Flächenbindung bei der Gülleausbringung. Außerdem gibt es schon heute risikobezogene Vorgaben im Bau- und Umweltrecht, die auch die Größe der Betriebe berücksichtigen. Nehmen Sie z.B. die TA Luft und die teure Filtertechnik. Es muss zuallererst darum gehen, das aktuelle Recht konsequent zu vollziehen, bevor wir über weitere Begrenzungen sprechen. Wenn sich große Investoren nicht an die Vorgaben der Behörden halten, ist das für diese ein Armutszeugnis.


Bei der Größendebatte schielt die Politik in Richtung KTG Agrar und Co.


Hofreiter: Ich halte die Diskussion für völlig überzogen. Wir haben immer gesagt, bei unserer Größe ist die Tierhaltung nicht beherrschbar. Andere Betriebe unseres Kalibers sehen das ähnlich. Deshalb hat die Tierhaltung im Osten eine viel geringere Bedeutung als im Westen. Wer über Obergrenzen in der Landwirtschaft diskutieren will, muss auch eine Antwort darauf geben, wie gleichzeitig die Konzentration im Lebensmittelhandel aufgebrochen werden kann. Ich weiß, wovon ich rede. Die KTG Agrar ist eines der wenigen deutschen Agrarunternehmen, das aufgrund seiner Größe von Edeka, Aldi und Lidl ernst genommen wird. Aber selbst wir spüren, wie schwer es ist, auf Augenhöhe zu verhandeln. Wir sollten die stupide Groß-Klein-Debatte beenden und uns auf den Markt konzentrieren.


Heidl: Die Bauern dürfen nicht der Spielball des Handels sein. Wir müssen auch als Erzeuger mehr tun. Gut, dass das Kartellamt erkannt hat, dass die Konzentration des Handels problematische Ausmaße angenommen hat. Zumindest wird das aus dem Gutachten deutlich, das die Kartellwächter vorgelegt haben. Demnächst kommt es zum Schwur, wenn das Kartellamt entscheiden muss, ob es Edeka erlaubt, Tengelmann zu übernehmen.


Auch bei den Direktzahlungen gibt es jetzt einen Struktur-Zuschlag für die ersten 45 ha. Ist das nicht nur ein bisschen Kosmetik?


Heidl: Es ist ein klares politisches Signal an die Familienbetriebe und fördert zudem die Akzeptanz der Direktzahlungen.


Kann die KTG Agrar damit leben?


Hofreiter: Sehr gut sogar. Ich wäre auch bereit, den Almbauern noch ein bisschen mehr abzugeben. Die Agrarpolitik der vergangenen 25 Jahre war richtig. Wir haben weitgehend freie Märkte. Die Milchseen sind ausgetrocknet, die Butterberge abgebaut und die Getreideintervention machen jetzt die Chinesen.


Bund und Länder wollen im kommenden Frühjahr entscheiden, ob Deutschland ein strengeres Bodenrecht benötigt. Der Bauernverband will aktive Landwirte stärker privilegieren. Was heißt das?


Heidl: Wir spüren, dass außerlandwirtschaftliche Investoren zunehmend ein Auge auf Agrarflächen werfen. Da sind große und kleinere Kapitalanleger aktiv. Die großen sind vor allem im Osten unterwegs, die kleineren eher im Westen. Landwirtschaftliche Flächen sind interessant, weil sie wertstabil sind, die Pachtpreise steigen und lukrative alternative Anlagemöglichkeiten fehlen. Damit die aktiven Landwirte dabei nicht auf der Strecke bleiben, müssen wir sie über das Grundstückverkehrsgesetz besser schützen.


Hofreiter: Die Frage ist doch, ob wirklich ein spürbarer Teil der Agrarflächen in Händen von Akteuren ist, die die Landwirtschaft nicht haben will? Aus meiner Sicht ist das nicht so. Ich kenne keinen einzigen Hedgefonds in Deutschland, der einen Hektar Agrarland besitzt. Das wundert mich auch nicht. Man kann Landwirtschaft nicht nur mit dem Scheckbuch betreiben, man muss auch das notwendige Know-how haben. Nur wer beides miteinander verknüpft, wird Erfolg haben. Deshalb warne ich vor Aktionismus. Wir haben mit dem Grundstückverkehrs­gesetz ein hervorragendes Gesetz. Wenn wir das gut umsetzen, ist alles im grünen Bereich.


Warum muss ein Landwirt auch Eigentümer seiner Flächen sein? Reicht es nicht, wenn der Anleger an die Bauern verpachtet?


Heidl: Wir wollen keine ungesunde Konzentration der Flächen in den Händen weniger Investoren. Wir wollen eigenverantwortliche Unternehmer und keine Abhängigkeit von einem Großinvestor. Jeder kennt doch Fälle, in denen Landwirte aufgrund finanzieller Engpässe zu Lohnmästern geworden sind. Das kann nicht unser Ziel sein. Wir wollen, dass Landwirte mit ihrer Familie die Verantwortung für ihren Betrieb und ihre Flächen haben.


Inwiefern?


Heidl: Ein Landwirt, der auch Eigentümer ist, denkt über die Laufzeit des Pachtvertrags hinaus. Er will die Bodenfruchtbarkeit und den Wert der Fläche erhalten. Das wäre bei einem außerlandwirtschaftlichen Eigentümer vielleicht anders.


Nehmen Sie das Beispiel der Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen, über die ja im Moment wieder diskutiert wird. Ein nichtlandwirtschaftlicher Eigentümer hätte möglicherweise weniger Hemmungen, diese auf seinen Flächen zu installieren als ein Landwirt. Die Folge: Die Flächen wären erst einmal für die landwirtschaftliche Nutzung verloren.


In anderen Wirtschaftsbranchen freut man sich, wenn Kapital von außen in den Sektor fließt. In der Landwirtschaft wird dagegen zwischen gutem und schlechtem Kapital unterschieden. Was ist gutes und was schlechtes Geld?


Hofreiter: 99 % des Geldes, das in die grüne Branche fließt, ist gutes Kapital. Die Anleger interessieren sich wirklich für die Landwirtschaft. Sie lieben Sachwerte, sie lieben die bodenständigen, ehrlichen Menschen, die in unserer Branche unterwegs sind und sie interessieren sich. Unsere Anleger können deshalb einen Mähdrescher von einem Traktor unterscheiden. Was hat das bitteschön mit der viel kritisierten Hegdefonds-Mentalität zu tun?


Hier geht es um langfristige Investments, denn wegen einer Rendite von 2 bis 2,5 % wird auch in diesen Zeiten niemand in die Landwirtschaft investieren. Da gibt es anderswo immer noch bessere Anlageoptionen.


Trotzdem hat Hermann Onko Aeikens, der Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, schon vor zwei Jahren angekündigt, ein neues Grundstückverkehrsgesetz vorzulegen. Warum dauert das so lange?


Heidl: Die Materie ist außerordentlich kompliziert. Außerdem versuchen Bund und Länder, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Ich erwarte allerdings kein bundeseinheitliches Vorgehen. Dafür sind die regionalen Voraussetzungen zu unterschiedlich. Fakt ist: Die Nachfrage nach Agrarflächen bleibt hoch, v.a. von außerlandwirtschaftlichen Anlegern. Deshalb besteht weiterhin dringender politischer Handlungsbedarf.


Hofreiter: Ich sehe das anders. Wenn Anleger in die Landwirtschaft investieren wollen, sollten wir uns nicht verschließen. Wenn wir das tun, treiben wir die Investoren und ihr Geld nur ins Ausland. Die guten und innovativen Köpfe und ihr Know-how werden dem Kapital folgen. Ob das langfristig für die deutsche Landwirtschaft der bessere Weg ist, bezweifle ich. Dann kommt das Getreide für die deutschen Schweine nicht mehr aus der Ukraine und Russland, sondern die Schweine werden gleich dort produziert. Zu uns käme nur das Schweinefleisch. Davon hätten wir nichts.


Wo steht die deutsche Landwirtschaft in 20 Jahren?


Hofreiter: An der Agrarstruktur wird sich in den kommenden 20 Jahren gar nicht viel ändern. Die Betriebe haben sich noch stärker spezialisiert als heute. Die Landwirtschaft wird noch internationaler und der Export wird bei der Vermarktung eine noch größere Rolle spielen.


Heidl: Die Entwicklung hängt v.a. von den politischen Rahmenbedingungen ab. Der globale und regionale Markt wird noch wichtiger. Da sind wir uns weitgehend einig. Die Familienbetriebe werden weiter die überwiegende Mehrheit der Betriebe stellen. Auch in Zukunft wird es ein erfolgreiches Miteinander von Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetrieben geben. Wenn alle ihre Vorteile ausspielen, sich engagiert und flexibel an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, neue Marktnischen nutzen und sich krisensicher mit mehreren Standbeinen aufstellen, ist mir um deren Zukunft nicht bange. Das heißt nicht, dass alles so bleiben wird, wie es ist. Der technische Fortschritt geht weiter. Um ihn zu nutzen, müssen sich die Betriebe noch stärker überbetrieblich vernetzen. Intensive Tierhalter lassen dann noch häufiger als heute die Außenwirtschaft von einem Kollegen erledigen und umgekehrt. Das sorgt für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. Wichtig ist, dass die Arbeit leistbar bleibt und nicht zulasten der Lebensqualität geht. Wir werden daher auch über neue Arbeitsmodelle diskutieren, z. B. über feste Mitarbeiter, die in mehreren Betrieben arbeiten.


Und was erwarten Sie von der Agrarpolitik aus Brüssel, Berlin und den Ländern?


Hofreiter: Ich bin schon froh, wenn sie nicht allzu stark gegen uns arbeitet.


Heidl: Rückendeckung und Flankenschutz. Wir werden auch nach 2020 Direktzahlungen haben, als Ausgleich für die weltweit höchsten Standards, die gesellschaftlichen Leistungen und zur Absicherung gegen die volatilen Märkte. Weitergehende Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutzleistungen müssen über die 2. Säule angemessen honoriert werden. Der Zuschlag für die ersten Hektare bei den Direktzahlungen wird weiter ausgebaut werden. Und ich erwarte eine Politik, die nur das Notwendige pragmatisch regelt, ohne sich von ideologischen Wunschträumen Dritter treiben zu lassen. Diese Hoffnung sollte man nie aufgeben.


Herzlichen Dank für das Gespräch.-sp-

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