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EEG: Das erwartet Windmüller ab 2017

Lesezeit: 9 Minuten

Im Mai 2017 startet die erste Ausschreibungsrunde für Windparks. Wir geben Tipps, worauf Sie achten müssen und wie Sie sich jetzt darauf vorbereiten sollten*.


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Alles neu macht der Mai: Nach diesem Motto beginnt für die Windenergie im kommenden Jahr ein neues Zeitalter. Die Vergütung für neue Windparks wird ab Mai 2017 per Ausschreibung festgelegt. Das legt das novellierte Erneuerbare-Ener-gien-Gesetz (EEG 2017) fest. Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst.


Für wen gilt die Neuregelung?


An Ausschreibungen müssen Betreiber von Windparks teilnehmen, die ab dem Jahr 2017 in Betrieb gehen. Ausnahme: Anlagen mit einer Leistung von bis zu 750 Kilowatt (kW), Pilotanlagen und so genannte Übergangsanlagen. Das sind Anlagen, die bis zum 31.12.2016 eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erhalten und bis zum 31.12.2018 in Betrieb gehen. Außerdem muss der Betreiber die Genehmigung mit den nötigen Angaben bis zum 1.2.2017 an das Anlagenregister bzw. an das neue Marktstammdatenregister, das im Jahr 2017 eingeführt wird, melden.


Welche Vergütung erhalten „Übergangsanlagen“?

Für sie gilt zwar auch das EEG 2017, sie müssen aber nicht am Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Stattdessen erhalten sie weiterhin eine zweistufige Vergütung: Für die ersten fünf Jahre bzw. bis zum Erreichen eines bestimmten Referenzertrags erhalten sie die höhere Anfangsvergütung („anzulegender Wert“) von 8,38 ct/kWh. Danach sinkt die Vergütung auf 4,66 ct/kWh (Grundvergütung).


Ab dem 1.3.2017 wird die Anfangsvergütung für jeweils neue Anlagen sechs Monate lang um jeweils 1,05% pro Monat abgesenkt. Zusätzlich sinkt die Anfangsvergütung um weitere 2,4% (Degression), wenn der Zubau in diesen sechs Monaten mehr als 3500 MW entspricht. Wer also eine Übergangsanlage betreiben will, aber beispielsweise erst im Oktober 2017 ans Netz geht, erhält im schlimmsten Fall mehr als 8 % weniger Vergütung als jemand, der die Anlage im Februar 2017 in Betrieb nimmt. Für das Jahr 2018 sind vier weitere Degressionsschritte von jeweils 2,04 % geplant, wenn der Zubau zu stark sein sollte. Nach Berechnungen des BWE kann die Vergütung bis zum 1.10.2018 für jeweils neue Anlagen auf 6,97 ct/kWh sinken. Daher gilt es abzuwägen, ob eventuell eine Teilnahme am Ausschreibungsverfahren sinnvoller sein kann. „Hierfür können sich Betreiber einmalig bis Anfang 2017 entscheiden“, erklärt Sabine Schmedding, Politikreferentin beim BWE. Aber Achtung: Wer sich einmal für die Ausschreibung entschieden hat, kann nicht mehr zur herkömmlichen EEG-Vergütung zurückwechseln.


Wie läuft eine Ausschreibung ab?


Für die Ausschreibung gibt die Bundesnetzagentur (BNetzA) fünf bis acht Wochen vor Gebotstermin die Bedingungen bekannt. Anlagendaten und Genehmigung müssen mindestens drei Wochen vor dem Termin im Anlagenregister bzw. Marktstammdatenregister eingetragen werden. Weitere Formulare z.B. zu der geforderten „Eigenerklärung“ usw. bereitet die BNetzA derzeit vor. Bieter müssen dann ihre Gebote mit den nötigen Unterlagen fristgerecht schriftlich einreichen. Außerdem müssen sie 522 € pro Gebot zahlen und eine Sicherheit von 30 € je kW hinterlegen. Die BNetzA prüft nach dem Ausschreibungstermin die eingegangenen Gebote u.a. auf Plausibilität sowie Vollständigkeit und ermittelt, wer einen Zuschlag erhalten hat. Dabei werden die gebotenen Leistungen angefangen vom niedrigsten Gebot so lange aufsummiert, bis die insgesamt ausgeschriebene Menge erreicht ist. Wer zuviel geboten hat, also keinen Zuschlag erhält, bekommt seine Sicherheitseinlage zurück, nicht aber die Gebühr. Die BNetzA teilt den Bietern innerhalb von 14 Tagen nach Ausschreibungstermin mit, ob sie erfolgreich waren oder nicht.


Wie viel Bieter können an der Ausschreibung teilnehmen?


Eine feste Größe für die Ausschreibung ist das jährliche Zubauziel von 2800 Megawatt (MW) pro Jahr, das der Gesetzgeber im EEG 2017 festgelegt hat. Gemeint ist damit der Brutto-Zubau, repowerte bzw. stillgelegte Leistung spielt keine Rolle. Pro Jahr wird es mehrere Ausschreibungsrunden geben: drei im Jahr 2017, vier im Jahr 2018. Bei diesen wird eine Teilmenge der 2800 MW ausgeschrieben.


Aufpassen müssen Betreiber, deren Anlagen in „Netzausbaugebieten“ liegen. Darunter versteht der Gesetzgeber Regionen, in denen das Stromnetz stark belastet ist, also z.B. Teile von Norddeutschland. In diesen Regionen wird die Ausschreibungsmenge begrenzt auf 58 % der Durchschnittsleistung, die in den Jahren 2013 bis 2015 ans Netz gegangen sind. Diese Regelung soll übergangsweise für drei bis fünf Jahre gelten.


Wenn Zuschläge erteilt wurden, die Parks aber nicht gebaut werden, wird die Leistung dieser Parks nicht auf das Ausschreibungsvolumen der nächsten Runden aufgeschlagen.


Mit welcher Vergütung können Bieter bei der Ausschreibung rechnen?


Die Vergütungshöhe wird in einer Art Auktion ermittelt. Dabei bieten die Teilnehmer einen Wert, den sie für nötig halten, damit ihre Anlage bei einem 100 %-Standort wirtschaftlich läuft. Der Referenzstandort ist definiert mit einer Windgeschwindigkeit von 6,45 Metern pro Sekunde auf einer Höhe von 100 Metern. Um einen Ausgleich in Deutschland zwischen guten und schlechten Standorten zu schaffen, sind im EEG 2017 Korrekturfaktoren enthalten. Bieter erhalten für schlechtere Standorte (60 bis 90 %-Standorte) auf ihren Gebotszuschlag einen Aufschlag, Bieter mit besseren Standorten (110 bis 150 %) einen Abschlag. Die Standortgüte muss der Bieter per Gutachten nachweisen.


Jeder Bieter erhält den Wert, den er geboten hat („Pay as Bid“-Verfahren). Das EEG schreibt für das Jahr 2017 allerdings einen Höchstpreis von 7 ct/kWh vor (bezogen auf einen 100 %-Standort). Wenn ein Bieter z.B. an einem 80%-Standort 6,7 ct/kWh bietet und dazu einen Zuschlag erhält, muss dieser Wert anschließend mit dem Korrekturfaktor multipliziert werden, in diesem Fall mit 1,16 (für den 80%-Standort). Der Betreiber würde also für seinen Standort eine Vergütung von 7,77 ct/kWh erhalten.


Welche Auflagen gibt es?


Nach einem Zuschlag müssen erfolgreiche Bieter die Anlage oder den Park innerhalb von 24 Monaten bauen. Die Frist verlängert sich einmalig, wenn ein Klageverfahren z.B. von Naturschutzverbänden den Bau verzögern sollte. Ansonsten behält die Bundesnetzagentur von der hinterlegten Sicherheit einen Teil der Sicherheit als „Pönale“ ein. Ist der Park nach 30 Monaten nicht gebaut, erlischt der Zuschlag und die gesamte Sicherheit wird einbehalten.


Außerdem müssen Betreiber den Strom vollständig ins Netz einspeisen, dürfen ihn also nicht selbst verbrauchen. Ausgenommen sind folgende Strommengen:


  • Strom, der für den Betrieb der Anlage benötigt wird,
  • Strom, der zum Ausgleich von Netzverlusten verwendet wird (Regelenergie),
  • Strom, der in Zeiten negativer Preise produziert wird und
  • Strom, der bei drohender Netzüberlastung abgeregelt würde.


Wie lange erhält ein Betreiber die Vergütung?


Wer nach einer Ausschreibung einen Zuschlag erhält, bekommt diese Vergütung für 20 Jahre. Allerdings wird die Standortgüte nach 5, 10 und 15 Jahren überprüft. Ist sie besser als ursprünglich angenommen, muss der Anlagenbetreiber zurückzahlen. Umgekehrt erhält er eine Nachzahlung vom Netzbetreiber, wenn die Standortgüte schlechter war.


Weitere Kürzungen kann es geben, wenn der Strompreis an der Börse am Vortag mindestens sechs Stunden lang „negativ“ war. Das kommt vor, wenn Stromhändler bei einem extremen Überangebot sogar dafür zahlen müssen, dass ihr Strom abgenommen wird. In diesem Fall erhalten alle Betreiber von Windenergieanlagen keine Vergütung. Ausgenommen sind Anlagen unter 3 MW Leistung.


Welche besonderen Regelungen gibt es für Bürgerwindparks?


Das EEG definiert als Bürgerenergiegesellschaften u.a. Projekte, bei de-nen mindestens zehn stimmberechtigte Gesellschafter natürliche Personen sind und jeder Gesellschafter maximal zehn Prozent der Stimmrechte besitzt. Auch müssen die Personen in dem Landkreis wohnen, in dem der Park gebaut wird. Dieser darf aus maximal sechs Anlagen mit zusammen 18MW Leistung bestehen.


Diese Bürgergesellschaften müssen bei Teilnahme an der Ausschreibung keine Genehmigung vorlegen. Für die Teilnahme brauchen sie nur ein Windgutachten, Pachtverträge für die Flächen sowie eine Sicherheit von 15 € pro kW. Auch haben sie zur Realisierung 54 Monate Zeit, also zwei Jahre mehr als Nicht-Bürgerwindparks. Liegt die BImSchG-Genehmigung vor, müssen sie die Sicherheit auf 30 €/kW aufstocken. „Ab dem Zeitpunkt werden sie mit den anderen Windparkbetreibern gleichgestellt“, erklärt Rechtsanwalt Philipp von Tettau aus Berlin.


Reichen diese Ausnahmen für Bürgerwindparks aus?


Trotz der Privilegien bleiben für Bürgerwindparks einige Risiken. „Wenn z.B. die Behörde die Genehmigung verweigert, kann die Gesellschaft die gesamte Erstsicherheit verlieren“, warnt von Tettau. Bei einem Park mit 18 MW wären das immerhin 270000 €. Auch kann die Zeit bis zur Umsetzung des gesamten Parks knapp werden, wenn die Genehmigung verspätet kommt. In diesem Fall würde auch die Zweitsicherheit verloren gehen. Weil sich die Bürgergesellschaften sehr früh festlegen müssen, müssen sie ihr Gebot mit einigen Unsicherheiten abgeben, die andere Projektierer nicht haben. „Es könnte sein, dass sich hinterher Genehmigungsauflagen ergeben, mit denen der abgegebene Gebotspreis nicht mehr wirtschaftlich ist“, nennt Anwalt von Tettau ein weiteres Risiko.


Welche Probleme gibt es für geplante Windparks?


Vor allem für ältere Projekte ist die Ausschreibung riskant, weil man nicht weiß, wie hoch die Vergütung sein wird. Experten gehen davon aus, dass sie sich um bis zu 20 % gegenüber der aktuellen Vergütung verringern könnte.


Aber auch, wer im EEG bleibt (Übergangsanlagen), ist wegen der möglichen starken Degression einem Risiko ausgesetzt. Denn die Anlagen wurden vor mehre-ren Jahren unter anderen Voraussetzungen geplant. „Wenn eine Genehmigung vorliegt, kann man nicht mit anderer Technik wie z.B. höhere Anlagen gegensteuern“, schildert Hermann Albers, Präsident des BWE. Laut BWE müsste eine 3-MW-Anlage rund 700000 € günstiger sein, um die starke Degression in den Jahren 2017 und 2018 zu kompensieren.


Ein anderes Risiko ist die Absenkung der Vergütung bei negativen Strompreisen. Auch eine Klage wäre fatal: Denn die 20-jährige Vergütungslaufzeit beginnt 30 Monate nach der Ausschreibung, auch wenn es wegen einer Klage zu Verzögerung im Bau kommen sollte.


Zudem liegt die ausgeschriebene Menge mit 2800 MW ungefähr bei der Hälfte dessen, was in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland installiert wurde. Dazu kommen Bieter aus dem Ausland, weil Deutschland Ausschreibungen auch international anbieten wird. „Weniger Men-ge bei mehr Bietern verschärft den Konkurrenzdruck enorm“, resümiert Albers daraus.


Der Konkurrenzdruck sorgt dafür, dass viele Projekte keinen Zuschlag erhalten werden. Weil außerdem sehr viele Fristen beim Ausschreibungsverfahren einzuhalten sind, besteht die Gefahr, dass Bieter auch aus rein formalen Gründen keinen Zuschlag erhalten: Schon kleine Fehler können dazu führen.


Zusätzlich werden sich Finanzierungsbedingungen ändern. „Wir halten zwar Windenergieanlagen auch unter dem EEG 2017 für finanzierbar, gehen aber von sinkender Vergütungshöhe bei gleich bleibenden Kosten aus. Daher werden wir unter anderem eine höhere Eigenkapitalquote fordern“, erklärt Julia Maxwitat-Balzer von der Sparkasse Bremen, die seit 20 Jahren Erfahrungen mit der Finanzierung von Windparks hat.


Unterm Strich bleibt jetzt abzuwarten, wie die Durchführungsverordnung zur Ausschreibung aussehen wird und ob die Branche nötige Änderungen noch durchsetzen kann.


Hinrich Neumann

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