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Nitratbericht: So haben wir nachgerechnet

In unserer top agrar 3/2017 fühlen wir ab Seite 58 dem Nitratbericht von den Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft auf den Zahn. Unter anderem stellen wir fest: Wäre die Verteilung der Landnutzungsarten im EUA-Messnetz repräsentativ berücksichtigt, läge der Anteil der belasteten Messstellen vermutlich nicht

Lesezeit: 9 Minuten

In unserer top agrar 3/2017 fühlen wir ab Seite 58 dem Nitratbericht von den Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft auf den Zahn. Unter anderem stellen wir fest: Wäre die Verteilung der Landnutzungsarten im EUA-Messnetz repräsentativ berücksichtigt, läge der Anteil der belasteten Messstellen vermutlich nicht bei 18%, sondern bei 13,5%. Unsere Berechnung hierzu finden Sie

. Weil es weitere Fehlerquellen gibt, die sich nicht genau beziffern lassen, liegt der wahre Wert vermutlich deutlich unter 13,5 % (siehe Beitrag).

 

Mit diesen Ergebnissen hatten wir auch das Bundesumweltministerium konfrontiert. Unsere Fragen sowie die Antworten finden stellen wir Ihnen hier in voller Länge zur Verfügung:

 

 

top agrar: Wie hat die Bundesregierung sichergestellt, dass bei der Ausweitung des ehemaligen EU-Nitratmessnetzes (auch: „Belastungsmessnetz"), das als Datengrundlage der Nitratberichte bis 2012 diente, der Fehler, der durch die gezielte Auswahl von Messstellen in Grundwasserkörpern mit bekannt hohem Nitrateintrag entstand, vollständig behoben wurde?

Wie viele der Messstellen im ehemaligen Belastungsmessnetz sind jeweils im aktuellen Teilmessnetz Landwirtschaft (auch: EU-Nitratmessnetz) sowie im aktuellen EUA-Messnetz enthalten?

 

BMUB: Aufgrund eines zunehmenden Ausfalls von Messstellen im sogenannten Belastungsmessnetz - so waren 2014 von den anfänglich 186 Messstellen nur noch 162 Messstellen in Betrieb - wuchs dessen statistische Unsicherheit. Des Weiteren wurden die Ergebnisse des Belastungsmessnetzes in der Öffentlichkeitals repräsentative Aussagen missverstanden.

 

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde 2014 mit den Bundesländern ein neues Messnetzkonzept erstellt. Hierzu sollten das Belastungsmessnetz und das EUA-Messnetz zusammengeführt und ein für Deutschland repräsentatives Messnetz für die Grundwasserbelastung aus landwirtschaftlichen Quellen entwickelt werden.

 

Bei der Entwicklung des neuen EUA-Messnetzes wurden folgende Kriterien angewandt:

  • Die ausgewählten Messstellen sollen die Verteilung der Landnutzungen (Siedlung, Wald, Grünland, Acker und Sonderkulturen) in den Bundesländern und somit auch in Deutschland repräsentativ abbilden. Die Anzahl der Messstellen in den einzelnen Bundesländern ergibt sich aus ihrer Flächengröße.
  • Weiterhin sollte die regionale Verteilung der Nitratbelastung im Grundwasser repräsentativ wiedergegeben werden.
  • Messstellen sollen möglichst im oberflächennahen Grundwasserleiter (oberstes Grundwasserstockwerk, freies Grundwasser ohne Sperrschicht) ausgebaut sein, damit sich die Nitratausträge der Landnutzungen in dem mit den Messstellen erfassten Grundwasser abbilden können.
  • Die Messdaten der ausgewählten Messstellen sollten rückwirkend mindestens bis zum Jahr 2008 vorliegen, um einen Vergleich mit dem vorherigen Berichtszeitraum zu ermöglichen.
  • Soweit möglich sollten die alten EUA- und EU-Nitratmessstellen, die dem ersten bis fünften Nitratberichtbericht zugrunde lagen, in das neue Messnetz übernommen werden.
 

Um den Überhang an belasteten Messstellen aus dem alten Belastungsmessnetz auszugleichen sowie um die unterschiedliche Verteilung der Landnutzung in den einzelnen Bundesländern ausreichend abbilden zu können, wurde die Anzahl der Messstellen im Gesamtmessnetz von ca. 800 auf 1200 Messstellen erhöht.

 

Aus dem so erweiterten EUA-Messnetz mit rund 1200 Messstellen, die sämtliche Landnutzungen (Wald, Siedlung, Grünland, Acker etc.) in Deutschland repräsentativ widerspiegeln, wurden rund 700 Messstellen ausgewählt, in deren Einzugsgebiet die Nutzungseinflüsse von Acker sowie Grünland auf die Grundwassermessstellen besonders dominieren.

 

Durch dieses „Teilmessnetz Landwirtschaft“ - das EU-Nitratmessnetz - wird jetzt sichergestellt, dass die Nitratbelastung der Gewässer aus landwirtschaftlichen Quellen abgebildet werden. Von den noch vorhandenen 162 Messstellen des alten Belastungsmessnetz sind daher 160 Messstellen in das neue EUA-Messnetz, und da diese Messstellen alle überwiegend durch Landwirtschaft beeinflusst werden, zugleich auch in das neue EU-Nitratmessnetz eingeflossen.

 

 

top agrar: Wie hoch lag der Anteil der Messstellen, die mehr als 50 mg/l Nitrat verzeichnen, unter denjenigen Messstellen im aktuellen EUA-Messnetz zwischen 2012 und 2014, die noch nicht Bestandteil des ehemaligen Belastungsnetzwerkes waren?

 

BMUB: Die Angabe, wie hoch der Anteil der Messstellen, die mehr als 50 mg/l Nitrat verzeichnen, unter denjenigen Messstellen im neuen Nitratmessnetz ist, die nicht Bestandteil des Belastungsnetzwerkes waren, bedarf einer aufwändigen Datenauswertung und kann daher derzeit nicht erfolgen.

 

 

top agrar: Unter welcher Landnutzungsart liegen die Messstellen des aktuellen EUA-Messnetzes sowie des aktuellen Teilmessnetzes Landwirtschaft jeweils?

Können Sie uns diese Daten zur Verfügung stellen?

Wenn unbekannt, wie haben Sie die repräsentative Verteilung der Messpunkte über alle Landnutzungsarten sichergestellt?

Wie hoch liegt der Anteil der Landnutzungsarten (Acker und Sonderkulturen, Grünland, Wald, Siedlung) an der gesamtdeutschen Fläche?

 

Bei der Überarbeitung des EUA-Messnetzes (siehe Tabelle) wurden die Bundesländer angehalten, eine bestimmte Anzahl an Messstellen zu melden, die das Flächen-Verhältnis des Bundeslandes zur Gesamtfläche der Bundesrepublik berücksichtigen. Die insgesamt ca. 1200 gemeldeten Messstellen sollten zudem repräsentativ für die Verteilung der wichtigsten Landnutzungen im jeweiligen Bundesland sein. Hierdurch ergibt sich nunmehr eine Flächen- und Nutzungsrepräsentativität des gesamten Messnetzes.

 

Eine zusammenfassende Darstellung der Landnutzungsverteilung im neuen umfassenden EUA-Messnetz bzw. im neuen EU-Nitratmessnetz mit ca. 700 Messstellen (siehe Tabelle) im Vergleich zur Landnutzung in Deutschland ist in folgender Tabelle dargestellt. Bei der Datenabfrage wurde zudem für jede einzelne Messstelle des umfassenden EUA-Messnetzes auch die Hauptlandnutzung (Wald, Ackerland/Sonderkulturen, Grünland, Siedlung/Industrie) bei den Bundesländern abgefragt. Diese Zuordnungen im Einzelfall können beim jeweiligen Landesumweltministerium bzw. auch beim Umweltbundesamt abgefragt werden.

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Land useNew EEA-Monitoring NetworkNew EU-Nitrate Monitoring Network (Agriculture)Germany (2012)*
Number of sitesPercentageNumber of sitesPercent
Forest34929,8030,2
Settlements11810,1013,5
Grassland13511,513513,8
Arable land57048,657037,7
Others4,8
Sum:1172100705100
* According to the latest data (2012) reported by the German „Federal Statistical Office“



 

 

top agrar: In welcher Tiefe unter Grund sowie in welchem Abstand zur Oberkante des jeweiligen Grundwasserkörpers liegen die Messstellen im EUA-Netzwerk jeweils?

Wie hängt die Nitratkonzentration im Grundwasser von diesen beiden Parametern ab? Können Sie uns diese Daten zur Verfügung stellen?

Wenn nein: Wieso erhebt die Bundesregierung – anders als andere EU-Mitgliedsstaaten – diese Daten nicht?

 

BMUB: Wie oben ausgeführt, liegen die Messstellen im neuen erweiterten EUA-Messnetz im oberflächennahen Grundwasserleiter ausgebaut sein. Die genauen Tiefenangaben liegen dem BMUB nicht vor, können aber bei den jeweiligen Landesumweltministerien und auch beim Umweltbundesamt erfragt werden. Der Kommission werden mit dem Nitratbericht die Filtertiefen/Probenahmetiefen des EU-Nitratmessnetzes nach einem bestimmten vom EU-Berichtsleitfaden vorgegebenen Klassifizierungsschema übermittelt.

 

Die Verortung der Messstelle im oberflächennahen Grundwasser wurde gewählt, um die Nitratausträge aus der Landnutzung mit dem mit den Messstellen erfassten Grundwasser abbilden zu können. Nährstoffe wie Nitrat oder Phosphat gelangen, soweit sie nicht von der Pflanze aufgenommen werden, in den Untergrund und werden dort mit dem Sickerwasser weiter nach unten verfrachtet. Dabei finden in gewissem Umfang Abbauprozesse statt, die aber begrenzt sind. Ist das Nitratabbaupotenzial einmal erschöpft, brechen die Belastungen mit dem Sickerwasser bis zum Grundwasser durch. Der obere Grundwasserleiter ist bei sorptionsschwachen Böden und bei geringen Grundwasserflurabständen daher vielfach nitratbelastet. Auch unter bindigen Böden sind bei sehr hohen Nährstoffemissionen Nitratbelastungen in der Größenordnung von mehreren hundert Milligramm mittlerweile beobachtbar (z.B. in rheinischen Gemüseanbauregionen). Nähere Informationen liegen ebenfalls den zuständigen Länderbehörden vor.

 

 

top agrar: Am 3. Januar 2017 veröffentlichte das Bundesumweltministerium eine Pressemitteilung zum Nitratbericht. Einleitend ist erwähnt: "Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen Nitratberichts, der vorwiegend Messdaten aus landwirtschaftlich genutzten Flächen erfasst." Einige Sätze später ist aufgeführt: "Fast ein Drittel der Messstellen für die Grundwasserqualität wiesen zwischen 2012 bis 2014 zu hohe Nitratwerte auf." Ist damit nach Ansicht der Bundesregierung ausreichen gekennzeichnet, dass die Messergebnisse aus dem Teilmessnetz Landwirtschaft nicht den Zustand aller deutschen Grundwasserkörper widerspiegeln?

Ist die Aufrundung der Zahl 28 % auf "fast ein Drittel" legitim?

 

BMUB: Die in der Pressemeldung aufgeführten Zahlen sind legitim. Das EU-Nitratmessnetz bezieht sich vorwiegend auf Ackerland und Grünland. Im Nitratbericht, auf den Bezug genommen wurde, ist dies ausführlich dargestellt. Die BMUB Pressemeldung benennt den Anteil der insoweit belasteten Messstellen mit 28 %

 

top agrar: Wie leitet Bundesumweltministerin Barbara Hendricks aus dem Nitratbericht ab, dass der effiziente Einsatz von Stickstoffdüngern Nitrateinträge in Grundwasserkörper verringern könnte? Nach unserer Berechnung ergibt sich keine Korrelation zwischen Stickstoffüberschuss pro Hektar und Nitratbelastung der darunterliegenden Grundwasserkörper.

 

BMUB: Eine eindeutige Korrelation zwischen Stickstoffüberschuss und Nitratbelastung des Grundwasserkörpers ergibt sich, wenn zuvor kein oder eine nur unzureichende Denitrifikation stattfindet, und dann das nicht von den Pflanzen aufgenommene Nitrat mit dem Sickerwasser in den Untergrund verfrachtet wird.

 

Die natürlich Nitratkonzentration der Grundwasserkörper liegt erheblich unter 25 mg/L Nitrat. Steigen die Konzentrationen über 25 mg/L an, ist von anthropogenen Einflüssen auszugehen. Die größten Nährstoffeinträge stammen aus Abwässern aus Siedlungsbereichen und aus der Landwirtschaft.

Wenn im Einzugsgebiet einer Messstelle keine oder kaum Einträge aus dem Siedlungsbereich erfolgen (z.B. keine Siedlung, keine Kleinkläranlagen, keine undichten Kanäle), lässt sich eine erhöhte Nitratbelastung in aller Regel auf landwirtschaftlichen Quellen zurückführen. Je höher also der Überschuss an Nitrat und je schlechter die hydrogeologischen Bedingungen, desto stärker führt ein hoher Überschuss bei der Düngung zwangsläufig zu Belastungen im Grundwasser. Hierbei ist auch die Endlichkeit des Denitrifikationspotentials im Grundwasser zu berücksichtigen.

 

Zudem ließ uns das BMUB folgende Vorabbemerkung zum „alten“ Belastungsmessnetz zukommen:

 

BMUB: Das Ziel der Richtlinie 91/676/EWG (Nitratrichtlinie) ist es, die Gewässerverunreinigung durch die Stickstoffeinträge aus landwirtschaftlichen Quellen zu verringern und vorsorglich zu vermeiden. Dazu haben die Länder Aktionsprogramme erstellt - in Deutschland erfolgt die Umsetzung maßgeblich durch die Vorschriften der Düngeverordnung. Nach Artikel 5 Absatz 6 der Richtlinie sorgen die Mitgliedstaaten für die Aufstellung und Durchführung geeigneter Überwachungsprogramme.

Diese dienen dazu, die Wirksamkeit der Aktionsprogramme zu überprüfen.

 

Folglich haben die Bundesländer, die für die Gewässerüberwachung zuständig sind, in Absprache mit dem Bundesumweltministerium, dem Bundeslandwirtschaftsministerium sowie den betroffenen Berufsverbänden, für die erste Berichterstattung nach Artikel 10 der Nitratrichtlinie im Jahre 1996 ein Belastungsmessnetz für das Grundwasser eingerichtet, um die Fortschritte bei der Verringerung der Gewässerbelastung zu erfassen. Es bestand ursprünglich aus 186 Messstellen und war von Anfang als Belastungsnetz gedacht, bildet es doch im Wesentlichen den Nitrateintrag auf hoch belasteten landwirtschaftlichen Nutzflächen ab.

 

Dieses Messnetz dient also ausschließlich dazu, den Grad der Nitratverunreinigung der Gewässer aus landwirtschaftlichen Quellen festzustellen und den Fortschritt der EU-Nitratrichtlinie für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu dokumentieren. Wir bezeichnen es daher auch als EU-Nitratmessnetz.

Das Belastungsmessnetz ist nicht dazu da, eine repräsentative Aussage über die landwirtschaftlich bedingte Nitratbelastung in ganz Deutschland zu treffen. Es dient dazu die Wirksamkeit der Düngeverordnung zu überprüfen. Die Auswahl dieser Belastungsmessstellen entsprach den Anforderungen der Nitratrichtlinie und stellt, anders als in der Anfrage vermutet, keinen Fehler dar.

 

Zur Darstellung der Gesamtbelastung durch Nitrat dient dagegen das EUA-Messnetz, der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen (kurz EUA). Eine Karte der Nitratgehalte im EUA-Messnetz sowie die entsprechenden Daten wurden und werden der Kommission bereits seit 2008 übermittelt. Sie werden in den Nitratberichten des BMUB veröffentlicht.

 

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