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Bio-Rinder: Ein Allgäuer rockt die Preise

Lesezeit: 5 Minuten

Das Lebensmittelunternehmen Feneberg sucht jährlich 1 000 Bio-Rinder süddeutscher Herkunft. Es bietet Spitzenpreise und eine dreijährige Abnahmegarantie.


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Bio-Rinder mästen war in den vergangenen Jahren oft ein Trauerspiel. Hohe Kosten für Flächen und Futter und am Ende nur maue Bio-Zuschläge fürs Schlachtvieh. Wer nicht direkt vermarkten konnte, musste häufig noch Geld drauflegen. Viele Betriebe reduzierten die Bestände oder stiegen gleich ganz aus.


Jetzt gibt es in Süddeutschland neue Perspektiven: Das Allgäuer Lebensmittelunternehmen Feneberg mit Sitz in Kempten hat im Frühsommer eine Offensive für Bio-Rinder gestartet, die Signalwirkung für ganz Süddeutschland hat.


Das Handelsunternehmen mit eigener Fleischverarbeitung sucht jährlich 1 000 Bio-Ochsen und -Färsen und bietet dafür weit überdurchschnittliche Preise. Für Tiere der Handelsklasse R 2 und R 3 zahlt es Nettopreise von 4,50 €/kg Schlachtgewicht (SG). EntsprechendeU-Qualitäten kosten 4,60 €/kg SG (siehe Übersicht). Das sind satte 30 bis 40 Cent mehr als der normale Bio-Zuschlag und verbessert den Deckungsbeitrag um 100 bis 150 € pro erzeugtem Tier.


Der Lebensmittel-Spezialist aus dem Allgäu vermarktet das Bio-Rindfleisch vor allem an Bio-Großhändler und Öko-Supermarktketten. „Dafür brauchen wir große Mengen mit guten Qualitäten“, erläutert Hubert Klöpf, Vieheinkäufer der Feneberg-Metzgerei.


Weiteres Kriterium ist die regionale Herkunft. Um nicht austauschbar zu sein, müssen die Tiere laut Abnahmevertrag in Bayern oder Baden-Württemberg geboren und aufgezogen sein. Das erschwert die Erfassung enorm. Denn die Fleischrinderhaltung ist in Süddeutschland extrem kleinstrukturiert. Die meisten Betriebe wirtschaften im Nebenerwerb.


Preis soll Kosten decken.

Um sich bei dem rückläufigen und zersplitterten Angebot diese Mengen zu sichern, muss Feneberg attraktive Konditionen bieten.


Für die Preisfindung wählte das Unternehmen einen ungewöhnlichen Weg. Es orientiert sich nicht am Marktpreis, sondern an den Erzeugungskosten von Bio-Rindfleisch. „Nur wenn die Betriebe ihre Kosten decken und die eingebrachte Arbeit angemessen verwerten können, werden sie auch weiter Rindfleisch erzeugen“, so Berater Ernst Wirthensohn, der das Projekt angestoßen hat.


Zusammen mit Beratern von Bio-Verbänden und Landwirtschaftsämtern kalkulierte Wirthensohn, wie hoch der Erzeugerpreis unter süddeutschen Praxisbedingungen sein muss, um die Kosten für die Erzeugung einer Mastfärse oder eines Mastochsen zu decken. Die Experten unterstellten eine Arbeitszeitverwertung von 15 €/Stunde und eine kostengünstige Umbaulösung. Ergebnis dieser Rechnung war, dass für Ochsen und Färsen ein Preis von 4,50 € pro kg SG notwendig ist.


Im Gegenzug müssen die Lieferbetriebe Mitglied bei einem anerkannten Bio-Verband sein und ihre Tiere vorwiegend mit betriebseigenem Futter versorgen. Der Zukauf von Futter ist vorab mit dem Abnehmer abzustimmen. Zudem müssen die Tiere mindestens 100 Lebenstage auf der Weide gestanden haben.


Die gelieferten Tiere sollten Schlachtgewichte von 300 bis 400 kg und Fettstufe 2 oder 3 erreichen. Extrem magere Rinder (Fettstufe 1) fallen aus dem Programm und werden wie konventionelle Schlachtkü­he zuzüglich eines Bio-Zuschlages von 40 Ct/kg SG vergütet. Diese Tiere eignen sich nur noch für die Verarbeitung. Für sehr fette Tiere (Fettstufe 4) sieht die Preismaske deutliche Abschläge vor. Feneberg bevorzugt Kreuzungstiere mit Limousin oder Blonde d‘Aquitaine. Zugelassen sind bislang aber alle Fleisch- und Zweinutzungsrassen. Schließlich verpflichten sich die Rinderhalter, die von ihnen angegebene Anzahl von Tieren während der Vertragslaufzeit von drei Jahren auch tatsächlich zu liefern.


Angesichts der interessanten Konditionen stößt das Programm auf reges Interesse. „Wir haben bereits 35 Betriebe unter Vertrag, die durchschnittlich 15 Tiere pro Jahr liefern“, zieht Hubert Klöpf, Vieheinkäufer bei Feneberg, vorläufig Bilanz. Damit hätten die Allgäuer schon die Hälfte ihrer Zielmenge erreicht.


Weil Klöpf im Allgäu und im angrenzenden Oberbayern nicht genügend Bio-Rinder auftreiben kann, erfasst er auch in den ostbayerischen Mittelgebirgen. Dort ist die Mutterkuhhaltung aufgrund des rauen Klimas und der ungünstigen Topografie weit verbreitet.


Geschickte Zusammenarbeit:

Dabei nutzt Feneberg vorhandene Strukturen und arbeitet geschickt mit bestehenden Organisationen zusammen. Zudem erhielt das Vermarktungsprojekt finanzielle Unterstützung durch das bayerische Landwirtschaftsministerium.


Das Unternehmen aus dem Allgäu kooperiert mit dem Verein der Mutterkuhhalter im Bayerischen Wald, dem 130 Betriebe angehören. Viele davon vermarkten einen Teil ihrer Rinder direkt, können die übrigen Tiere aber nicht immer zu kostendeckenden Preisen ver-kaufen.


Um auch diese Tiere lukrativer zu vermarkten, haben viele im Verein organisierten Bio-Betriebe einen Liefervertrag mit Feneberg abgeschlossen. „Der Preis ist viel besser als der bisherige Zuschlag von 20 bis 30 Ct/kg auf den konventionellen Preis“, so Vereinsvorsitzender Konrad Mühlbauer. Nun wollen auch 50 % der konventionell wirtschaftenden Mitglieder auf „Öko“ umstellen, um am Programm teilnehmen zu können.


Der Verein der Mutterkuhhalter koordiniert auch die Erfassung der Feneberg-Rinder in Ostbayern. Die Fäden dafür laufen bei Mutterkuhhalterin Gertraud Stangl zusammen. Sie legt die wöchentlichen Schlachtmengen fest und organisiert den Transport der Tiere zu den Vertrags-Schlachthöfen in Pfarrkirchen und Zwiesel.


Feneberg hat auch die Anbau-Verbände wie Bioland, Naturland und Biokreis sowie die Offizialberatung frühzeitig eingebunden. Sepp Brunnbauer, Geschäftsführer von Biokreis, betrachtet das Feneberg-Programm als gute Ergänzung zu den vorhandenen Absatzpartnern. „Die meisten unserer Betriebe werden ihre Direktvermarktung beibehalten und gute Verarbeiter vor Ort weiter bedienen“, ist Brunnbauer überzeugt.


Ewald Pieringer, Erzeugerberater bei Naturland, empfiehlt seinen Betrieben, am Programm teilzunehmen. „Das Angebot von Feneberg ist ein Motivationsschub für unsere Rinderhalter, weil ihre Tiere wieder gefragt sind“, freut sich Pieringer. Auch in der langjährigen Lieferverpflichtung sieht er kein allzu großes Risiko. „Für den Fall, dass die Futterkosten stark steigen, können wir mit Feneberg über den Preis verhandeln“, verweist der Berater auf entsprechende Zusagen des Abnehmers.


Weitere Betriebe gesucht:

Feneberg hat sein Vermarktungspotenzial längst noch nicht ausgeschöpft. Einkäufer Hubert Klöpf: „Das Angebot an Bio-Rindern bleibt knapp und wir suchen weitere Betriebe im süddeutschen Raum, die zu uns passen.“


Klaus Dorsch

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