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Soja: Bringt Argentinien Ruhe in den Markt?

Lesezeit: 6 Minuten

Die aktuelle argentinische Sojaernte könnte zum Zünglein an der Waage werden. Über Mengen, Preise, Wetter und bauernfeindliche Politik berichtet Carolina Aráoz, Buenos Aires.


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Immerhin: Für deutsche Viehhalter hat sich Sojaschrot spürbar vergünstigt. Das liegt auch an der weltweiten Nr. 3 auf dem Sojamarkt: Argentinien.


In Südamerika läuft die Ernte der Bohnen derzeit auf Hochtouren, sodass „Wasserstandsmeldungen“ zu Mengen und Qualitäten jeden Tag aussagekräftiger werden. Das Dürrejahr 2012 scheint zwar überwunden. Ein spürbares Plus bei der Erntemenge gegenüber früheren, „normalen“ Jahren werden die Farmer aber wohl dennoch nicht schaffen. Im Gegenteil: Gegenüber früherer Schätzungen zeichnen sich etwa 10 % weniger Sojabohnen ab als noch vor einigen Monaten für möglich gehalten wurden. Woran liegt das?


Erst viel, dann gar kein Regen!

Im südamerikanischen Frühling (September/Oktober) 2012 sprach einiges für einen steigenden Sojaanbau und höhere Erträge, was die weltweit knappe Versorgung wohl etwas entspannt hätte.


Das Wetterphänomen „El Niño“ verhieß zudem für die wichtigsten Anbaugebiete in Argentinien und Brasilien ausreichenden Regen während der Startphase der Bohnen. Der kam dann auch so reichlich, dass viele Farmer die Bohnen erst im November säen konnten.


Als Ende Dezember die Sommer­trockenheit begann, fiel diese genau in die kritische Ertragsbildung der Bohnen. Einige Regionen blieben 60 Tage „trocken“, und zwar ausgerechnet in der wichtigsten Wachstumsphase der Bohnen. Die Niederschläge ab Mitte Februar kamen dann zu spät, um die entstandenen Trockenschäden auszugleichen. Betroffen war in Argentinien die sogenannte Kernzone des Ackerbaus, die sich über den Süden der Provinz Santa Fe und den Ostteil von Córdoba erstreckt (siehe Karte). Zusammen mit den angrenzenden Regionen (West Buenos Aires, Córdoba) finden dort rund 60 % der argentinischen Mais- und Sojaerzeugung statt.


Aktuelle Ernteschätzungen der Getreidebörse von Buenos Aires gehen für 2013 von etwa 50 Mio. t Sojabohnen aus. Zwar ist das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) noch etwas optimistischer und erwartet 53 Mio. t Bohnen. Ursprünglich waren noch 55 Mio. t erwartet worden. Gegenüber der Vorjahresernte, die ja nach der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren mit nur 40 Mio. t Bohnen katastrophal niedrig ausfiel, wäre das zwar ein deutliches Plus.


Ähnlich sieht es übrigens beim Mais aus: In ersten Schätzungen zum Start der Kampagne gingen Beobachter noch von einer Ernte in Höhe von rund 30 Mio. t aus. Die jüngsten Berechnungen des USDA ergeben inzwischen nur noch rund 27 Mio. t Mais. Das wären nur etwa 2 Mio. t mehr als im Vorjahr 2012.


Die Ursachen für die stagnierende Getreide- und Ölsaatenproduktion liegen nach Meinung von Ernesto Ambrosetti, Volkswirt der „Sociedad Rural Argentina“, dem ältesten argentinischen Bauernverband, aber nicht nur beim Wetter, sondern auch in der landwirtschafts­feindlichen Politik des Landes. „Die Getreideproduktion stagniert seit Jahren bei etwa 100 Mio. t“, erklärt er. Das Wachstum fehle, weil die argentinische Regierung jeden Anreiz hemme oder gleich ganz zunichtemache.


Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr!

Tatsächlich setzt die Regierung unter Cristina Fernandez de Kirchner die Konkurrenzfähigkeit der argentinischen Landwirtschaft stärker unter Druck als es das Wetter tut. Mehrere Punkte der Wirtschaftspolitik bremsen die Landwirte und den Handel regelrecht aus:


  • Obwohl (oder gerade weil) der argentinische Agrarsektor vom Export lebt, greift die Regierung massiv in den Außenhandel ein und schöpft Erlöse ab. Bei der Ausfuhr von Sojabohnen fallen 35 % Exportsteuer an! Für Mais, Weizen und Sonnenblumen gelten ähnliche Zölle.
  • Dessen nicht genug behält sich die Regierung vor, Ausfuhrquoten zu verhängen. Bei Weizen und Mais hat Buenos Aires kürzlich die Exporte gestoppt, um die Inlandsversorgung zu sichern und einen Anstieg der Preise zu verhindern.
  • 2012 sind die Lohnkosten für Landarbeiter um 25 % und die Transportkosten sogar um 25 bis 30 % gestiegen. Das traf die Produzenten direkt und drückte die Rentabilität des Ackerbaus spürbar.
  • Argentinien leidet seit Jahren unter starker Inflation. 2012 hatte das Land die höchste Teuerungsrate in Südamerika. Für 2013 hält man einen weiteren Anstieg auf bis zu 30 % für möglich.
  • Der Wechselkurs des Pesos ist fest an den US-Dollar gekoppelt. Längst gibt es einen Schwarzmarkt, dessen Währung „Dolar Blue“ sogar so öffentlich gehandelt wird, dass der Wechselkurs schon täglich im Internet abrufbar ist.


Letzteres trifft die Landwirte, die ihre Produkte auf dem Weltmarkt verkaufen, direkt: Während der offizielle Kurs des US-Dollars bei 5 Pesos liegt, kostet er auf dem Schwarzmarkt schon 8 Pesos. Das Schlimme: Durch die Besteuerung kommen von jedem Exportdollar aus dem Sojageschäft derzeit statt der 5 Pesos nur magere 3,50 Pesos beim Landwirt an. „Obwohl wir einen günstigeren Wechselkurs haben als Brasilien, können die Landwirte dort für eine Tonne Soja­bohnen zum Beispiel 84 % mehr Diesel einkaufen als wir“, verdeutlicht Nestor Roulet von der Erzeugerorganisation „Cartez“ (Region Santa Fe) das Ausmaß der politisch bedingten Verzerrungen.


„Die Politik ist der Hauptgrund, warum die Landwirte in der laufenden Saison so wenig Weizen gesät haben wie seit 100 Jahren nicht“, erklärt auch Ambrosetti. Folge: Die diesjährige Weizenernte von nur 9,5 Mio. t reicht nicht einmal für die Nachfrage Brasiliens aus. „Die Exportsteuer muss fallen“, fordert Ambrosetti daher mit Nachdruck. Die Getreideernte könne bis zu 20 % größer ausfallen als sie es 2013 tatsächlich werde, begründet er seine Forderung.


Die Stimmung unter den Landwirten sei inzwischen so angespannt, dass man im ganzen Land Erzeugerversammlungen abhalte, auf denen mögliche Proteste gegen die Regierung beraten würden.


Fallen die Soja-Preise weiter?

Die Stimmung könnte sich in den kommenden Monaten noch weiter verschlechtern, da nicht sicher ist, ob die Erzeu­gerpreise ihr derzeitiges Niveau halten können: Für Ricardo Baccarin, dem Vizepräsidenten des Handelskonzerns Pan­agrícola S.A. könnten vor allem die Sojabohnenpreise unter weiteren Druck geraten: „Die kommenden Monate sind entscheidend. Wenn die argentinische Ernte mit einem „blauen Auge“ eingebracht werden kann und die brasilianischen Bohnen tatsächlich so viel bringen wie erwartet, wird es schwierig, die momentanen Preise zu halten“, meint er.


Entscheidend sei aber vor allem die nächste Aussaat in den USA. Dort werde bereits eine neue Rekordernte in Höhe von 92 Mio. t Bohnen prognostiziert. Noch kosteten die Bohnen an der Börse in Chicago rund 540 US-Dollar/t. Aber einige Beobachter warnten schon vor einem Preisrutsch um weitere 100 US-Dollar/t, so Baccarin. Für die argentinischen Anbauer wäre das nach der Missernte 2012 ein erneuter Schlag „ins Kontor“. Für ihre europäischen Berufskollegen würde es allerdings niedrigere Futterkosten zur Folge haben.C. Araóz

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