Eine Stellungnahme von Klaus Kocks, freier Kommunikationsberater und ehemaliges Mitglied des Vorstandes von Volkswagen:

Wenn es um Öffentlichkeitsarbeit geht, dann schlägt in der Landwirtschaft die Stunde der Laien. Niemand würde auf die Idee kommen, eine Gasleitung oder einen Stromanschluss von einem Spargelstecher richten lassen. Die Öffentlichkeitsarbeit für die Bauern machen aber vor allem bürokratiebewehrte Verwaltungsexperten, also kommunikative Erntehelfer, die mangelnde Sachkenntnis durch guten Willen ersetzen. Notwendig sind aber PR-Profis! Warum? Weil zwischen einer erfolgreichen und einer weniger erfolgreichen PR-Arbeit nur ein schmaler Grat liegt.



Man kann nicht gleichzeitig nach rechts und nach links abbiegen. Man kann den Kuchen nicht aufessen und doch behalten. Man kann sich nicht waschen und doch trocken bleiben. So mag ein Landwirt denken, der mit beiden Beinen im Leben steht. Der grün-gestimmte Verbraucher ist anders. Er und sein ökologischer Zeitgeist stehen mit beiden Beinen fest im Himmel. Der Verbraucher will träumen, wehe dem, der ihn weckt.



Die Bio-Seele im Supermarkt will Eier von freilaufenden Hühnern aus einem putzigen Hinterhof, aber in immer gleicher Qualität, von unbegrenzter Haltbarkeit und zu lächerlich niedrigen Preisen. Sagen wir es klar: Der Verbraucher hat eine gespaltene Seele; er ist schizophren. Er will in Preis und Qualität die Produkte aus modernstem Ackerbau und Viehzucht. Er will zugleich aber die Illusion einer vermodernden Idylle, Heidiland. Nimmt man ihm seine Träume, wird er bissig.



Deshalb sind alle Transparenzoffensien gefährlich. Niemand, der nach Hausmacherblutwurst fragt, möchte persönlich dabei sein, wenn die Sau abgestochen wird und das Blut im Eimer rühren.



Das Image der Bauern ist nur dann zu verbessern, wenn man den Verbraucher sehr vorsichtig an die Hand nimmt. Man muss ihm seine Träume lassen und doch die Augen so weit öffnen, dass er politisch nicht jeden grünen Blödsinn mitmacht.



Das ist ein Job für Kommunikationsspezialisten. Werbung allein reicht nicht; man braucht kluge PR. Bisher hat sich die Agrarlobby nur sehr zaghaft dieser Erkenntnis geöffnet. 5 % des Umsatzes gehört in die Öffentlichkeitsarbeit! Und Öffentlichkeitsarbeit gehört in die Hand von professionellen PR-Agenturen. Ackerbau und Viehzucht kann ja auch nicht jeder Depp.

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top agrar-Rubrik "Der Blick von außen"

Dieser Text stammt aus der Rubrik "Der Blick von außen", die jeden Monat in der top agrar-Heftausgabe erscheint. Hier lassen wir Kritiker zu Wort kommen und stellen die Argumente anschließend zur Diskussion. Denn: Die Landwirtschaft muss sich der Kritik stellen, denn letztendlich geht es um die Akzeptanz unserer Landwirtschaft. Wir freuen uns auf Ihre sachlichen und fairen Kommentare. Zum Streitpunkt-Thema der letzten Ausgabe.