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Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung erfordert Strategien im Betrieb

Um den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ging es bei einer Tagung der Jungen DLG am 3. März 2015 in Lindau (Schweiz).

Lesezeit: 4 Minuten

Um den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ging es bei einer Tagung der Jungen DLG am 3. März 2015 in Lindau (Schweiz). Bei der Veranstaltung, die gemeinsam mit dem Strickhof, dem Kompetenzzentrum für Bildung und Dienstleistungen in der Land- und Ernährungswirtschaft, sowie mit Schülern der Höheren Fachschule ‚Agro-Techniker‘ im Rahmen des Fachs „Projektmanagement“ durchgeführt wurde, diskutierten 100 Landwirte, Studierende und Schüler über bestmögliche Strategien für landwirtschaftliche Tierhalter.


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Antibiotika können Leben retten, aber auch ernsthafte Probleme auslösen


Deutlich wurde, dass es keine Musterlösung für den richtigen Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung gibt. Andreas Moser, Biologe sowie Redaktionsleiter und Moderator der Sendung „Netz Natur“ beim schweizerischen Fernsehen, berichtete, dass Antibiotika erst vor 90 Jahren entdeckt wurden. Heute können diese Medikamente Leben retten, aber auch zu Problemen führen. Resistenzen sind allgegenwärtig. Eine Ausbreitung der resistenten Bakterienstämme wird laut Moser durch vier Schwerpunktbereiche unterstützt: Der hohe Einsatz von Antibiotika in Krankenhäusern sowie zum Teil schlechte hygienische Bedingungen können zu einer erhöhten Population resistenter Keime führen. Eine Verbreitung wird auch durch die Heimtiermedizin und bei Hausärzten beobachtet. Nach einem „try and error“-Prinzip wird eine Krankheit bekämpft und die mögliche Bedrohung durch hervorgerufene Resistenzen zu wenig beachtet. Auch die Intensivierung der Tierhaltung kann Moser zu Folge zu einer Verschlechterung der Lage beitragen. Durch die vorbeugende Behandlung zum Beispiel als Futterzusatz (62 % der verabreichten Antibiotika in der Schweiz) können Resistenzen verstärkt werden. Die resistenten Bakterien können von einem Tier zum nächsten übertragen und mit dem Hofdünger in die Umwelt gelangen, was dann auch für den Menschen ein Gefahrenpotenzial darstellt. Um dieses Gefahrenpotenzial zu verringern, hält Moser eine Reduktion des Antibiotika-Einsatzes generell für erforderlich.


Wenn nötig, dann schnell und stark behandeln


Ein Antibiotikaverbot ist für Prof. Dr. Michael Hässig, Leiter der Abteilung Ambulanz und Bestandsmedizin der Universität Zürich, eine ethische Grundsatzfrage, denn Antibiotika hat einen großen Vorteil – bei akuten Erkrankungen kann geholfen werden. Sein Leitsatz zu diesem Thema ist „Frappé forte et frappé vite“. Ein bisschen Antibiotikum wirkt nicht, also wenn behandelt wird, dann über die volle Dauer und mit der vollen Dosis. Ohne Antibiotika ist laut Hässig die heutige Kälbermast nicht möglich. Durch verschiedene Lösungsansätze können die Anwendung aber minimiert und die Resistenzbildung vermieden werden. So sollte die Kälbermast auf jedem Fall im Herkunftshof erfolgen. Auch schlägt er vor, das Antibiotikum alle zehn Jahre zu wechseln, um Resistenzen vorzubeugen. Das „try and error“-Prinzip hält er grundsätzlich für falsch, da es insgesamt höhere Kosten verursacht. Vielmehr plädiert er für den zwar teuren Resistenztest, bei dem aber das passende Antibiotikum bestimmt werden kann und somit eine Behandlung zielgerichteter erfolgt – was Resistenzen und Kosten senkt.


Strategie statt Gejammer – Landwirte reagieren


Ein Verbot von Antibiotika würde nicht nur gegen das Tierwohl und eine gute Tiergesundheit sprechen, sondern auch gegen die Ethik eines Landwirtes, darüber waren sich die Teilnehmer in der Diskussion einig. Eine Reduktion halten sie aber für unumgänglich. Martin Emmenegger, Junglandwirt aus dem Kanton Aargau, setzt dies bereits in seinem Schweinebetrieb um. Impfungen und einen kurativen Einsatz von Antibiotika hält er für seinen Betrieb mit einem geschlossenen System für ausreichend. Martin Ott, Landwirt und Präsident des Forschungsinstituts für Biologischen Anbau (FiBL), geht einen Schritt weiter. Er ist für die Prophylaxe im Hinblick auf Tiergesundheit, was aber nicht unbedingt mit einer Antibiotika-Gabe verbunden sein muss. „Wir brauchen Strategien, statt Gejammer“ meinte Ott. Seine Strategie besteht darin, den Tierarzt als Berater zu nutzen, diesen jeden Monat mindestens zwei Stunden im Betrieb zu halten, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, Vertrauen aufzubauen und eine Einheit zu bilden. So kann schnell reagiert werden – und vier Augen sehen mehr als zwei. Er sieht den Antibiotikaeinsatz als sinnvolle Notfallmedizin an, denn „im Ernstfall kann ich mein Tier behandeln, und diese Gewissheit beruhigt“.

 

Die Erweiterung der Aufgaben des Tierarztes um die Beratung sieht auch Prof. Gertraud Schüpach, Leiterin des Instituts Veterinary Public Health und Tierschutz der Universität Bern, als zielführend an. „Bisher lebt ein Tierarzt zu 30 bis 40 Prozent vom Medikamentenverkauf“, betont Schüpach. Durch die zusätzliche Beraterfunktion könnte das Einkommen eines Tierarztes von der Schulung und Information abhängig sein und nicht mehr nur von der Verabreichung von Antibiotika in großen Mengen. Diese Beratungstätigkeit muss sich dann aber auch für den Landwirt lohnen, was sich durch bessere Bestandsleistungen, weniger Verluste und geringeren Medikamenteneinsatz zeigen kann.

 

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