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Experten streiten über Ausnahmen beim Mindestlohn

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat bestätigt, mit der Union für den geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro zusätzliche Ausnahmen vereinbart zu haben. "Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner sind erfolgreich beendet", sagte die SPD-Politikerin. Das sehen viele aber anders. Hier einige Stimmen aus der Anhörung.

Lesezeit: 4 Minuten

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat bestätigt, mit der Union für den geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro zusätzliche Ausnahmen vereinbart zu haben. "Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner sind erfolgreich beendet", sagte die SPD-Politikerin.


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Konkret nannte Nahles die Regelungen für Erntehelfer als "in der Regel kurzzeitig Beschäftigte". Die durch den Mindestlohn insgesamt zu erwartenden Lohnerhöhungen bezifferte Nahles mit etwa 10 Mrd. Euro.


Laut dem Nachrichtensender n-tv soll bei Saisonarbeitern der Arbeitgeber Kosten für Unterkunft und Verpflegung auf den Mindestlohn anrechnen können. Zudem soll laut "Passauer Neue Presse" die Grenze für eine sozialabgabenfreie Beschäftigung von 50 auf 70 Tage angehoben werden. Für Zeitungsausträger soll es eine zweijährige Übergangszeit geben, bis 2017 der volle Mindestlohn gilt. Praktikanten sollen für drei Monate statt für sechs Wochen vom Mindestlohn ausgenommen sein.


"Ich kann mir auch freiwillige Praktika im Rahmen von bis zu drei Monaten vorstellen", bestätigte Nahles in der "Rhein-Zeitung". Allerdings solle dies nur für Praktika vor dem Abschluss von Studium oder Berufsausbildung gelten.


Gewerkschaftsbund für einheitlichen Mindestlohn


Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte unterdessen, er habe sich immer deutlich gegen Ausnahmen beim Mindestlohn ausgesprochen. Daher sei es "völlig inakzeptabel, dass es für die Arbeit von Erntehelfern und Zeitungszustellern Sonderregelungen gibt und insbesondere die Zusteller schlechter bezahlt werden". Damit werde gerade Beschäftigten mit besonders schweren Arbeitsbedingungen noch mehr zugemutet.


"Wenn man zu viele Sonderregelungen zulässt, wird man Widersprüche produzieren, Ausweichverhalten fördern und am Ende Unzufriedenheit ernten", sagte BA-Präsident Weise der "Frankfurter Rundschau". Zwar habe er Verständnis für wirtschaftliche Bedenken von Branchen und Unternehmen; andererseits lebten aber erfolgreiche Geschäftsideen "von guten Leistungen und Produkten, die die Kunden überzeugen, nicht von niedrigen Löhnen". Bedenken wegen angeblich drohender Arbeitsplatzverluste im großen Stil habe er nicht.


Das Tarifpaket der Bundesregierung zur Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro ab 2015 sollte aus Sicht von Experten noch in einigen Punkten verändert werden. Das ist das Ergebnis einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagmittag. Dabei ging es unter anderem um die geplanten Ausnahmeregelungen, die Arbeit der Mindestlohnkommission oder die Kontrolle des Mindestlohns durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.


Stimmen aus der Anhörung


Reinhard Göhner von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bezeichnete die derzeit im Gesetzentwurf formulierten Aufgaben der Mindestlohnkommission als „die schlechtmöglichste Lösung“. Nötig sei vielmehr eine staatsferne Lösung, die sicherstellt, dass Tarifverträge nicht von Entscheidungen der Mindestlohnkommission verdrängt werden. Genau dies bewirke aber das Gesetz, weshalb es den Namen Tarifautonomiestärkungsgesetz auch nicht verdient habe, sagte Göhner.


Karl-Sebastian Schulte vom Zentralverband des Deutschen Handwerks kritisierte den Gesetzentwurf als „Schwächung der Tarifautonomie“, der gewachsene regionale Tarifstrukturen zerstöre. Die künftige Anpassung des Mindestlohns dürfe auf keinen Fall jährlich erfolgen, da Tarifverträge auch heute schon eine wesentlich längere Laufzeit hätten, so Schulten.


DBV: Mindestlohn ist eine Katastrophe


Bezüglich der in der Landwirtschaft tätigen Saisonarbeitskräfte äußerte sich Burkhard Möller vom Deutschen Bauernverband sehr eindeutig. „Ein Mindestlohn für die Sonderkulturbetriebe ist eine Katastrophe“, sagte er. Von den derzeit rund 300.000 Saisonarbeitskräften würde ein Großteil wegfallen, hinzu kämen noch Arbeitsplatzverluste in den vor- und nachgelagerten Bereichen, warnte Möller.


Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, forderte, man müsse den Mut haben, „bei einzelnen Branchen genauer hinzusehen, um negative Beschäftigungseffekte zu vermeiden."


In seiner Stellungnahme schreibt Thüsing dazu, dass die Ausnahme nur für solche Arbeitskräfte bestehen sollte, die nicht mehr als 90 Tage im Jahr der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Auf diese Weise würde sichergestellt, dass die Ausnahme nur dort greift, wo der Mindestlohn tatsächlich nicht zur einer Entlastung der Sozialkassen führen und damit sein Ziel nicht erreichen würde.



Joachim Möller, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, vertritt dagegen die Meinung, dass wir ein transparentes System mit möglichst wenig Ausnahmen brauchen. "Vor allem sollte es keine branchenspezifischen Ausnahmen geben.“ Denn differenzierte Mindestlöhne eröffnen zusätzliche Schlupflöcher, um diese zu umgehen, warnte er. Gleichwohl gebe es jedoch Bereiche, in denen Ausnahmeregelungen sinnvoll sein können, wie zum Beispiel für Jugendliche. Hier hätte man die Altersgrenze auch auf 21 Jahre festlegen können, so Möller.



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