Den Bauern in Niedersachsen reicht es langsam: Tausende Gänse fallen jedes Jahr über das Dauergrünland und die frisch bestellten Äcker ein und viele von ihnen bleiben mittlerweile den ganzen Sommer über.
Andere Länder, die die gleichen Probleme haben, haben zusammen mit Dänemark und den Niederlanden eine Arbeitsgruppe gegründet, um Lösungen zu suchen. Nur Niedersachsen tut sich da noch schwer. Das Landvolk appelliert daher an Landwirtschaftsminister Christian Meyer, bei dem koordinierten Gänsemanagement mitzumachen.
„Zum Beispiel indem Vogelschutzgebiete attraktiver für Gänse und für die wirtschaftenden Landwirte werden“, schreibt Erich Hinrichs, Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland, in einem Brief an Umweltminister Stefan Wenzel. Im Moment sei das Vertrauen der Landwirte in das Land Niedersachsen als Vertragspartner jedoch erheblich geschädigt. Nicht zuletzt durch die Kündigung der alten Verträge. Dabei gebe es für den Ausgleich der Schäden, die die brütenden Graugänse anrichten, bislang noch keine Regelung. „Damit die Populationsentwicklung nicht völlig aus dem Ruder läuft, wird eine Intensivierung der Jagd unerlässlich sein“, schreibt Hinrichs und fordert eine Berücksichtigung bei der Neuregelung der Jagdzeiten auf Federwild.
Meyer besichtigt Fraßschäden
Minister Meyer machte sich nun am Dienstag auf dem Hof von Hero Schulte in St. Georgiwold selbst ein Bild. Schulte bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb mit rund 100 Tieren und 80 ha Grünland. 90 % seiner Flächen liegen im Vogelschutzgebiet. „Und 100 % werden von den Gänsen beschädigt“, machte er deutlich und führte den Minister auf eine Weide, auf der sich erst am Vormittag ein Schwarm Gänse den Bauch vollgeschlagen hatte. Das Gras ist hier kurzrasiert und steht dem Betrieb nicht mehr als Futter zur Verfügung.
„5.400 Euro bekomme ich vom Land, ich muss aber für 36.000 Euro Futter zukaufen“, machte Schulte deutlich. Das reiche hinten und vorne nicht, zitiert die Ostfriesen-Zeitung den Landwirt. „Mit den Bestimmungen zum Vogelschutz, Landschaftsschutz und dem Umbruchverbot betreibt die Politik eine Enteignung und Entwürdigung der Landwirte“, schimpfte er. In seinen Augen kann das Gänseproblem nur durch eine Ausdehnung der Jagdzeit vom 15. Januar bis zum 1. April gelöst werden. Außerdem müssten auch Tiere im Vogelschutzgebiet bejagt werden dürfen.
Der Vor-Ort-Termin hat bei Meyer dann offenbar bleibenden Eindruck hinterlassen. Nachdem er erst im Januar auf Einladung des BDM am „Gänsegipfel“ in Wirdum teilgenommen hatte, weckte er jetzt ein wenig Hoffnung bei den Landwirten. „Wo extreme Fraßschäden entstehen, muss über eine Ausweitung der Jagdzeiten diskutiert werden“, gestand Meyer ein. Man werde an Lösungen arbeiten. Wo die Gänse jedoch keine Schäden für die Landwirte verursachen, sollten sie stärker geschützt werden.