Die Landwirtschaft gerät zunehmend ins Visier der Öffentlichkeit. Mit Schlagworten wie „Massentierhaltung“, Antibiotikamissbrauch und Umweltverschmutzung werden unsere Landwirte an den Pranger gestellt. Doch darf die Erzeugung von Lebensmitteln zum Wahlkampfthema werden? Dazu kommentiert Hans Müller, Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbandes:
Die Grünen haben nach der Wahlniederlage die Agrarwende wieder als Wahlkampfthema entdeckt. Das passiert im Bewusstsein, mit den Schlagworten „Massentierhaltung“ und „Agrarindustrie“ in die Schlagzeilen zu kommen, die Unterstützung so mancher „Schutzorganisation“ und sogar landwirtschaftliche Splittergruppen zu erreichen.
Lebensmittelerzeugung und Ernährung sind natürlich sensible Themen für uns alle. Aber kann für unsere Mitbürger die Qualität und Sicherheit unserer Lebensmittel bei unseren gesetzlichen Standards und deren Überprüfung sowie den freiwilligen Qualitätssicherungssystemen ernsthaft Anlass für eine „Agrarwende“ sein? Die enorme Steigerung der Lebenserwartung in den letzten 20 Jahren und der Trend zu regionalen Erzeugnissen gerade aus Bayern sprechen doch eine deutlich andere Sprache.
Wenn die Grünen mehr als ein Wahlkampfthema damit formulieren wollen, müssen sie zuerst Fragen beantworten. Was wollen sie ganz konkret als „Massentierhaltung“ und „Agrarindustrie“ bekämpfen? Soll bewusst pauschaliert und demagogisiert werden? Und dürfen die grünen Agrarminister in den Bundesländern weiterhin jeder „sein Spiel“ spielen?
Was heißt neuerdings Freiheit und Liberalität bei den Grünen, wenn die politische Denke auf 100 Prozent staatliche Reglementierung ausgerichtet ist? Wo bleibt die Akzeptanz der Eigenverantwortung der qualifizierten Betriebsleiterfamilie und des Eigentums als unsere Wirtschaftsgrundlage?
Mit dieser Politik der Bürokratisierung werden gerade die kleineren und mittleren Strukturen, die die Grünen dem Munde nach schützen wollen, kaputt gemacht. Dagegen wehren wir uns genauso wie gegen die Verteufelung der Landwirtschaft.
Ich denke, es ist an der Zeit zu erkennen, was hinter dieser Politik steckt. CDU/CSU, SPD, Freie Wähler und alle seriösen gesellschaftlichen Gruppen müssen Farbe bekennen. Sie müssen einstehen für unsere innovative Landwirtschaft, damit die Kulturlandschaft und unsere Lebensmittel- und Energieerzeugung von bäuerlichen Familienstrukturen geprägt bleiben. Das sollen auch manch kritische Geister erkennen, die einseitigen Ideologien folgen oder sich in Einzelthemen verkämpfen.
Und zur Klarstellung: Dem Bayerischen Bauernverband geht es nicht um Beharren auf allem Bestehenden. Wir brauchen Korrekturen bei Fehlentwicklungen und eine Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft – aber sachlich, wissenschaftsbasiert und praxisorientiert. Gemeinsam daran zu arbeiten und nach außen zu tragen, ist nötiger denn je.