Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

News

Abschlussbericht des Arbeitskreises Tierwohl hat es in sich

Der Kompetenzkreis Tierwohl beim Bundesagrarministerium hat seinen Abschlussbericht vorgelegt. Er fordert einen Sachkundenachweis für Tierhalter, ein staatliches Tierwohllabel, eine nationale Nutztierstrategie, ein Verbot der Zucht auf Leistung, ein Prüfsystem für Ställe und ein Verbot nicht-kurativer Eingriffe.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Kompetenzkreis Tierwohl beim Bundeslandwirtschaftsministerium hat am Mittwoch seinen Abschlussbericht vorgelegt. Bundesagrarminister Christian Schmidt hatte den Kreis vor zwei Jahren unter dem Titel „Eine Frage der Haltung“ initiiert. Wichtige Forderungen aus dem Papier sind:


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

  • Einführung eines staatlichen Tierschutzlabels
  • verpflichtender Sachkundenachweis für Tierhalter
  • Nationale Nutztierstrategie
  • Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallhaltungssysteme
  • Beendigung nicht-kurativer Eingriffe inkl. Fristen
  • Abkehr von der Zucht auf Höchstleistungen


Bei der Übergabe sagte Schmidt heute, Deutschland müsse Vorreiter in Sachen Tierwohl werden. Dafür seien wettbewerbsfähige und praxistaugliche Lösungen notwendig. "Derzeit arbeitet mein Haus an der Einführung eines staatlichen Tierwohllabels, das ich Anfang 2017 vorstellen werde.“

 

Der Vorsitzende des Kompetenzkreises Tierwohl Gert Lindemann ergänzt: „Im Kompetenzkreis Tierwohl sind Experten aus Praxis, Wissenschaft, berufsständischen Organisationen, von Kirchen sowie von Tierschutz- und Verbraucherverbänden vertreten. Entsprechend kritisch haben wir über Tierschutzfragen – von der Zucht über die Haltung bis hin zu Verbrauchererwartungen – diskutiert. Ich bin sehr froh, dass wir selbst bei schwierigen Fragen zu einvernehmlichen Lösungsvorschlägen gekommen sind und die Mitglieder den vorliegenden Abschlussbericht einstimmig verabschiedet haben.“



DBV fordert umfassende Folgenabschätzung vor Veränderungen


Der Abschlussbericht enthält nach Ansicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zahlreiche Forderungen, für die noch keine praxistauglichen Lösungen zur Umsetzung verfügbar sind. Für die tierhaltenden Betriebe komme es grundsätzlich darauf an, umsetzbare und wirtschaftlich tragfähige Wege zur Weiterentwicklung zu finden.

 

Unerlässlich sei deshalb eine umfassende Folgenabschätzung, die auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der empfohlenen Veränderungen beurteile, forderte der DBV. Eine Weiterentwicklung der Tierhaltung könne zudem nur gelingen, wenn die Bau- und Umweltgesetzgebung dies auch zulasse.

 

Der vom Kompetenzkreis empfohlene Bund-Länder-Tierschutzplan könne aber ein wichtiger Schritt sein, die verschiedenen Projekte in Deutschland zielführend und effizient zu bündeln sowie schneller praktikable Lösungen zu finden, erklärte der DBV. Eng damit verbunden sei die zeitnahe Entwicklung einer nationalen Nutztier-Strategie. Diese sollte zur Orientierung dienen, nicht begrenzt auf die laufende Legislaturperiode des Bundestages, sondern zeitlich darüber hinaus. Eine solche mittel- und langfristige Strategie sei geboten, um die aktuelle Verunsicherung der Tierhalter zu beenden. Die tierhaltenden Betriebe würden dadurch wieder dringend benötigte Sicherheiten für zukünftige Investitionen erhalten, betonte der DBV.


Tierschutzbund: Zeit des Redens ist vorbei


Der Deutsche Tierschutzbund sieht in dem Bericht einiges Positives, vermisst aber Konkretisierungen.

„Minister Schmidt hat beim Start der Initiative vor zwei Jahren versprochen, dass der Gesetzgeber handeln wird, wenn die von ihm geforderte verbindliche Freiwilligkeit der Tiernutzer den Tierschutz nicht verbessert und die Ergebnisse nicht ausreichen. Festzuhalten bleibt nach Vorlage des Berichts und den zwei Jahren Diskussionen, dass die freiwilligen Vereinbarungen dünn gesät sind. Es bleiben viele gesetzgeberische Lücken in der landwirtschaftlichen Tierhaltung“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes und Mitglied in dem vom Bundesminister berufenen Expertenkreis.

 

Positiv hervorzuheben ist u.a. für den Deutschen Tierschutzbund, dass der Kompetenzkreis ein staatliches Label als geeignetes Instrument befürwortet,  zudem eine nationale Nutztierstrategie fordert, um Transparenz und Planungssicherheit für Landwirte zu gewährleisten und dem gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierschutz im Stall Rechnung zu tragen. Zudem sei zu betonen, dass der Expertenkreis das geplante Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallhaltungssysteme begrüßt und die Beendigung nicht-kurativer Eingriffe fordert, verbunden mit konkreten Fristen. Im Bericht wird zudem eine Abkehr von der Zucht auf Höchstleistungen gefordert. Positiv sei auch die Forderung nach mehr Sachkunde in der landwirtschaftlichen Tierhaltung auf allen Ebenen.

 

Kritisch sieht der Tierschutzverband, dass der Bericht bei einzelnen Punkten zu wenig konkret ist und klare Zeitvorgaben fehlen. „Das Tierschutzgesetz war und ist grausam und lässt noch zu viel Tierqual zu. Zudem fehlen für viele Tiere sogar Haltungsverordnungen, ein haltloser Zustand. Den muss Schmidt beenden“, so Schröder.

 

Beispielhaft für gesetzlich sanktionierte Tierqual nennt er das unbetäubte Enthornen von Rindern sowie die betäubungslose Ferkelkastration. Das Töten von männlichen Eintagsküken und die Amputationen an Tieren gehörten laut dem Tierschützer ebenso zu gesetzlich sanktioniertem Tierleid. Hier müsse der Bundesgesetzgeber eilig handeln. Zudem fehlen bis heute Haltungsverordnungen für Puten und weitere Tierarten.


SPD will Sachkundenachweis für Tierhalter


Die SPD-Bundestagsfraktion fordert unterdessen, das Tierschutzgesetz auf den aktuellen Stand zu bringen. „Der Kompetenzkreis Tierwohl darf kein Ersatz für gesetzgeberisches Handeln sein. Seit zwei Jahren warten wir auf die Verordnung zur Prüfung und Zertifizierung von serienmäßig hergestellten Haltungssystemen für Legehennen. Immer noch werden Hühnern die Schnäbel gekürzt, Schweine ohne Betäubung kastriert, männliche Küken geschreddert und Kühe in ganzjähriger Anbindehaltung gehalten“, so Ute Vogt und Christina Jantz-Herrmann.

 

Sie erwarten jetzt eine zügige Vorlage einer Novelle des Tierschutzgesetzes und der lange angekündigten Verordnungen zum Schutz der Tiere. Ebenso fordern sie ein gesetzliches Tierschutzlabel. „Wir wollen ein zweistufiges Label: In einer Einstiegsstufe sollen die Kriterien über dem bisherigen gesetzlichen Standard liegen. Im Premiumsegment sollen die Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden. Wir wollen uns dabei am Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes orientieren. Damit wird die Labelflut eingedämmt und die Verbraucher können ganz schnell beim Einkauf erkennen, wie die Tiere gehalten wurden und wofür sie mehr Geld ausgeben. Landwirte, die in das Wohl ihrer Tiere investieren, werden belohnt“, so die Politikerinnen.

 

Die SPD fordert darüber hinaus einen Sachkundenachweis für den Umgang mit landwirtschaftlichen Tieren. Wer mit Tieren arbeite, müsse nachweisen, dass er oder sie sich regelmäßig fortbildet. Dazu müsse das Tierschutzgesetz geändert werden, erklärten Vogt und Jantz-Herrmann weiter.


Grüne: "Außer Spesen nichts gewesen"


"Außer Spesen nichts gewesen", meint Friedrich Ostendorff vond en Grünen dazu. Die Bauern bräuchen stattdessen eine verlässliche Aussage, wo die Reise hingeht. "Der Kompetenzkreis hat viele gute Themen angesprochen, jedes Stichwort von Antibiotika bis Zertifizierung wurde pflichtbewusst genannt. Doch Resultate gibt es keine."


Dem Anspruch, zukunftsweisende Konzepte zu erarbeiten, hat der Kreis nach Ansicht Ostendorffs nur sehr unzureichend entsprochen. Die konservativen Kräfte, die sich einer Weiterentwicklung verwehren, hätten sich durchgesetzt.


"Der Landwirtschaftsminister weiß, dass es Veränderungen geben wird, sein eigenes Beratergremium hat es ihm überdeutlich belegt. Dass er nun heuchlerisch Phrasen drischt statt den Bauern reinen Wein einzuschenken, ist verantwortungslos und mutlos", so der Landwirt. Er fordert das Agrarministerium auf, eine Strategie vorlegen, damit die Tierhalter verlässliche Zusagen haben und von dem Umbau der Strukturen profitieren können.



 

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.