2014 erregte ein Fall von extremer Tiervernachlässigung auf einem Milchviehbetrieb in Dithmarschen großes Aufsehen. Nachdem der Prozess gegen den 47-jährigen Betriebsleiter verschoben wurde, steht er nun seit Montag vor dem Amtsgericht Meldorf. Es geht um vergammeltes Futter, heillos überfüllte Ställe und meterhohen Dreck, kurz etliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, seine mehr als 700 Kühe vernachlässigt zu haben, berichtet das Hamburger Abendblatt.
Bei einer Razzia im Dezember 2014 musste ein Tierarzt fünf Tiere noch vor Ort einschläfern, 47 weitere benötigten dringend medizinische Hilfe. Das Kreisveterinäramt hatte den Hof des Mannes zuvor schon mehrfach kontrolliert und Mängel bei Tierhaltung und Umweltschutz festgestellt. Der Bauer soll die Auflagen jedoch nicht erfüllt haben. Das Gericht muss in einem Indizienprozess zu einem Urteil finden.
Zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft schwieg der 47-jährige Angeklagte konsequent. Auch sein Anwalt gab keine Erklärung ab, sondern beschränkte die Verteidigung seines Mandanten zunächst auf Rügen: Der Anklagesatz entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften, warf er dem Staatsanwalt vor.
Dabei wiegen dessen Vorwürfe schwer. So mussten die eingesetzten Kräfte bei einer Razzia miterleben, wie eine Kuh ein Kälbchen auf dem nackten Betonboden zur Welt brachte, "ohne dass der Angeklagte sich darum kümmerte", sagte der Staatsanwalt. In anderen Ställen hätten Kälber in fast völliger Dunkelheit leben müssen, und in einem Raum für 19 Tiere waren 83 junge Rinder und Kälber eingepfercht.
An anderen Stellen entdeckten die Kontrolleure bei der Razzia 2014 vergammeltes Futter und verdreckte Tröge, oder eine Mischung aus stinkender Jauche und Mist, der zum Teil bis zu einem Meter hoch den Stallboden bedeckte. An anderen Stellen mussten sich Kälber den Platz mit alten Fässern voll Motoren- und Hydrauliköl teilen.
Nach Angaben einer Zeugin habe es schon 2010 und in den Jahren davor Hinweise auf Verstöße gegeben. Unverständlich sei dabei, wie der zuständige Tierarzt dem Angeklagten immer wieder für die Behörden bescheinigt habe, dass er auf dem Hof des Milchbauern keine Beanstandungen festgestellt habe. Er hatte weder bemerkt, dass einem Rind ein Horn ins rechte Auge gewachsen war, noch den Klumpfuß eines anderen Tieres, oder das Lahmen vieler Rinder, die sich nach Angaben von Zeugen kaum noch zu den Futtertrögen schleppen konnten. Das Verfahren wird am 2. Mai fortgesetzt.
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