Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

News

Nordzucker 1:1 in das Südzucker Modell umwandeln!

Bernhard Hünersdorf war ab 1960 Vorstand und von 1972 bis 1990 Aufsichtsratsvorsitzender in der alten NORDHARZER ZUCKER AG, eine der Vorgänger-Gesellschaften der heutigen Nordzucker. Anlässlich der kommenden Hauptversammlung der Nordzucker AG, nimmt der langjährige Branchenkenner Stellung zum aktuellen Unternehmenskurs.

Lesezeit: 8 Minuten

Bernhard Hünersdorf war ab 1960 Vorstand und von 1972 bis 1990 Aufsichtsratsvorsitzender in der alten NORDHARZER ZUCKER AG, eine der Vorgänger-Gesellschaften der heutigen Nordzucker. Anlässlich der kommenden Hauptversammlung der Nordzucker AG, nimmt der langjährige Branchenkenner Stellung zum aktuellen Unternehmenskurs.

 

 

 

Erstmalig ist ein Vorstandsvorsitzender eingestellt, dem wir zutrauen können die Nordzucker AG erfolgreich um- und zurück zubauen. Dazu gehört auch, selbst einzugestehen, dass der strukturelle Unternehmensaufbau bisher nur zu einer sich ständig erneuernden Vermögensvernichtung geführt hat.

Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen, jedoch wiederholt sich manches aus dem man lernen könnte. Endlich sollten wir verstanden haben, dass wir etwas betreiben wollten, aber nicht beherrschten, und nun beim ersten Lichtblick nicht gleich wieder  vom „zweiten Standbein“ träumen. Denn nur ein grundsätzlicher struktureller Umbau mit krisenfesten Satzungen wird uns vor der nächsten 0 Dividende retten können.

 

Wir sollten endlich begreifen, dass wir nichts Neues erfinden, sondern unsere Nordzucker nur in das Südzucker Modell 1:1 umwandeln müssen! Dafür braucht es eine echte Trennung von Kapital und Rübe:

 

1.         Die A G in eine Börsen notierte wandeln. Dadurch würde die AG besser kontrollier- und durchschaubar, das Unternehmen und der Vorstand offen in den Wettbewerb gestellt und der Wert der Aktie aus dem Schatten eines unkontrollierbaren Buchwertes herausgeholt und zu einem echt realisierbaren aufgewertet. Dazu gehört aber auch, dass sämtliche Anbauer-Aktien in der neuen Norddeutschen Zuckerrüben Verwertungsgesellschaft zu einer Stimme gebündelt werden müssen, und auf Dauer mindestens 51 %, möglichst 75 % des gesamten Kapitals vertreten sollen.

 

2.         Eine möglichst schlank organisierte, von der AG völlig unabhängigeZuckerrüben Verwertungsgesellschaft muss gegründet werden, die sich als reine Erzeuger- und Verkaufsgemeinschaft versteht, und sämtliche Anbauer Aktien und deren persönliche Anbaurechte stellvertretend vertritt, die nur innerhalb der Gesellschaft gehandelt werden dürfen. Eine Gesellschaft, die sämtliche Rüben mit einer Stimme an die AG verkauft und in der AG auf Dauer mindestens 51 %, möglichst 75 % des gesamten Kapitals mit gleicher Stimme vertreten kann.  

 

Nur über diesen Weg kann die Nordzucker AG zu einem dauerhaft erfolgreichen Unternehmen sicher geführt werden und von der zweitgrößten dann hoffentlich zur zweitbesten Zuckergesellschaft aufsteigen. Dazu brauchen in der AG keine Köpfe rollen, aber sämtliche Aufsichtsräte müssen durch eine Verweigerung der Entlastung gezwungen werden die notwendige Umstellung zu organisieren. Hierzu wäre es wünschenswert, durch Hauptversammlungsbeschluss einen unabhängigen Vertrauensmann mit der Vollmacht eines Insolvenzverwalters einzusetzen.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.



 

Das lehrt ein Blick in die Nordzucker-Geschichte


Um dies zu verstehen, hilft ein Blick in die Vergangenheit. Die Zuckerfabriken waren im 19. Jahrhundert als reine AG s gegründet. Weil landwirtschaftliche Erzeugung sich dem freien Spiel der Kräfte an offenen Weltmärkten nicht schnell genug anpassen kann und Bauern sich nicht von rüden Kapitalisten ausbeuten lassen wollten, überlebte keine dieser AG s. Aus den Ruinen dieser Gesellschaften entstanden in Norddeutschland ab 1860 lupenreine Bauernfabriken mit weitsichtigen, krisenfesten Satzungen, der vinkulierten Namensaktie mit nebenleistungspflichtiger Fläche, weitergehenden Regeln bis hin zur evtl. Aussetzung der Dividenden Zahlung.




Gedacht als reine überbetriebliche Erzeuger- und Verkaufsgemeinschaft mit dem Auftrag den Rübenanbau nachhaltig zu organisieren, eine optimale Bezahlung abzusichern und das eingelegte Kapital nur marktgerecht zu verzinsen. Darüber hinausgehender Überschuss sollte auch auf Rübe ausgezahlt werden, denn die Gründerväter waren Unternehmer und wollten selbst über Ihre Vermögensbildung entscheiden. Der Gründergedanke wurde zu einem beispielhaften Erfolgsmodell, das die Einzelfabriken 1990 in der überlieferten Form aufgaben, um diese in einen zwingend notwendig gewordenen, großen Norddeutschen Zusammenschluss zu überführen.

 


Viele Fusionen, unangreifbare Herrscher


In Süddeutschland gab es nach 1948, mit einer unbedeutenden Ausnahme, nur eine Südzucker AG, bei der die Deutsche Bank über eine Mindestbeteiligung verfügte, die ihr den Aufsichtsratsvorsitz garantierte. Jeder Bauer verkaufte seine Rüben selbst an die AG, ein unerträglicher Zustand der zur Gründung der Süddeutschen Zuckerrüben Verwertungsgesellschaft führte, in deren Satzung der Gründergedanke der Norddeutschen Bauernfabriken voll inhaltlich verwirklicht wurde.




Im laufenden Anpassungsprozess an den wissenschaftlich, technischen Fortschritt und veränderte Absatzmärkte hatten sich nach 1948 Uelzen, Lehrte und Nordharz mit überdurchschnittlich fähigen, ehrgeizigen Managern zu Schrittmachern in Norddeutschland entwickelt. Infolge vieler Fusionen hatte die Nordharzer AG z.B. 1972 einen Vorstand mit 24 unkündbaren Herren, ohne Altersbegrenzung und ohne zeitgerechte Anpassungen von Satzung und Geschäftsordnungen. Es waren Strukturen entstanden, die es den guten Managern ermöglichten, sich zu unangreifbaren Herrschern über die norddeutsche Zuckerindustrie zu entwickeln. Sie allein verfügten in diesen groß gewordenen Unternehmen über die notwendigen Informationen, die sie nur gezielt weiter verteilten, das Geld nicht nur verwalteten, sondern darüber hinaus die Verteilung richtungweisend beeinflussten.

 

So haben sich in den AGs neben Vorstand und Aufsichtsrat die Manager als Dritte Kraft entwickelt, die es dann verstanden sich ihre persönlichen Gremiumsvertrauten selbst auszusuchen und Abhängigkeiten durch Vorteilsvergabe herzustellen. Rechts- und Wirtschaftsprüfer bevorzugt auszusuchen, aus denen sich teilweise persönliche Freundschaften entwickelten und zu einem gut funktionierenden, unangreifbaren Netzwerk auszubauen.




 


Trennung von Rübe und Aktie


Die Netzwerker hatten in 1989 erkannt, dass ein Norddeutscher Zusammenschluss, über die bestehende Verkaufsgemeinschaft hinaus, zu einem gemeinsamen Unternehmen geführt werden musste. Einmütig wurde ein unabhängiger Gutachter bestellt, die Grundsätze für das Gutachten festgelegt und sich gegenseitig versichert, das daraus entstehende Ergebnis gegenseitig als unverhandelbar anzuerkennen.

Nachdem das Ergebnis vorlag und erkennbar wurde, dass die Manager sich dann nicht mehr ungestört selbstverwirklichen konnten, stiegen Uelzen und Union aus. Trotz dieser unglücklichen Vorraussetzungen gründete der verbleibende Rest die Nord Zucker AG ,weil wir überzeugt waren, dass die Zukunft nur noch gemeinsam gestaltet werden konnte.

 

Nun wollten die Netzwerker aus einer Bauernfabrik, die nicht nur den Grundsätzen einer modernen Erzeuger- und Verkaufsgemeinschaft im Kerngeschäft Zucker dienen sollte, gleichzeitig zu einer absolut modernen AG mit beschleunigtem Wachstum machen. Über Diversifikationen mit neuem Fremdkapital sollte schneller ein besseres und wachstumsfreudigeres Unternehmen als die Süd Zucker AG entstehen. Eine Vision, die eine Begeisterung für die Trennung von Rübe und Aktie über eine Neugründung von Holdinggesellschaften, Anbauerverbänden und nachgeordneten Organisationen ermöglichte. Ein durchgängig finanziell abhängiges System konnte gezielt mehrstufig, breit und undurchsichtig durchgesetzt werden.

 


Aufstieg und Absturz der überholten Systems


Nun konnte das von den Netzwerkern neu entwickelte Modell verwirklicht und unter sich ungestört Vorstands- und AR-Sitze verteilt werden, weil durch die Besetzung der Aufsichtsrats- und Vorstandssitzenden von außen, die Rivalitäten neutralisiert wurden. Bei dieser Konstruktion konnten die Schwächen des alten Systems geschickt verdeckt werden.




Bei der Vorzeigefabrik Uelzen, die sich ausgehakt hatte, wurde stellvertretend für alle der Aufstieg und Absturz des überholten Systems sichtbar vorgeführt. Wie eine gut geleitete Gründerfabrik im Vergleich Rüben langfristig überdurchschnittlich bezahlt, besonders hohe Rückstellungen in die Bilanz eingestellt und jahrelang sämtliche B Rüben mit dem A Preis abgerechnet hatte. Danach, unter einer modernen Führung, die Fabrik zu einem bewundernswerten Denkmal ausgebaut, nur noch an die Niedersächsischen Konkurrenz angepasste Rübenpreise ausgezahlt, die alten Rücklagen verbraucht, drei fusionsbedürftige Fabriken über bekannte Tricks ohne Eigenmittel, ohne mögliche Synergieeffekte weder in der Verarbeitung noch beim Verkauf und überteuert eingekauft hatte. Dazu kamen die laufenden Verluste einer viel zu teuer eingekauften Diversifikation und der Einkauf des schlechtesten Zuckerstückes aus dem Nachlass der DDR, mit dem Ergebnis einer O Dividende und dem Griff zum Rettungsring Nordzucker.

 

Ähnliche Fehlleistungen, selbst nicht genehmigte Investitionen im 2-stelligen Millionenbereich konnten in den alten Unternehmen unter der Decke gehalten werden, weil niemand den Ruf des eigenen Unternehmens und damit die nächste Fusion gefährden wollte. Auch ein Angebot für gesonderte Aufwands-entschädigungen wurde mir unter vier Augen in der damaligen NZ AG angeboten, aber abgelehnt

 


Großer Konzern, verschwundene Gewinne


Die alten Manager traten nun als Vorstand und ihre bisherigen Vertrauenspartner als Aufsichtsratsmitglieder in der neuen AG an, in der sie teilweise ihre Gewohnheiten ungehindert fortsetzen konnten. Im Gegenzug durfte der neue Vorstandsvorsitzende ungestört einen groß aufgezogenen Konzern schaffen, in dem die, von den Quotenrüben erwirtschafteten Gewinne regelmäßig verschwanden und danach mit neuen Schulden in verschiedenen Diversifikationen verbrannt wurden.




Darüber hinaus mussten Uelzen und Union Zucker, um die Einheit herzustellen, in Relation zu überhöhten Buchwerten und Versprechungen, eingekauft werden. Die erst neu gebaute Fabrik in Schleswig musste verschrottet werden, genauso wie die gut ausgebaute Vorzeige Fabrik Lehrte und Güstrow zum Fortschrittsschrott wurden.




Der (zu) teuere Kauf der ähnlich großen Danisco, ohneEigenkapital mit ungünstiger Finanzierung, führte nun an der Insolvenz vorbei zur 0 Dividende. Eine Situation, an die sich die meisten Aktionäre noch erinnern können.




Dieses geschah alles, obwohl die mit dem großen Zusammenschluss zu erwartenden Synergieeffekte nicht ausgezahlt, die eingetretenen Verluste regelmäßig klein geredet, aber immer wieder Mut zu neuem Risiko gemacht wurde. Von nicht ausgezahltem Rübengeld und nicht ausgezahlter Dividende ganz zu schweigen.

 

Bernhard Hünersdorf             

 

 

 

Eine aktuelle Analyse "Alles auf Zucker?" und ein interview mit Nordzucker-Chef Hartwig Fuchs finden Sie in top agrar 6/2011 ab Seite 24. In der gleichen Ausgabe finden Sie ab Seite 114 einen Bericht zum weltweiten Zuckermarkt.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.