„Die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe ist derzeit bis auf´s Äußerste angespannt", stellte Wilhelm Neu, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel und Vizepräsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), am Donnerstag auf dem Hof von Heinz-Gerd und Bernd Buchmann in Hamminkeln fest.
Das unverändert andauernde Russlandembargo, eine stockende Importnachfrage aus China, Unruhen und ein unsicheres Marktumfeld sowie die mangelnde Kaufkraft in Erdöl-exportierenden Ländern gehörten zu den Ursachen. Zugleich jedoch würden verstärkte Milchanlieferungen den Markt belasteten.
„Marktakteure, Handel und Politik stehen jetzt in der Verantwortung, einem Strukturbruch in der Milchviehhaltung entgegenzutreten“, sagte Neu und formulierte einige Forderungen. So seien Molkereien und Milcherzeuger mit dem Auslaufen der Quotenregelung gemeinsam gefordert, auf die schwankende Nachfrage nach Milch zu reagieren, um einer Abwärtsspirale der Erzeugerpreise entgegenzuwirken.
„Differenzierte Auszahlungspreise etwa durch freiwillige Zusatzvereinbarungen, Bonuszahlungen zur Mengenanpassung oder eine verwertungsbezogene Preisstaffelung müssen in den Unternehmen ergebnisoffen diskutiert werden“, mahnte Neu. Es bedürfe Maßnahmen, die den Verwertungsmöglichkeiten der jeweiligen Molkerei mit ihren Genossen bzw. Lieferanten Rechnung trügen. Staatliche Pauschallösungen seien daher strikt abzulehnen“, so der Landwirt.
Ein weiterer Punkt seien die ungleichen Kräfteverhältnisse zwischen den wenigen Handelsunternehmen und der Vielzahl der Verarbeiter. „Die Verhandlungsmacht des Milchsektors gegenüber dem Handel muss endlich gestärkt werden“, appellierte Neu. Einer weiteren Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel müsse Einhalt geboten werden. Um die äußerst angespannte Liquiditätssituation auf den Höfen zu lösen, sei vor allem eine Entlastung bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung und bei der Besteuerung des Agrardiesels dringend nötig. „Die Politik ist ebenso gefordert, auf immer neue kostenträchtige Anforderungen etwa im Bau- und Umweltrecht zu verzichten“, forderte Neu abschließend.