Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat in letzter Sekunde sein Veto gegen den Kompromiss von CDU, CSU und SPD zur großen Novelle des Bundesjagdgesetzes eingelegt. Vor zwei Wochen erst hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf dem Bundesjägertag den Durchbruch bei den Verhandlungen verkündet. Aus parlamentarischen Kreisen wird verlautbart, dass jedoch eine kleine Novelle noch vor der Sommerpause Rechtssicherheit für Besitzer von Selbstladebüchsen bringen soll.
Der Deutsche Jagdverband zeigt sich darüber verärgert. Seehofer trete damit die Grundsätze der parlamentarischen Arbeit mit Füßen. In einem mehrjährigen wissensbasierten Prozess hatten Fachleute die Grundlagen dieser Novelle erarbeitet, die von den Koalitionspartnern CDU, CSU und SPD noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden sollte.
Nach dem nachträglichen Seehofer-Veto soll nun lediglich eine kleine Novelle kurzfristig Rechtssicherheit für Besitzer von halbautomatischen Jagdgewehren bringen, wie aus parlamentarischen Kreisen zu hören ist. Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt zwar diese Teilreform, fordert Ministerpräsident Seehofer aber gleichzeitig auf, endlich seine kurzsichtige Blockadehaltung aufzugeben.
Die geplante, umfassende Reform müsse umgehend nach der Sommerpause eingebracht werden, damit sie noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden kann. "Die große Novelle muss kommen", sagte DJV-Präsident Hartwig Fischer. Sie bedeute Rechtssicherheit in vielen Fragen. Andernfalls müssten Jäger künftig für jedes Bundesland unterschiedlichste Schießnachweise und Prüfungen ablegen und verschiedenste Arten von Jagdmunition verwenden. Auch der Tierschutz bleibe auf der Strecke.
Negative Auswüchse der Föderalismusreform
Ministerpräsident Seehofer stößt Bundeslandwirtschaftsminister und CSU-Parteikollege Christian Schmidt sowie die Verhandlungsführer der Koalitionsfraktionen nach Ansicht des DJV vor den Kopf. "Das Ganze ist ein Stück aus dem Tollhaus und zeigt die negativen Auswüchse der Föderalismusreform. Seehofer erschüttert das Vertrauen in die Politik und fördert Politikverdrossenheit", sagte Fischer.
Die geplante große Novelle des Bundesjagdgesetzes hat zum Ziel, die Standards in Deutschland zu vereinheitlichen. Unter anderem sind bundesweit einheitliche, anspruchsvollere Vorgaben für Jägerausbildung und -prüfung geplant, die Fleischhygiene als Sperrfach vorsehen. Erstmals sollen überdies einheitliche Kriterien für Jagdmunition, basierend auf wissenschaftlicher Forschung, eingeführt werden: Die Tötungswirkung soll maximiert werden, um den Tierschutz zu stärken und gleichzeitig soll der Bleieintrag aus Gründen des Verbraucherschutzes minimiert werden. "Es gibt immer noch frei verkäufliche Jagdmunition, die nur bedingt einsatzfähig ist, ohne dass der Jäger dies erkennen kann", so DJV-Präsident Fischer. Es sei ein Skandal, dass Seehofer den Wissenstransfer für mehr Tier- und Verbraucherschutz verhindere und Wildtiere die Leid tragenden seien, so Fischer weiter.
Weiterhin geplant ist ein bundesweit einheitlicher Schießübungsnachweis: Auch auf diesem Gebiet treibt der Föderalismus inzwischen fragwürdige Blüten. So hält das Verwaltungsgericht Arnsberg die Pflicht für einen Leistungsnachweis in Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig, weil die Länder dafür nicht zuständig seien. Der Fall liegt jetzt dem Bundesverfassungsgericht vor.