Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung sind zu dem Urteil gekommen, dass spekulative Finanzgeschäfte mit Agrarrohstoffen die Preise solcher Produkte nicht signifikant nach oben getrieben haben. Sprich, dass Agrar-Spekulanten kaum für steigende Lebensmittelpreise verantwortlich sind. Bislang ist das genaue Gegenteil landläufige Meinung und Hauptanstoß vieler Kritiker.
Die Forscher sind sich aber sicher und berufen sich auf 35 andere Studien, berichtet Spiegel-Online. Die Preissteigerungen seien primär auf realwirtschaftliche Entwicklungen zurückzuführen. Das starke Wachstum und zunehmender Wohlstand in bevölkerungsreichen Schwellenländern habe die Nachfrage nach Fleisch gesteigert und damit nach Agrarrohstoffen, die zur Fleischproduktion verfüttert werden. Weil in Jahren wie 2008 zugleich die Lagerbestände knapp waren, sei es in Folge von Angebotsschocks zu besonders starken Preisschwankungen gekommen. Weitere Faktoren waren Exportverbote auf dem Höhepunkt der Krise und die Subventionierung von Bio-Energie.
Die Autoren der Studie raten dementsprechend davon ab, Spekulanten den Zugang zu Warenterminmärkten zu erschweren. Erst die Spekulanten ermöglichten es Produzenten und Käufern von Agrarrohstoffen, sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Wenn sich ein Bauer oder ein Lebensmittelproduzent mit einem Warentermingeschäft Planungssicherheit verschaffen will, sind es häufig Spekulanten, die als notwendige Gegenpartei in diese Preis-Wette eintreten.
Die Studie fordert aber, die Agrarmärkte besser zu regulieren und transparenter zu machen, berichtet der Spiegel weiter. Der Versuch, Agrarspekulation "moralisch an den Pranger zu stellen", habe hingegen die Aufmerksamkeit von den relevanten Optionen zur Bekämpfung akuter Hungerkrisen abgelenkt. Vor allem müsse das Angebot an Nahrungsmitteln erhöht werden. (ad)