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Thema unerwünscht: Viele Bio-Betriebe wechseln wieder auf konventionell

Stolz präsentieren Politiker und Verbände jedes Jahr die Zahl der neu hinzugekommenen Öko-Betriebe. Doch so gut wie niemand spricht darüber, wieviele anschließend wieder zu konventionellem Anbau zurückkehren. Das hat sich das Magazin Focus einmal näher angesehen und erste Blicke in eine noch laufende Studie geworfen. So gab es 2011 in Deutschland 1061 Biobetriebe mehr als im Vorjahr.

Lesezeit: 4 Minuten

Stolz präsentieren Politiker und Verbände jedes Jahr die Zahl der neu hinzugekommenen Öko-Betriebe. Doch so gut wie niemand spricht darüber, wieviele anschließend wieder zu konventionellem Anbau zurückkehren. Das hat sich das Magazin Focus einmal näher angesehen und erste Blicke in eine noch laufende Studie geworfen. 

 

So gab es 2011 in Deutschland 1061 Biobetriebe mehr als im Vorjahr. Allein im Jahr 2009 haben aber 930 Betriebe der Bewegung den Rücken gekehrt, Zahlen, die kaum bekannt seien. Danach befragt, seien die Ökoverbände sehr zurückhaltend, heißt es. Demeter liefert eine Tabelle, in der Aussteiger nicht existieren. Naturland räumt immerhin ein, „dass immer wieder Betriebe kündigen“, 80 % davon würden aber die Landwirtschaft ganz aufgeben.

 

Wie der Focus hierzu aus der Studie zitiert, stimmt das offenbar nicht so ganz, denn von 99 befragten Landwirten, die sich zwischen 2004 und 2009 von den Biokontrollstellen abmeldeten, gaben nur 16 die komplette Aufgabe der Landwirtschaft als Grund an. Das wären also nur rund 15 % und nicht 80. Die anderen wären zur konventionellen Landwirtschaft zurückgekehrt. Die neuesten Zahlen kämen derzeit aus Schleswig-Holstein. Das dortige Statistikamt habe festgestellt, dass fast jeder zehnte Ökobetrieb zwischen 2007 und 2010 wieder zur konventionellen Landwirtschaft gewechselt hat.

 

Gründe sind meist Probleme mit der Wirtschaftlichkeit und der Vermarktung sowie eine extreme Bürokratie. „Ich bin psychisch kontrollgeschädigt“, sagt ein Landwirt, der wieder gewechselt ist. Die Kontrolleure hätten in seinen Büchern einen Kassenbeleg für konventionell erzeugte Petersilie gefunden. „Ich konnte dem Mann nicht klarmachen, dass die nicht für unsere Kühe war.“ Das Ergebnis war eine Strafzahlung.

 

Und ein anderer erklärt: „Ausgestiegen bin ich, weil da Sachen laufen, die ich nicht verstehen kann. Wie kann es Biogemüse aus Osteuropa geben?“, fragt er. Mittlerweile arbeite er wieder mit Kunstdünger. „Bio ist komplett unnötig.“ Es komme darauf an, dass jeder Bauer eine gute und gewissenhafte Landwirtschaft betreibe. Öffentlich zugeben will den Rückwechsel zu konventionellem Anbau aber kein Landwirt, stellen die Autoren fest. Zu groß sei der Druck von Verbänden und die Häme der Kollegen.





Und ein Schweinezüchter, der nach sieben Jahren aufgab stellt fest, dass ihn die Umstellung damals 25 000 Mark gekostet habe. „Doch die nach Biorichtlinien ernährten Tiere sahen immer schlechter aus. Mehr und mehr Ferkel verendeten, weil ich sie wegen der Bioverordnung nicht adäquat behandeln konnte.“ Deshalb entschied er sich auszusteigen. Auch im Ökobereich sei die Marge so gering, dass man viele Tiere halten muss, um davon eine Familie ernähren zu können, so der Tierhalter weiter. In seinem Fall waren es 80 Zuchtsauen. „Diese Anzahl entspricht aber nicht der natürlichen Lebensweise, die die Bioleute immer predigen.“ Als der Tierarzt Alarm schlug, habe er die Notbremse gezogen und seine Tiere mit eiweißreichem Sojaschrot gefüttert, was nach den Richtlinien streng verboten ist. Statt 16 Ferkel pro Sau und Jahr zu Biozeiten waren es bei denselben Tieren anschließend mehr als 25. „Das war für mich der Beweis, dass diese Haltungsform eine Katastrophe für die Tiere ist.“





Wie der Focus abschließend feststellt, findet eine offene Diskussion um solche Erfahrungen kaum statt. Wer beispielsweise bei Naturland eintritt, müsse einen Vertrag unterschreiben, der ein umfassendes Redeverbot regelt.

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Zum Hintergrund der Studie


Die im Focus erwähnte Studie wird vom Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) und der Universität Kassel mit Unterstützung des BMELV durchgeführt (Titel: "Dauerhafte Ausweitung des ökologischen Landbaus in Deutschland: Analyse der Ausstiege von Betrieben und Entwicklung eines Konzeptes zur nachhaltigen Vermeidung"). Sie läuft noch bis Ende November 2012. Die in der Studie bundesweit erhobenen Daten zum Umfang der Ausstiege und den Gründen der Landwirte wurden seitens der Wissenschaftler bislang nicht veröffentlicht. Die im Focus genannten Zahlen und  Aussagen stimmen nach Aussage der Bearbeiter der Studie nur bedingt mit den bisher unveröffentlichten Ergebnissen überein. (ad)

 

 

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