Der UN-Sonderberichterstatter Prof. Olivier de Schutter, sieht die politische Förderung von Biotreibstoffen gemeinsam mit der Spekulation auf den Agrarmärkten als Schlüsselfaktoren, die dem Ziel der Hungerbekämpfung zuwiderlaufen. Im Vorfeld des G20-Gipfeltreffens heute rief de Schutter die Staats- und Regierungschefs auf, einerseits politische Verbrauchsvorgaben für Biotreibstoffe zusammen mit entsprechenden Steuererleichterungen aufzugeben und andererseits die Finanzmärkte stärker zu regulieren.
Der belgische Juraprofessor erinnerte an die Empfehlung mehrerer internationaler Einrichtungen wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Weltbank nach einem Förderstopp für Biokraftstoffe, die aus potentiellen Nahrungs- oder Futtermitteln gewonnen werden. Die Staats- und Regierungschef müssten erst noch beweisen, dass sie diese Nachricht verstanden hätten, so de Schutter.
Hinsichtlich der Finanzregulierung bekräftigte der UN-Sonderbeauftragte, Märkte für Agrarrohstoffe dürften Spekulanten nicht als Zuflucht dienen, wenn andere Finanzmärkte ausgeschöpft seien. Die weitverbreitete Spekulation habe das Risiko von Erzeugern und Händlern erhöht und zu Preisänderungen geführt, die von den zugrundeliegenden volkswirtschaftlichen Faktoren abgekoppelt seien. Die Beschränkung der pro Marktteilnehmer gehandelten Kontraktzahl sei zwar begrüßenswert, reiche aber nicht aus: „Börsenblasen entwickeln sich nicht nur dann, wenn eine Handvoll Einzelner eine übermäßige Zahl von Kontrakten handelt, sondern auch - und vielleicht sogar insbesondere - wenn viele Spekulanten auf dieselben Preissignale hin einem Herdentrieb folgen.”
Ferner forderte de Schutter mehr Aktivität im Bereich internationaler Nahrungsmittelreserven, insbesondere durch den Ankauf der Produktion von Kleinbauern. Pilotprojekte reichten nicht aus. Die Hungersnot am Horn von Afrika, Warnungen vor Missernten im Westen des Kontinents und Produktionsverluste in Südostasien machten eine Lösung der Probleme brennender als je zuvor. Die G20-Chefs müssten jetzt über die Rhetorik hinausgehen und einen echten Wandel herbeiführen. (AgE)