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Milchmarkt: "EU-Parlament ist falsch gepolt"

Zur aktuellen Debatte zur zukünftigen Milchmarkt-Politik ein Kommentar von Roland Soßna, Fachzeitschrift molkerei-industrie:

Lesezeit: 3 Minuten

Zur aktuellen Debatte zur zukünftigen Milchmarkt-Politik ein Kommentar von Roland Soßna, Fachzeitschrift molkerei-industrie:


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Der vom EU-Parlament verabschiedete Vorschlag zur Krisenbewältigung im Milchmarkt nach dem Vorbild des Dantin-Entwurfs mag dem Zeitgeist in Teilen der Lieferantenszene und sicher auch der Begeisterung allzu vieler Politiker für Markteingriffe entsprechen, der Vorschlag wird aber eines ganz sicher nicht, nämlich die Problematik volatiler Märkte lösen. Im Gegenteil, das Konzept der Bestrafung von expandierenden Milcherzeugern in Krisenzeiten wird kontraproduktiv wirken, jedenfalls wenn man eine international wettbewerbsfähige und prosperierende Milchwirtschaft in der EU im Auge hat.

 

Tatsächlich geht es um den internationalen Kontext. Nachdem der Weltmilchmarkt aufgrund des Abbaus der Marktordnung de facto direkt bis in das Tagesgeschäft der Milchverarbeiter wirkt, ist der Binnenmarkt nicht mehr nach außen abgeschottet. Doch Abschottung ist der Kern der Vorstellungen des Parlaments. In einer Marktkrise mit einem nicht weiter definierten EU-weite Milchpreisniveau sollen Erzeuger die ihre Produktion einschränken, belohnt werden, während solche, die mehr Milch anliefern mit einer Abgabe belegt werden.


Eine Marktkrise hat ihren Ursprung heute aber sicher nicht mehr im EU-Binnemarkt, sondern im Weltmarkt. In der Folge wären also wachstumswillige Erzeuger in der Gemeinschaft gezwungen, zur Stabilisierung des Weltmarktes beizutragen, während die Konkurrenten in den USA oder in Ozeanien ihre Produktion munter weiter ausdehnen können. Dieselbe Misswirtschaft, die bis vor wenigen Jahren auf dem Rücken der EU-Steuerzahler ausgeführt wurde, soll alsbald auf dem Rücken der gemeinhin als zukunftsfähig geltenden Betriebe weitergeführt werden. Im Grunde geht es auch weniger um Erlöse als um Kosten – wenn diese als „zu hoch“ empfunden werden, wenn Bauern nur laut genug schreien, dann greift der Krisenfall. So einfach gestrickt ist der Parlamentvorschlag.

 

In der Praxis dürfte es extrem problematisch werden, den Zeitpunkt des Erreichens einer noch zu definierenden Milchpreisschwelle festzustellen. Dazu kommt, dass die Daten über Milchpreise in der EU alles andere als aktuell sind, meist lassen sich nur im größeren zeitlichen Rückblick Betrachtungen anstellen, womit Krisenmaßnahmen immer viel zu spät greifen. Wie die Vergangenheit zeigte, waren die Märkte schon wieder auf Erholungskurs, bevor die verschiedenen nationalen Hilfsmaßnahmen (darunter Seehofers völlig unnötige Milliarden-Spritze für deutsche Milcherzeuger) greifen konnten.

 

Wird der Plan des EU-Parlaments verwirklicht, dürfte ein großer Teil einer Kompensationszahlung im Krisenfall genau die Erzeuger erreichen, die ihre Produktion ohnehin schon länger drosseln wollten. Zudem würde eine solche „Marktstützung“ Milchbauern mit schlechter Produktivität fördern und solche mit höherer Produktivität bestrafen – von der für die Milchverarbeitung nötigen Planungssicherheit nicht zu reden.  Daran, wie Banken dann in Zukunft die Aussichten der Milcherzeugung und -verarbeitung sehen würden, mag man besser erst gar nicht denken.

 

Das Ergebnis der Abstimmung im Europaparlament (in dem möglicherweise nicht nur die geistige Elite der EU vertreten ist), übrigens waren  die CU/CSU-Abgeordneten zu 100% dafür, zeigt wieder einmal auf, was wirklich „abgeht“. Eine Mehrheit des Parlaments befasst sich nicht mit Zukunftsfragen des von ihm per Wählervotum zu vertretenden Klientels, sondern allenfalls mit der eigenen Zukunftssicherung, Demagogie ersetzt Kompetenz, das Mäntelchen im Wind steht für Profil. Es bleibt zu hoffen, dass der Vorschlag des Parlaments im Trialog mit Kommission und Rat am Ende nicht verwirklicht wird. Aktuell findet die deutsche Milchwirtschaft ihre Interessenvertretung nicht in der heimischen Politik, sondern eher bei der im UK und in Irland. (li)

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