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Beim Kupierverbot nichts übereilen!

„Wir müssen weg von der rein wirtschaftlichen Betrachtung der Nutztierhaltung und dem Tierschutz mehr Aufmerksamkeit widmen“, begrüßte Peter Knitsch, Staatssekretär im NRW-Landwirtschaftministerium, am vergangenen Mittwoch in Essen die Teilnehmer des Fachsymposiums zum Vermeiden des Schwänzekürzens bei Ferkeln.

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„Wir müssen weg von der rein wirtschaftlichen Betrachtung der Nutztierhaltung und dem Tierschutz mehr Aufmerksamkeit widmen“, begrüßte Peter Knitsch, Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, am vergangenen Mittwoch in Essen die Teilnehmer des Fachsymposiums zum Vermeiden des Schwänzekürzens bei Ferkeln. Knitsch lobte die im Februar von Minister Remmel und den beiden Präsidenten der NRW-Landwirtschaftsverbände Friedhelm Decker (RLV) und Johannes Röring (WLV) unterzeichnete Erklärung zum Verzicht auf das routinemäßige Kürzen von Ferkelschwänzen als Meilenstein in puncto Tierschutz. Die Erklärung gebe das wichtige politische Signal, dass man das komplexe Problem nur gemeinsam bewältigen könne. Zugleich enthalte die Erklärung einen konkreten Arbeitsauftrag, wie man in den nächsten drei Jahren nach Lösungsmöglichkeiten suchen wolle. Das Projekt gliedere sich in drei Phasen. Das Essener Symposium diene dabei als Auftaktveranstaltung der ersten Phase. Ziel dieser ersten Phase sei eine Informations- und Beratungsoffensive für schweinehaltende Betriebe. Zu diesem Zweck soll in den nächsten Wochen im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse eine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet werden, in der die Fäden zusammenlaufen.

 

Prof. Dr. Thomas Blaha von der Außenstelle Bakum der Tierärztlichen Hochschule Hannover fasste in seinem Vortrag die wichtigsten Erkenntnisse zahlreicher in- und ausländischen Untersuchungen zu den Ursachen des Schwanzbeißens zusammen.  Allein in Deutschland gibt es zurzeit mehr als 20 Projekte, die sich mit dem Thema beschäftigen. Blaha hob hervor, dass die Gefahr des Schwanzbeißens offensichtlich in der Aufzucht größer sei als in der Mast. Jede Art von Frust auf Seiten der Tiere erhöhe zudem das Risiko von Beißattacken. Spielzeug sei dabei für die Tiere nicht dauerhaft interessant. Wichtiger sei, den Tieren Material zum Wühlen, Erkunden und zur Nahrungssuche anzubieten, denn auch Wildschweine würden 70 % ihrer Zeit mit Nahrungssuche verbringen. Entscheidenden Einfluss habe zudem die Tierbeobachtung. Denn sobald erste Beißereien auftreten, muss der Schweinehalter schnellstmöglich gegensteuern, um größeren Schaden zu verhindern. Alles in allem gebe es gegen das Schwanzbeißen keine Patentlösungen. Vielmehr müsse man einzelbetrieblich und individuell nach Defiziten Ausschau halten.

 

Schwanzbeißen bei Schweinen ist ein multifaktorielles Problem. Deshalb sei ein ganzheitlicher Beratungsansatz wichtig, machte Dr. Bernhard Schlindwein vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) in seinem Referat deutlich. Bisher ungeklärt sei zudem, welchen Einfluss die Genetik habe. Dr. Schlindwein warnte ausdrücklich davor, sich bei der Suche nach Lösungen unter Zeitdruck setzen zu lassen. Wichtiger sei, ergebnisoffen zu forschen und das Kürzen der Schwänze erst dann zu verbieten, wenn seriöse Ergebnisse und Lösungsvorschläge vorliegen.

 

Wie weit die Praxis noch von allgemeingültigen Beratungsempfehlungen entfernt ist, machte der Erfahrungsbericht des Sauenhalters Hermann Wesseler aus Bissendorf bei Osnabrück deutlich. Wesseler bedauerte ausdrücklich, dass Staatssekretär Knitsch die Veranstaltung vorzeitig verlassen hatte und daher nicht mehr hören konnte, welche Erfahrungen die Praxis mit dem Verzicht auf das Schwänzekürzen macht. Der Landwirt verzichtet seit drei Mastdurchgängen bei einem Teil seiner Tiere auf das Kürzen. Trotz intensiver Tierbeobachtung, reduzierter Belegdichte, einer optimalen Wasserversorgung  und zahlreicher Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere sei es bis heute aber nicht gelungen, alle Schweine mit intaktem Schwanz bis zur Schlachtung zu bringen. Ungeklärt sei zudem, welche Rolle Schwanznekrosen spielen. Denn Beißereien treten nicht nur bei ungekürzten Schwänzen auf. Er appellierte deshalb an die Politik, nichts zu übereilen, sondern abzuwarten, bis fundierte Ergebnisse vorliegen. Für den Vorschlag von Niedersachsens Landwirtschaftsminister Meyer, für Tiere mit intakten Schwänzen eine Prämie zu zahlen, hatte der Landwirt daher auch nur ein vernichtendes Urteil übrig: „Ich will keine Prämie für einen Teil der Tiere. Ich trage Verantwortung für das Wohl aller meiner Schweine und will möglichst viele gesund und unbeschadet bis zur Schlachtung bringen. Minister Meyer sollte das Prämiengeld deshalb besser in die weitere Erforschung des Problems stecken und endlich den Erfahrungsaustausch mit dem Berufsstand suchen!“    

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