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GVO-freie Milch: Höhere Zuschläge fordern!

Lesezeit: 6 Minuten

In Bayern erfassen immer mehr Molkereien Milch ohne Gentechnik. Doch der Nutzen für die Milcherzeuger fällt sehr unterschiedlich aus.


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Konventionelle Milch ohne Gentechnik war in Deutschland bisher ein Nischenprodukt. Ähnlich wie bei Biomilch versuchen Molkereien, daraus Premiumprodukte herzustellen und diese zu höheren Preisen im Lebensmitteleinzelhandel zu platzieren.


Doch jetzt scheint dieses Segment zumindest im Milchland Bayern die Nische zu sprengen. Denn immer mehr Molkereien im Freistaat steigen in die Verarbeitung von Milch ohne Gentechnik ein oder weiten sie aus.


80 % Zuwachs:

Nach einer Erhebung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) haben die Erfassungsmengen im Jahr 2012 um 80 % zugelegt. Die Molkereien im Freistaat erfassen mittlerweile 1,4 Mrd. kg Milch von Betrieben, die konventionell wirtschaften, aber auf den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel verzichten. Das entspricht einem Anteil von 17,5 % an der gesamten bayerischen Milchmenge (siehe Übersicht 1).


Die größte Menge Milch ohne Gentechnik erfasst und verarbeitet derzeit die Privatmolkerei Bechtel im oberpfälzischen Schwarzenfeld. Der Milchverarbeiter erzeugt seit Anfang 2010 Frischmilch, Sahne, Quark usw. für das Regionalprogramm „Ein gutes Stück Heimat“ des Discounters Lidl. Dieses schreibt unter anderem die Herstellung ohne Gentechnik vor.


Seit 2011 produziert Bechtel auch Schnittkäse der Marke Grünländer aus Milch ohne Gentechnik. Insgesamt erfasst die Privatmolkerei rund 300 Mio. kg gentechnikfreie Milch pro Jahr.


100 % ohne Gentechnik:

Ein wichtiger Erfasser von Milch ohne Gentechnik ist auch die Genossenschaftsmolkerei Berchtesgadener Land. Der Anbieter von Premium-Produkten hat die gesamte konventionelle Milch von etwa 180 Mio. kg auf „gentechnikfrei“ umgestellt.


Die Privatmolkerei Bauer mit Sitz in Wasserburg und das Rottaler Milchwerk in Karpfham, das zur österreichischen Berglandmilch gehört, erfassen ebenfalls zu 100 % Milch ohne Gentechnik. Auch die MVS Milchvermarktungsgesellschaft, bundesweit bekannt durch die Vermarktung von „Die faire Milch“-Produkten, handelt eigenen Angaben zufolge ausschließlich mit „GVO-freier“ Milch.


Zudem ist die Molkerei Zott mit einer großen Teilmenge in dieses Segment eingestiegen. Sie erfasst derzeit 100 Mio. kg Milch ohne Gentechnik und verarbeitet diese zu Mozzarella und Schnittkäse der Marke Bayerntaler. Die Privatmolkerei aus dem schwäbischen Mertingen will dieses Segment stark ausbauen und die erfasste Milchmenge bis Mitte 2013 etwa verdoppeln.


Die Goldsteig Käsereien in Cham, einer der größten Mozzarella-Hersteller in Europa, ziehen jetzt nach. Seit Anfang Dezember 2012 erfasst die genossenschaftlich organisierte Molkerei bei einem erheblichen Teil ihrer Betriebe Milch aus „gentechnikfreier“ Fütterung.


Kleinere Teilmengen an „gentechnikfreier“ Milch erfassen die Arla Foods Käsereien in Wangen, die Bergader Privatkäserei in Waging, die Molkerei Gropper im schwäbischen Bissingen, die Käserei Edelweiß in Kempten und das Hochwald-Werk in Weiding. Zudem liefern Milcherzeuger aus Bayern Milch ohne Gentechnik an die Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken im württembergischen Schrozberg.


Kosten steigen.

Die Initiative zur Umstellung auf Milch ohne Gentechnik geht nicht immer von den Molkereien aus. Teilweise machen die Landwirte selbst Druck. Vor allem in Süd- und Ostbayern ist dies häufig der Fall. In diesen Regionen sind viele Milchviehhalter erklärte Gegner der grünen Gentechnik. Zudem bewirtschaften die Betriebe viel Grünland, so dass sie wenig Protein über Kraftfutter zukaufen und kaum gentechnisch veränderten Sojaschrot ersetzen müssen.


Allerdings ist nach der anfänglichen Euphorie schon vielerorts Ernüchterung eingetreten, wie Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer des Verbandes der Milcherzeuger in Bayern (VMB), berichtet. Denn die Zuschläge der Molkereien reichen in vielen Betrieben nicht aus, um die Mehrkosten für die Erzeugung ohne Gentechnik zu decken.


Dabei ist der tatsächliche Mehraufwand von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich. So haben Milchvieherzeuger auf Ackerbaustandorten höhere Umstellungskosten als ihre Kollegen mit viel Grünland, weil sie mehr Eiweißfuttermittel zukaufen müssen. Besonders aufwendig ist die Umstellung für Betriebe mit hohen Milchleistungen. Dort lassen sich Sojaprodukte nicht so einfach durch andere Eiweißträger ersetzen.


Dr. Gerhard Dorfner vom Institut für Agrarökonomie der LfL hat allein für die Fütterung Kostenunterschiede zwischen verschieden gelagerten Betrieben von bis zu 1 ct/kg Milch errechnet. Ähnlich hoch ist die Spannbreite beim Aufwand für die Dokumentation/Kontrolle und beim Mindererlös im Falle von Jungviehzukäufen. Dieser Verlust entsteht, wenn ein Betrieb mit gentechnikfreier Fütterung Jung­kühe von nicht zertifizierten Betrieben kauft. Er darf die Milch von diesen Kühen erst dann vermarkten, wenn er sie drei Monate lang nur mit gentechnikfreiem Futter versorgt hat.


Im Durchschnitt geht Dorfner von Mehrkosten für Fütterung, Dokumentation und Kontrollen sowie einem Ausgleich für das Haftungsrisiko von insgesamt etwa 1,2 ct/kg aus. Kauft der Betrieb Jungkühe zu und muss in zusätzliche Futterlager investieren, steigt der Betrag auf 2 ct/kg.


Im konkreten Einzelfall können die Kosten jedoch stark nach oben oder unten abweichen. Steht ein Landwirt vor der Entscheidung, auf die Erzeugung ohne Gentechnik umzustellen, sollte er die Kosten für seinen eigenen Betrieb kalkulieren und diese dann mit dem Zuschlag seiner Molkerei vergleichen.


Zuschläge bis 2,6 Cent:

Auch bei den Kosten ist die Bandbreite sehr groß. Die höchsten Zuschläge zahlen die Molkereien Bechtel und Gropper für Milch, die für das Lidl-Programm bestimmt ist. Der Bonus ist abhängig von den in den Lidl-Filialen verkauften Mengen und schwankte bisher zwischen 2,1 und 2,6 ct/kg Milch (siehe Übersicht 2). Neben der Fütterung ohne Gentechnik müssen die Erzeugerbetriebe ihre Kühe im Laufstall halten und an QM teilnehmen.


Mit 2 ct/kg zahlt auch die Molkerei Schrozberg einen guten Zuschlag für Milch ohne Gentechnik. Die Nischenmolkerei nimmt nur dann Lieferanten neu ins Programm auf, wenn sie deren Milch auch als „gentechnikfreie“ Produkte vermarkten kann. Schrozberg liefert Milchprodukte ohne Gentechnik an das Handelsunternehmen Tegut und hat jetzt auch eine GVO-freie Regionalmilch aufgelegt.


1 Cent Zuschlag zahlen die Molkerei Zott, die Arla Foods Käsereien und die Käserei Edelweiß. Weitere Bedingung bei Zott ist der Verzicht auf Futtermittel aus Übersee. Die Goldsteig Käsereien gewähren ihren Programmbetrieben einen Zuschlag von 0,9 ct/kg, diese müssen aber auf zweitägige Erfassung umstellen. Bergader und Bauer zahlen 0,5 ct/kg. Allerdings erhöht Bergader den Bonus bis 2015 stufenweise auf 1 ct/kg. Die Genossenschaftsmolkereien Berchtesgadener Land und Berglandmilch Karpfham weisen keinen Zuschlag für Milch ohne Gentechnik aus, sondern integrieren diesen in ihren Grundpreis.


Umstellung kritisch prüfen!

Die Gegenüberstellung von Mehraufwand und Zuschlägen macht deutlich: Die Umstellung auf die Milcherzeugung ohne Gentechnik rechnet sich für Lieferanten häufig nicht. Dr. Seufferlein vom Verband der Milcherzeuger rät deshalb den Bauern, die Einführung solcher Programme seitens ihrer Molkereien immer kritisch zu prüfen.


Die Milcherzeugergemeinschaften, die an Danone Ochsenfurt liefern, haben das getan und dem letzten Angebot der Molkerei von 0,6 ct/kg Zuschlag für gentechnikfreie Milch eine Absage erteilt. Danone muss nun die ursprünglich für Januar 2013 geplante Umstellung verschieben.


Die Verhandlungen zwischen Molkerei und MEGs laufen derzeit noch. Ob die Milcherzeuger zustimmen werden, wird nicht nur vom Zuschlag für die gentechnikfreie Milch abhängen, sondern auch von der Höhe des Grundpreises.


Klaus Dorsch

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