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Ebermast – vorwärts nur im Schneckentempo

Lesezeit: 4 Minuten

Aldi Süd und Kaufland wollen ab 2017 nur noch Fleisch von unkastrierten Schweinen kaufen. Ist die Branche dafür schon gerüstet? Das diskutierten Experten auf dem „Forum der Fleischwirtschaft“ in Osnabrück.


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Die Uhr tickt: Ab 1. Januar 2019 ist die betäubungslose Ferkelkastration in Deutschland verboten. Das regelt das Tierschutzgesetz. Es bleiben also nur noch dreieinhalb Jahre, um Alternativen zu etablieren.


Ein Ausweg wäre die Ebermast. Zunächst noch als Königsweg gefeiert, stockt der Ausbau nun aber gewaltig. Auch weitere Alternativen wie die Kastration unter Betäubung, die Impfung gegen Ebergeruch oder die Kastration mit wirksamer Schmerzausschaltung befinden sich in der Sackgasse.


Ungeachtet der Probleme wollen Aldi Süd und Kaufland bereits ab 2017 nur noch Fleisch von unkastrierten Schweinen abnehmen. Der Druck auf die Branche wächst dadurch. Anfang Juni diskutierten Fachleute auf dem „Forum der Fleisch­wirtschaft“ in Osnabrück über die Zukunft der Ebermast. top agrar fasst die wichtigsten Aus­sagen zusammen.Regina Kremling


Schlach­­t­ungen stocken


Nach einem steilen Anstieg von 2011 bis 2013 stagnieren die Eberschlachtungen seit zwei Jahren (Übersicht 1). 2014 schlachteten die „großen Drei“ Tönnies, Vion und Westfleisch 3,4 Mio. Eber. Dr. Albert Hortmann-Scholten, Markt-experte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, rechnet auch in diesem Jahr nur mit einem moderaten Ausbau auf etwa 3,7 Mio. Eberschlachtungen.


Zwar waren die Pioniergewinne laut Hortmann-Scholten für die Schlachter und Ebermäster der ersten Stunde enorm. Aufgrund der gesunkenen Futterkosten ist der Vorteil bei den Direktkosten freien Leistungen im Jahr 2014 aber auf etwa 1,80 € je Mast­eber abgeflaut. „Bei hohen Futterkosten hat er schon bei 5 bis 6 € gelegen“, blickt der Marktexperte zurück. Das liegt daran, dass die Eber das ihnen angebotene Futter wesentlich besser verwerten als Sauschweine oder Börge.


Neben Tönnies, Vion und Westfleisch haben auch kleinere Schlachter Erfahrungen mit Ebern gesammelt. Danish Crown in Essen (Oldenburg) schlachtet demnächst die ersten Eber.


Tierschützer üben Druck auf Lebensmittelhändler aus


Die überraschende Ankündigung von Aldi Süd und Kaufland, ab 2017 nur noch Fleisch von unkastrierten Tieren abnehmen zu wollen, kam nicht von ungefähr. Zuvor hatte der Tierschutzverein Provieh ein Schreiben an die bei der Initiative Tierwohl beteiligten Lebensmittelhändler verschickt. Darin fordert er sie dazu auf, die Vermarktung von Jungeberfleisch in ihrer Einkaufspolitik umzusetzen. Ansonsten sähe man sich gezwungen, die Verbraucher umfassend über die betäubungs­lose Kastration zu informieren und darüber, dass der LEH Alternativen verweigert, obwohl er in der Initiative Tierwohl die Ebermast sogar fördert.


Viele Branchenkenner vermuten, dass weitere Lebensmittelhändler Aldi Süd und Kaufland folgen werden. „Das wird die Debatte in der fleischverarbeiten-den Industrie beschleunigen“, ist sich Dr. Heinz Schweer, Direktor Landwirtschaft bei Vion, sicher.


Denn Fakt ist, dass der LEH den Druck der Tierschützer an die vorgelagerten Stufen weitergibt. „Ob wir das dann fachlich genauso sehen oder nicht, ist irrelevant. Wir haben einen Kunden und den müssen wir zufriedenstellen“, unterstrich Jörg Altemeier, Leiter des Bereichs Tierschutz und Forschung der Tönnies-Gruppe.


Verarbeiter lehnen Eberfleisch ab


Viele Fleischverarbeiter und Metzger reagieren nach wie vor zurückhaltend oder gar ablehnend auf Eberfleisch. Das Risiko von geruchs­auffälligen Tieren ist ihnen zu groß. Ganz deutlich untermauerte Jürgen Benner, Betriebsleiter beim Premium-Schinkenhersteller Bedford, seine Ablehnung gegen Eberfleisch: „Unsere Kunden erwarten immer die gleiche Qualität, keine Wundertüte.“


Neben dem Ebergeruch haben die Verarbeiter noch ein weiteres Problem: Der Eberschlachtkörper besitzt im Vergleich zum Schlachtkörper von Kastraten und weiblichen Tieren einen geringeren Fettanteil. Auch intramuskulär lagert der Eber weniger Fett ein. Zudem sind die Anteile an ungesättigten Fettsäuren erhöht, das Fleisch hat eine weichere Konsistenz.


Dem Problem der ungesättigten Fettsäuren könnte man zwar begegnen, indem man dem Eber mehr gesättigte Fettsäuren übers Futter zuführt. Wissenschaftler konnten allerdings nachweisen, dass sich dadurch der Fett-Stoffwechsel verlangsamt. Folglich reichern sich mehr Androstenon und Skatol im Fett an.


Stinker nicht untermischen!


Um mit den Eigenschaften des Eberschlachtkörpers besser umgehen zu können, forscht die fleischverarbeitende Industrie an neuen Rezepturen und Herstellungsverfahren. Wie Professor Ralf Lautenschläger von der Hoch-schule Ostwestfalen-Lippe verdeutlichte, konnte man aber bislang kein Verarbeitungsverfahren finden, dass den Ebergeruch ausreichend vermindert oder gar ganz überdeckt. Brühen, kochen, pökeln, marinieren oder verschneiden konnte den Ebergeruch nicht genügend maskieren – vor allem nicht für sensi­tive Personen.

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