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Holz zu Strom und Wärme

Lesezeit: 6 Minuten

Betriebe mit hohem Wärme- und Strombedarf können sich mit einer Holzgasanlage selbst versorgen. Wir geben einen Überblick über Technik und Wirtschaftlichkeit, und stellen Praxiserfahrungen vor.


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Wie viele Berufskollegen verbrennt auch Landwirt Herbert Meyer aus Gspannberg bei Nürnberg Holz, um damit zu heizen. Doch im Unterschied zu den üblichen Heizkesseln erzeugt Meyer Wärme und Strom. Denn in seiner Maschinenhalle steht eine Holzgasanlage mit einer elektrischen Leistung von 180 Kilowatt (kW). Den Strom speist er ins öffentliche Netz ein, die Wärme verkauft er an insgesamt elf Privathaushalte.


Anlagen wie diese sind zwar technisch ausgereift, aber in Deutschland immer noch die Ausnahme. Während es rund 9000 Biogasanlagen gibt, erzeugen nur rund 500 Betriebe Strom und Wärme aus Holz (zum Funktionsprinzip siehe Kasten rechts).


Auch Meyer wollte ursprünglich sein eigenes Holz nicht nur verheizen. „Ich dachte, ich könnte vor allem Kronenholz zu Holzgas machen“, blickt der Landwirt zurück. Darum entschied er sich im Jahr 2007 für eine Anlage mit 160 kW, die von einen bayerischen Hersteller entwickelt und von der TU Dresden wissenschaftlich begleitet wurde.


Probleme mit Prototyp:

Doch im Nachhinein stellte sich heraus, dass Meyer einen Prototypen gekauft hatte, der längst noch nicht ausgereift war. „Die Anlage lief maximal fünf Stunden am Stück, dann blieb sie stehen, nach 150 Stunden war der erste Motor kaputt“, schildert er die bittere Erfahrung. Der Hersteller, der mehrere Anlagen in Deutschland verkauft hatte, ist inzwischen vom Markt verschwunden. „Man muss sehr aufpassen, dass man in dieser Szene keinem Scharlatan aufsitzt“, lautet sein Rat an Berufskollegen.


Zudem stellte sich heraus, dass die Hackschnitzel absolut trocken und qualitativ hochwertig sein mussten – seine geplante Restholzverwertung war damit auch nicht möglich. Frustriert investierte er daraufhin im Jahr 2009 in ein Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk (BHKW) mit 180 kW elektrischer Leistung. „Doch dann stiegen die Pflanzenölpreise dermaßen an, dass der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich war“, erklärt der Landwirt. Darum ließ er das Zündstrahl-BHKW auf den Betrieb mit Holzgas umrüsten.


Hierbei entschied er sich für einen Vergaser des Herstellers Burkhardt aus Mühlhausen (Bayern), der Holzpellets nutzt. Vorteil: Der Brennstoff ist zertifiziert und hat immer den gleichen Brennwert und Wassergehalt. Die Pellets werden bei dem Burkhardt-Prinzip von unten in den Reaktor eingebracht. Der aufsteigende Stoffstrom ist gleichmäßig. Das hat laut Hersteller den Vorteil, dass über dem Glutbett immer die gleiche Gasqualität herrscht.


2,5 t Pellets am Tag:

Die Anlage benötigt 2,5 t Holzpellets am Tag, die Meyer für 200 €/t einkauft. Alle neun Tage kommt der Pelletlieferant, der die Pellets in den Bunker neben der Holzgasanlage in einer Maschinenhalle einbläst.


Für den ins Netz eingespeisten Strom erhält er neben der Grundvergütung auch den Bonus für nachwachsende Rohstoffe nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Denn seine Pellets sind zertifizierte Presslinge aus nachwachsenden Rohstoffen (Nawaro). Dazu kommen der Bonus für Kraft-Wärme-Kopplung für die abgelieferte Wärme sowie der Technologiebonus für die innovative Technik. In der Summe erhält er 22,3 ct/kWh. „Wir waren noch in der komfortablen Situation des EEG 2009“, berichtet Meyer. Denn heute sind die Vergütungen so stark gekürzt worden, dass sich eine Einspeisung ins Netz in der Regel nicht mehr lohnt (siehe Interview).


Nach sechs Jahren Betrieb ist Meyer sehr zufrieden mit der Anlage. Es gab keine längeren Ausfälle oder Störungen. Etwa alle vier bis acht Wochen muss er im Rahmen der Wartung den Brennraum säubern und das Motoröl am BHKW wechseln. Die Arbeit dauert an sich nur drei Stunden. Aber er muss die Anlage sechs Stunden vorher abstellen, damit sie abkühlen kann.


Was er festgestellt hat: Wenn die Pellets einen langen Transportweg hinter sich haben und z.B. aus Übersee stammen, steigt aufgrund des häufigen Umladens der Feinanteil. Das führt zu mehr Schlacke im Brennraum, der dann häufiger gereinigt werden muss.


Etwa alle vier Wochen fällt ein Big Pack mit ca. 300 kg Asche an. Für die Entsorgung einer Tonne Asche zahlt er aktuell rund 195 €.


Anlage für Eigenverbrauch:

Nach einem ganz anderen Prinzip funktioniert die Kleinanlage von Peter Oberbacher aus Kraiburg am Inn (Bayern). Der Nebenerwerbslandwirt mit einem Mehrpersonenhaushalt sowie einem Pflegefall in der Familie benötigt im Jahr 20000 kWh Strom. Die HKA 10 des Herstellers Spanner Re2 hat 9 kW elektrisch und 25 kW thermisch. „Damit können wir den Strombedarf decken und genügend Wärme erzeugen“, erklärt Oberbacher. Für sehr kalte Tage steht noch der alte Hackschnitzel-Heizkessel mit 49 kW zur Verfügung.


Die Holzgasanlage nutzt Hackschnitzel als Brennstoff. Sie benötigt 1 Schüttraummeter pro Tag. Im Jahr braucht Oberbacher jetzt 200 m³. Das Holz entnimmt er aus dem eigenen Wald, muss aber auch aus der Umgebung Hackschnitzel dazukaufen. Diese lagert der Landwirt in einem Bunker mit zwei je 25 m³ großen Kammern. Die Hackschnitzel kosten ihn getrocknet frei Hof ca. 25 € pro m³.


In der Vorkammer liegen sie auf einem Lochblech, durch das von unten warme Luft zum Trocknen strömt. „Wenn die Hackschnitzel 11 bis 12% Wassergehalt haben, schafft die Anlage nur 7,5 bis 8 kW. Die 9 kW lassen sich mit Holz unter 10% Wassergehalt erzeugen“, hat er festgestellt. Die Wärme zum Trocknen stammt vom Motorkühlwasser des BHKW.


Die Hackschnitzel gelangen in der Anlage von oben in den Reformer, dem Herzstück der Anlage. Sie wandern zur Oxidationszone und werden dabei zersetzt. Das entstehende Holzgas strömt nach unten. Es wird anschließend im Wärmetauscher auf 130°C abgekühlt und durch Filter von Asche und unverbranntem Holzkohlekoks gereinigt.


Oberbacher plant eine niedrige Laufzeit von ca. 4000 Stunden im Jahr. In dieser Zeit erzeugt das BHKW 36000 kWh Strom. Rund die Hälfte nutzt er im Betrieb und spart damit ca. 6000 € Stromkosten ein. Den Rest speist er ins Netz und erhält dafür eine Vergütung nach dem EEG 2014 von etwa 13 ct/kWh. Eine Anlage dieser Größenordnung kostet 59000 € (netto).


Seine Erfahrungen sind positiv. „Störungen gab es bislang nur wenige durch Fehler in der Software“, blickt er zurück. Pro Woche benötigt er zwei bis drei Stunden für die Betreuung. Alle 40 bis 60 Stunden muss er laut Wartungsplan den Reststoffbehälter reinigen, alle 300 Stunden das Motoröl am BHKW wechseln. „Das ist zwar eine Komfort-einbuße gegenüber der Hackschnitzelheizung. Auch ist es keine günstige Art zu heizen, aber dafür spare ich mir den Zukauf von Strom“, resümiert er.


Hinrich Neumann

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