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Vom Acker, aber schnell!

Lesezeit: 10 Minuten

Hochleistungs-Mähdrescher ernten in jeder Minute eine Tonne Korn – das stellt enorme Anforderungen an die Logistik. Dr. Andrea Feiffer und Klaus Münchhoff* zeigen, wie die Ware schnell und kostengünstig vom Acker zum Feldrand kommt.


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Wenn der Mähdrescher mit vollem Korntank eine Zwangspause einlegen muss, geht jede Minute richtig ins Geld. Die Ingenieure haben die Leistung der Maschinen in den letzten Jahren aber so gewaltig hochgeschraubt, dass auf den meisten Betrieben die Abfuhrlogistik nicht mehr hinterherkommt. Bis zu 50 % der installierten Leistung von Großmähdreschern bleibt heute ungenutzt. Anders gesehen: Die Hälfte der Investition von knapp ½ Mio. € bleibt ungenutzt – Zeit, an der Abfuhrlogistik zu feilen!


Allein das Abbunkern im Stand kostet den Drescher etwa 20 % Leistung. Wenn das Übergabegeschäft dann auch noch ungünstig organisiert ist, steigt die Quote.


Großbetriebe sind die Vorreiter in der Auslastung ihrer Maschinen. Dort haben wir uns umgehört, wie man am besten mit der Getreideflut aus dem Abtankrohr umgeht.


Jeden Tag 17 ha mehr:

Auf Gut Derenburg im Landkreis Harz gehört der Überladewagen zum Erntesystem. Das Beispiel zeigt, wie sich die Leistung eines Großmähdreschers hochschrauben lässt. Auf dem Betrieb ist ein Lexion 600 für die Ernte von 920 ha Getreide und Raps in der Kampagne zuständig. Der Drescher ist demnach an der oberen Auslastungsgrenze. Der eingesetzte Umladewagen bringt je nach Durchsatz eine Zeitersparnis von 20 bis 27 %.


Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 6,5 km/h und einem Ertrag von 90 dt/ha setzt der Mähdrescher in jeder Minute eine Tonne Weizen durch. Nach 8 Minuten hat er knapp 900 m Bestand gedroschen, sein Kornbunker ist bis auf 10 000 l gefüllt und er müsste den Feldrand zum Abbunkern ansteuern. Benötigt er für die Kornübergabe am Feldrand – wenn alles bestens ohne Warte- und Rangierzeit organisiert ist – nur 1,8 Minuten, hätte er beim parallelen Abtanken schon fast 200 m im Feld zurückgelegt. Über einen Erntetag von 10 Stunden summiert sich das auf über 16 000 m –das sind bei einer Schneidwerksbreite von 10,50 m mit RTK-Lenkung etwa 17 ha (siehe Übersicht 1).


Eine einfache Rechnung:

Selbst wenn das Abbunkern am Feldrand perfekt arrangiert wäre, beläuft sich der Leistungsverlust auf 25 %. Bei einem Mähdrescher mit einem Wert von ca. 380 000 € entsprechen 25 % Leistungszuwachs einen Gegenwert von etwa 95 000 €. In diesem Fall ist ein Umladewagen hochrentabel, zum einen, weil die Erntezeit bei diesem Hektarumfang knapp und teuer ist und zum anderen, weil ein Umladewagen samt Schlepperanteil preisgünstiger als 95 000 € ist.


Umladewagen sind jedoch nicht prinzipiell rentabel. Wer ohnehin genügend Mähdrescherkapazität oder sehr kleine und zergliederte Schläge hat, ist mit dem Abbunkern am Feldrand kostengünstiger dran. Bei kurzen Wegen ins eigene Lager, kann man auch mit Muldenkippern unter die Mähdrescher fahren und die Fuhren direkt ins Lager bringen.


Im Gut Derenburg ist dem Lexion 600 ein eigener Umladewagen zugeordnet. Wenn alles gut läuft, ist der Mähdrescher nach 8 Minuten gefüllt und der Umladewagen muss wieder heranfahren. Danach hat er 8 Minuten Zeit, den Weg zur Transportkette am Feldrand zurückzulegen, das Erntegut zu übergeben und wieder zum Mähdrescher zurückzukehren. Das heißt, einen zweiten Mähdrescher könnte er gar nicht mehr bedienen. Der Fahrer muss fit sein, denn er hat nicht nur die Aufgabe, den Mähdrescher nahtlos zu versorgen, sondern auch die Abfahrer zur richtigen Zeit an die richtige Stelle per Funk zu dirigieren.


Schlepper muss parat sein:

Ein Umladewagen erfordert einen leistungsstarken Schlepper, der mitunter bei der Bodenbearbeitung fehlt. Im Gut Derenburg ist ein 300 PS-Schlepper vor den Umladewagen mit 16 t (20 m³) gespannt. Die Leistung des Schleppers kann nicht groß genug sein, da ein beladener Überladewagen bei kupiertem Gelände viel Kraft benötigt. Die Abfuhr vom Feldrand können auch kleinere Schlepper erledigen, da sie keine schweren Lasten über den Acker ziehen müssen. Läuft neben dem Mähdrusch nur eine flache Bodenbearbeitung, wird in Derenburg ein weniger starker Schlepper eingesetzt oder in der Nachtschicht bis zum nächsten Druschbeginn der starke Schlepper vor den Grubber gespannt. Das erhöht die Auslastung und beschleunigt Folgearbeiten.


In ostdeutschen Großbetrieben mit drei oder vier Hochleistungsmähdreschern sieht man mitunter den Umladewagen wieder verschwinden. Zwei solcher Wagen wären zwar durchaus rentabel, die beiden zusätzlichen Schlepper fehlen dann aber entweder bei den Folgearbeiten oder müssten zusätzlich angeschafft werden. Hier fährt der leere Schlepperzug zur ersten Übernahme unter den Mähdrescher, der Rest erfolgt bodenschonend am Feldrand. In diesen Betrieben wird die benötigte Erntekapazität nicht durch Umladewagen, sondern direkt über die entsprechend höhere Mähdrescherleistung eingekauft.


Kompromisse möglich:

In einigen Betrieben werden dem Umladewagen mit einiger Kompromissbereitschaft sogar 3 Drescher zugeordnet. Verhilft der Umladewagen jedem Mähdrescher nur zu 10 % Mehrleistung, kann sein Ziel auch erreicht sein. Wichtig: Es darf nicht zu einem heillosen Durcheinander kommen, wenn von vornherein klar ist, dass der Umladewagen eigentlich überfordert ist.


Das erfordert eine strenge Disziplin. Zum Beispiel wird festgelegt, dass immer die gleichen zwei Mähdrescher bedient werden und der dritte stets am Feldrand abbunkert. Wenn im Gut Derenburg kurzzeitig 3 Mähdrescher und 2 Umladewagen laufen, sind die Umladewagen immer unterwegs und bedienen die Mähdrescher nach ihrer Reihenfolge. So wird vermieden, dass Umladewagen an einem Mähdrescher vorbeifahren und ihn nicht abbunkern lassen, da es nicht „ihrer“ ist. Den Umladewagenfahrern wird eine hohe Konzentration und Koordination über den gesamten Erntetag abverlangt.


Manche Betriebe versuchen sich auch an einer Kombination, bei der neben dem Umladewagen auch die leeren Schlepperzüge die Mähdrescher einmalig anfahren. Das setzt aber einen hellwachen Umladewagenfahrer voraus, der über Funk die Schlepper jeweils an die bedürftigen Mähdrescher dirigiert.


Wenn in Zukunft Füllstände der Mähdrescher online auf einem Portal erscheinen und der Schlepperfahrer den Weg zum richtigen Mähdrescher zugewiesen bekommt, ist eine Erweiterung der Auslastung denkbar. Als Notlösung gilt auch eine Rundumleuchte am Umladewagen, die signalisiert, dass er im Moment nichts mehr aufnehmen kann. So hat der Mähdrescherfahrer die Möglichkeit, rechtzeitig am Feldrand abzubunkern ohne später im Feld stecken zu bleiben.


Keine halben Sachen:

Ein Umladewagen soll das Erntegeschäft beschleunigen, das Verfahren darf deshalb nicht halbherzig umgestellt werden. Wer dennoch mehrere Mähdrescher mit einem Umladewagen bedient, muss ein hohes Fassungsvermögen vorhalten, sodass er mit einem Umlauf alle Mähdrescher vollständig aufnimmt, was aber einen noch stärkeren Schlepper voraussetzt. Bleibt ein Mähdrescher teilentleert, sollte ihn der Umladewagen als erstes wieder anfahren. Wenn dieser Drescher sich dann am äußersten Ende des Feldes befindet, wird es eng. Teilentleerte Mähdrescher bringen bei knapper Umladewagenkapazität das ganze System zum Erliegen. Auch eine zusätzliche Pufferkapazität ist wichtig, da die Maschinen im Parallelverfahren weiterdreschen. Während des Überladens kommen nochmals 1 t und mehr pro Drescher hinzu. Faustzahlen, wie viele Mähdrescher einem Umladewagen zugeordnet werden, gibt es nicht. Im Gut Derenburg ist die rentable Größe 1:1, in anderen Betrieben kann es durchaus auch 1: 3 sein.


Fahrwege kurz halten:

Umladewagenfahrer und Mähdrescherfahrer müssen beim Anschneiden und beim Beetmanagement so arbeiten, dass die Wegezeiten kurz sind. Bei zwei Mähdreschern und kurzen Schlaglängen fährt der Umladewagen nur nach Bedarf an die Mähdrescher. Sind die Schläge länger und ist ein dritter Mähdrescher auf dem Feld, übernimmt er unabhängig vom Befüllgrad des Mähdreschers. Das heißt, der Umladewagen muss ständig auf Achse sein. Bei langen Schlägen ist es günstig, wenn er sich mittig postiert und beidseitig die fahrenden Drescher bedient. Bei kurzen Stücken wiederum versucht er sie in Feldrandnähe abzufangen, um den Zeitvorteil der geringen Entfernung zur Straßentransportkette zu nutzen (Übersicht 2).


Durch eine gute Logistik zwischen Umladewagen und Mähdrescher sinkt der Kraftstoffbedarf, verbessert sich die Bodenschonung und eventuell kann er mehr Mähdrescher bedienen. Das ist z.B. dann von Interesse, wenn die Mähdrescherzahl schwankt, weil Lohndrescher gemeinsam mit betriebseigenen Mähdreschern ernten. Bei einem zusätzlichen Mähdrescher vom Dienstleister funktioniert oft die Kommunikation untereinander nicht mehr so gut, weil meist kein Funk bzw. nicht die gleiche Frequenz vorhanden ist. Dann sollte man bei Einsatz eines Dienstleisters immer den Mähdrescher plus Umladewagen organisieren.


Empfang bereiten:

Im Gut Derenburg wird darauf geachtet, dass der Umladewagen von der Straßentransportkette empfangen wird. Auch wenn das Umladewagengespann wendig und schnell ist, müssen dessen Fahrwege kurz gehalten werden. Oft sieht man die Schlepper am Feldrand eintreffen und wo sie angekommen sind, bleiben sie auch stehen, obwohl sich der Mähdrescher schon wieder ein Beet weiter bewegt hat.


Die Aufgabe des Umladewagenfahrers ist es, die Abfahrer so zu positionieren, dass sie an der richtigen Stelle stehen. Darüber hinaus richten sich in Derenburg die Abfuhrfahrzeuge parallel nacheinander aus. Der Umladewagen kann in einer Linie, der Reihe nach, die Anhänger befüllen, ohne bei schief stehenden Fahrzeugen zu rangieren. Eine kleine Maßnahme, die sich mit klaren Anweisungen an die Fahrer schnell umsetzen lässt.


Platz schaffen:

Das Anschneiden des Vorgewendes erfolgt nicht ringsherum, sondern so, dass der Umladewagen stets Platz zum Abbunkern hat. Das heißt, der Drescher beginnt in der zweiten Spur und mäht nach Dreiviertelbefüllung die dritte Spur zurück. Der Umladewagen kann dann in der zweiten Spur fahren. Danach fährt der Drescher in die Randspur, tankt kurz vor der ersten Wendestelle ab, um dann wieder die zweite Spur zu mähen. So muss er nicht mitten im Vorgewende Raum für den Umladewagen schaffen, was unnötig Zeit kostet.


Für das Befüllen des Umladewagens ist immer der Mähdrescherfahrer zuständig. Er kann wesentlich besser in den Wagen sehen und regelt den Befüllvorgang mit seiner Geschwindigkeit. Der Umladewagenfahrer fährt mit konstanter Geschwindigkeit. Diese wird, z.B. per Funk, zuvor entsprechend der Bestandesbedingungen vereinbart. Eine Kamera am Abtankrohr erleichtert den exakten Übergabevorgang.


Puffer einbauen!

Ist der Umladewagen zu klein, ist am falschen Ende gespart – das neue Verfahren kann zum Hemmschuh werden. Im Gut Derenburg ist der Umladewagen so bemessen, dass er gut 1,5 Bunkerfüllungen des Lexion 600 aufnehmen kann, einschließlich der Menge, die er während des Abbunkerns drischt. Das sieht nach einer Luxus-Variante aus, hat aber den Vorteil, dass man fehlende Feldrandfahrzeuge überbrücken kann. Wenn sie dann eintreffen, befüllt sie der Umladewagen schlagartig und sie können sofort wieder abfahren. So reduziert man auch die Straßenflotte.


LKW-Fahrer wissen das zu schätzen, denn der Spediteur verdient nur Geld, wenn der LKW fährt und Standzeiten am Ackerrand kurz sind. Im besten Fall ist ein LKW in knapp 10 Minuten vollständig beladen. Natürlich muss auch die Feldrandabfuhr dem Umladewagen angepasst sein. Er soll die Erntemenge zügig loswerden, ohne auf zu kleine Anhänger zirkeln zu müssen oder nur teilentleert in die nächste Runde zu gehen.


Natürlich sollen aber auch die Anhänger möglichst voll fahren und nicht dreiviertelvoll losgeschickt werden. Fehlen aber auf einem Hängerzug oder LKW nur 1 bis 2 t, sollte der Abfahrer starten. Warten, nur um vollständig beladen zu werden, bringt in diesem Fall keine Vorteile, da er nach 8 Minuten Wartezeit auf die Restmenge bereits eine Teilstrecke zum Lager gefahren wäre.-jmk-

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