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topplus 3,5 t Anhängelast

Kantig und robust - Der Ineos Grenadier Geländewagen im Test

Der Ineos Grenadier ist ein Neuling: Besonders auffällig ist sein Design. Hier bediente man sich bewusst der Konturen klassischer Geländewagen. Wir konnten den neuen Offroader ausgiebig testen.

Lesezeit: 8 Minuten

Das Jahr 2016 war traurig für alle Offroad-Fans: Nach 68 Jahren stellte Land Rover den Bau seines Kultmodells Defender ein.

Der durchmodernisierte und rundgeschliffene Nachfolger konnte die Puristen nicht überzeugen – auch den Chemie-Milliardär Jim Ratcliffe nicht. Er warb kurzerhand einige Konstrukteure der britischen Geländewagenschmiede ab und sie entwickelten ab 2017 für ihn den neuen Ineos Grenadier.

Ineos ist eigentlich als ein weltweit agierendes Chemieunternehmen bekannt. Heute fertigt man die Grenadiers im ehemaligen Smart-Werk im französischen Hambach.

Ist der Grenadier eher ein Fahrzeug für Fans oder bewährt er sich auch in der Landwirtschaft? Wenn man sich die technischen Daten ansieht, gibt es ein eindeutiges Ja! Denn vor allem die üppige Anhängelast von 3,5 t reicht auch für z. B. große Viehanhänger. Doch nicht nur die technischen Daten sind spannend. Um ehrlich zu sein, hat uns der Allradler richtig Spaß gemacht – auch wenn es an einigen Stellen noch ein paar Kinderkrankheiten gibt.

Bekanntes Triebwerk

Den Grenadier gibt es in drei Ausführungen. Mit Doppelkabine und Ladepritsche kommt der Quartermaster. Der Station Wagon ist die Pkw-Variante mit geschlossenem Laderaum. Hier liegt der Fokus mehr auf dem „Fahrgastkomfort“, denn auch auf der Rückbank soll man bequem sitzen können.

Das Nutzfahrzeug ist der Utility Wagon. Dieses Modell gibt es wahlweise mit zwei oder fünf Sitzen. Die Version mit zwei Sitzen hat einen durchgängig flachen Boden im Laderaum. Hiermit soll man sogar eine Europalette transportieren können. Für unseren Test stand uns letztere Variante als Fünfsitzer zur Verfügung.

Unter der Haube des Grenadiers werkelt je nach Wunsch als Benziner- oder Diesel ein BMW-Reihensechszylinder mit 3 l Hubraum. Der Benziner bringt es mit einem Turbolader auf 286 PS und einen Drehmoment von 450 Nm, der Bi-Turbo-Diesel hat mit 249 PS zwar etwas weniger Leistung, das Drehmoment ist mit 550 Nm aber größer.

Unser Grenadier war in der Diesel­variante unterwegs. Seine rund 250 PS merkt man dem Motor – nach einer kurzen Gedenksekunde – durchaus an. Der fast 3 t schwere Wagen beschleunigte im Test unter feuchten Bedingungen in immerhin nur 10 Sekunden von 0 auf 100 – top.

Auf die Verbrauchsanzeige sollte man in dem Moment aber besser nicht schauen. Ansonsten sind wir im gemischten Verkehr mit 11 l pro 100 km ausgekommen, auf der Autobahn brauchte der Geländewagen zwischen 13 und 14 l/100 km. Hier bleibt anzumerken, dass echte Geländereifen (BFGoodrich All-Terrain, 265/70 R17, 1.000 €) montiert waren.

Guter Fahrkomfort

Das 8-Gang-Automatikgetriebe kommt von ZF. Eine reine Schaltversion gibt es nicht. Man kann die einzelnen Gänge aber auch manuell wechseln. Der Schalthebel in der Mittelkonsole ist von BMW bekannt. Dem Fahrantrieb können wir ein ordentliches Zeugnis ausstellen. Die Gänge sind gut abgestimmt. Liftet man das Fahrpedal kurz, schaltet die Automatik schneller hoch. Der Allradantrieb ist beim 4 x 4-Fahrzeug immer aktiv.

Über einen zweiten Hebel lässt sich das Getriebe fürs raue Gelände im Verhältnis 2,5 : 1 untersetzen. Das Umschalten geht sehr mechanisch und nur im Stillstand. Mit aktiver Untersetzung fährt der Grenadier maximal 70 km/h. Wählt man die Untersetzung, aktiviert sich auch die Längssperre im Verteilergetriebe. Leider gab es in unserer Testmaschine noch keinen Abstandstempomaten, sondern nur die Möglichkeit, die aktuelle Geschwindigkeit „einzufrieren“. Laut Ineos soll die Abstandsvariante aber in diesem Modelljahr folgen.

Verschiedene Fahrstrategien haben wir nicht gefunden, es gibt also z. B. keinen Eco- oder Anhängermodus. Mit dem Down-Hill-Modus, einer Bergabfahrhilfe, sowie dem Wading-Modus (Tiefwaten, Fahren im Wasser) finden sich aber andere Assistenzsysteme im Wagen.

Fürs Gelände

Im Test fuhren wir mit dem Grenadier auch in sehr unwegsames Gelände, was im sehr nassen Winter 2023 nicht allzu schwer zu finden war. Als Härtetest diente eine Silolagerstätte auf einem Feld, die durch tiefe Schlepperspuren gekennzeichnet war. Mit dem Grenadier kamen wir bei eingeschalteter ­Untersetzung immer noch gut voran. Die Mittelachssperre reichte dazu aus. Die optional zusätzlichen Vorder- und Hinterachssperren (per Kippschalter wählbar, 2.085 €) brauchten wir nicht. Sollte man dennoch einmal feststecken, hilft die optionale Seilwinde (5,5 t Zugkraft, Aufpreis 4.050 €) weiter.

Für den richtigen Einsatz abseits der Straße und von Wegen kann man über einen Schalter zudem den Offroad-Modus wählen. Dann sind die Parksensoren ausgeschaltet, Türen können während der Fahrt offen stehen und der Sicherheitsgurtwarner ist deaktiviert … 

Auch die Lenkung ist auf die Geländefahrt ausgelegt. Ineos setzt dabei auf eine für Pkw recht ungewöhnliche Kugelumlauflenkung. Dies hat den Vorteil, dass kaum Rückstellkräfte entstehen, wenn man z. B. durch eine Furche fährt. Im Straßenverkehr ist das aber gewöhnungsbedürftig, da sich das Lenkrad nach Kurvenfahrten nicht wieder zentriert. Hier könnte Ineos für die „Straßenvariante“ des Fahrzeuges vielleicht auch über eine „Standardlenkung“ nachdenken. Trotzdem: Nach recht kurzer Zeit gewöhnt man sich daran, den Grenadier wieder zurückzulenken.

Wie im Cockpit

Die Einstiegshöhe ist mit 60 cm sehr hoch. Warum der Hersteller die seit­lichen „Stoßstangen“ nicht weiter he-rauszieht, um sie gleichzeitig als Tritt nutzen zu können, erklärt sich uns nicht. Hier geht noch was. Das Innere des Grenadiers erinnert an das Cockpit eines Flugzeuges. Gerade die Kippschalter in der Mitte unter dem Kabinenhimmel zeichnen den Innenraum aus. Dass man viel Wert auf Robustheit gelegt hat, zeigt schon die Tatsache, dass die Kabineninstrumente gegen Spritzwasser geschützt sind. Zudem gibt es im Fußraum des Fahrer- sowie Beifah­rersitzes Bodenabläufe mit Stopfen – hier kann man also auch mal mit der Bürste und Wasser zu Werke gehen. Das passt für raue Einsätze in der Landwirtschaft.

Trotz der robusten Bauweise schafft es Ineos, dem Fahrzeug einen hochwertigen Eindruck zu verleihen. Dafür sind in erster Linie die Kunstledersitze (2.300 €) sowie die dunklen Verkleidungen verantwortlich. Für den Fahrer und Beifahrer gibt es angenehme Sitzpositionen mit ausreichend Beinfreiheit (und einer sehr effizienten Sitzheizung, Aufpreis 420 €). Man fühlt sich etwas wie im Lkw. Die mittlere Armlehne sollte sich noch weiter nach vorne schieben lassen. Die Rückbank ist in unserer Nutzfahrer-Ausführung Utility Wagon hingegen eng und hat fast einen Notsitzcharakter. Wer den Wagen auch als z. B. Familienauto nutzen möchte, sollte die Pkw-Variante wählen.

Dem Kastendesign geschuldet ist die kleine Windschutzscheibe. Das Blickfeld ist nicht besonders groß. Über die Motorhaube kann man aber dennoch gut herübersehen. Auffällig sind die kleinen Seitenrückspiegel, die zudem günstig wirken. Da sollte der Hersteller auf größere Modelle setzen. Nach hinten versperren die geteilte Kofferraumtür sowie das Reserverad die Sicht stark. Dafür gibt es aber eine sehr gute Rückfahrkamera, bei der man auch die Anhängerkupplung sehen kann.

DER INEOS GRENADIER IM ÜBERBLICK

Viele Extras

Das Anzeigeninstrument ist in der Mittelkonsole integriert. Der Hersteller verwendet eine Art Schwarz-Weiß-Look mit nur wenigen Farben. Hier wird auch die aktuelle Fahrgeschwindigkeit abgebildet. Einen echten Tacho gibt es nicht. Hinter dem Lenkrad ist lediglich eine Anzeige mit einzelnen Symbolen integriert, die z. B. den Blinker zeigen. An die Anordnung konnten wir uns aber schnell gewöhnen.

Einstellungen am Bedienfeld lassen sich entweder per Touch oder per Dreh-Drückrad vornehmen – gut. Viele Ebenen bietet das Menü aber nicht. Außerdem ist kein Navigationssystem integriert, wohl aber Apple-Car-Play und Android Auto sind enthalten. So kann man sich z. B. per Google Maps navigieren lassen. Lob gibt es für die gute Freisprecheinrichtung.

Äußerlich findet man Klemmleisten an den Türen (530 €). Hier lassen sich Gegenstände mit speziellen Haken anbringen. Im oberen Rahmen sind optional zudem viele (schaltbare) Steckdosen integriert (1.385 €), an denen man z. B. Strahler anschließen kann.

Allerdings müssen wir an einigen Stellen noch Kritik üben. Die Aufteilung der Kofferraumtüren gefiel uns nicht, da man durch die schmale linke Tür kaum etwas in den Laderaum packen kann. Außerdem war bei unserem Testfahrzeug die Windschutzscheibe nicht ganz dicht, vorne rechts lief dann und wann etwas Wasser in das Fahrzeug. Zudem schien es einige Fehler mit Sensoren zu geben, denn sowohl der Sicherheitsgurtwarner sowie die Sensoren an den Türen spielten im Test etwas verrückt. Bei den Kritikpunkten handelte es sich laut Hersteller nach einer Prüfung im Nachgang um ein fahrzeugspezifisches Problem, das in Serienfahrzeugen nicht mehr auftreten soll.

Insgesamt zeigte sich der Grenadier  als Arbeitstier. Im Gelände geht es mit dem Wagen voran. Und das kantige Aussehen des Pkw dürfte viele Kunden neugierig machen. Mit rund 94.100 € Listenpreis in Testausstattung (ohne MwSt.) ist der Geländewagen aber leider kein Schnäppchen und spielt damit in einer Liga mit dem neuen Land Rover Defender oder dem Jeep Wrangler, bleibt aber deutlich unter der Mercedes G-Klasse. In Grundausstattung gibt es ihn für 72.640 €. Vielleicht sollte Ineos über eine weiter abgespeckte Variante nachdenken. Das dürfte auch den trauernden Defender-Fans gefallen.

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