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Süßkartoffelanbau in Deutschland?

Landwirt Sönke Strampe hat sich nicht nur dem Anbau von Bio-Süßkartoffeln, sondern auch einer professionellen Vermarktung der Knollen gewidmet. Der Anbau in Deutschland kann funktionieren, sagt er.

Lesezeit: 9 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst im Magazin f3 - farm food future erschienen.

Damit Kunden im Laden zu ihren Bio-Süßkartoffeln aus Deutschland greifen, haben sich Sönke und Anna Strampe nicht nur dem Anbau der Knolle, sondern auch einem professionellen Marketing mit dem Namen „Sönkes Süßkartoffel“ verschrieben.

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Die besten Ideen entstehen am Küchentisch. So war es jedenfalls bei Sönke und Anna Strampe aus Bad Bevensen im Landkreis Uelzen. Schon länger schwirren ihre Gedanken darum, mit welcher Besonderheit der jüngst von Sönkes Eltern übernommene Ackerbaubetrieb breiter aufgestellt sein könnte.

Die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft stand schon fest und neben Getreide und Leguminosen sollte eine Gemüsekultur die Wirtschaftlichkeit des Bio-Anbaus verbessern. „Anna fragte dann, wie es denn mit Süßkartoffeln wäre“, sagt Sönke Strampe. Ein Exemplar der orangenen Knolle lag gerade in der Küche des jungen Paares. Das brachte das Projekt „Sönkes Süßkartoffel“ auf den teils steinigen Weg zur vermarktungsfähigen Knolle aus der Lüneburger Heide.

Trendig, schmeckt und wächst

Während die Initialzündung zum Süßkartoffelanbau 2016 eine fixe Idee war, gingen Strampes fortan strategisch vor. Internetrecherchen decken in Deutschland Lücken auf: Die Süßkartoffel liegt im Trend und hat als Pommes oder in Currys die Restaurants und Küchen der Deutschen erobert. Der Bedarf scheint aber nicht aus den hiesigen Ernten gedeckt zu sein. „Der Import von Süßkartoffeln wuchs seit Jahren stetig“, erklärt Sönke.

Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: 2009 importiere Deutschland 1.817 t, zehn Jahre später rund 31.000 t. Hauplieferanten für Deutschland kommen aus den USA, aber auch spanische Ware ist auf dem Markt. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung geht 2019 hierzulande von circa 200 ha Süßkartoffel-Anbaufläche aus, von der nach Schätzungen 9 bis 14 % der verfügbaren Menge der sogenannte Bataten stammen soll.

Süßkartoffelanbau: vom Kübel aufs Feld

Ebenso groß war die Spanne zwischen dem benötigten und vorhanden Wissen zum Anbau der Knolle: Wegen weniger wissenschaftlicher Versuche, nur vereinzelten Praxisbetrieben und undurchsichtigen Empfehlungen entschied sich der 32-jährige Landwirt selbst ein Anbausystem ausklügeln. Dafür startete Sönke mit den Grundlagen. Die erste Süßkartoffel aus dem Hause Strampe wuchs 2016 noch in einem Kübel auf dem Balkon. „Ich wollte die Pflanze genau kennen lernen, um sie richtig anzubauen“, sagt er. Während die Ranken der ersten Kartoffel heranwuchsen, stellte der Landwirt den elterlichen Betrieb auf ökologische Landwirtschaft um.

Im Folgejahr zogen Strampes Bataten aus dem Kübel auf einen rund 300 m2 großen Acker im Garten. Auf dem Versuchsfeld leistet er Bio-Pionierarbeit, testet verschiedene organische Dünger und Pflanzdichten. „Da haben wir gesehen, dass sie hier wächst, Ertrag bringt und vermarktungsfähige Knollen bildet“, erklärt Sönke.

Auf 4 von insgesamt 250 ha

Dazu hat sie Ansprüche: Die Süßkartoffel mag es warm und wächst daher besser in einem Damm, ähnlich denen des Kartoffelanbaus. Auch wenn die Pflanzen mit Trockenstress umgehen können, muss der Betrieb in der Regel zusätzlich beregnen. Zur Düngung verwendet Sönke Grünschnittkompost und Bio-Geflügelmist. Der Boden muss damit vor der ersten Pflanzung versorgt sein. Während der Wachstumsperiode düngt er nicht. Der Stickstoffbedarf ist mit circa 50 kg N/ha im Vergleich zu hiesigen Kulturen geringer. Der Kali- und Phosphorbedarf liegt auf dem Niveau der „normalen“ Kartoffel.

Diese Bedingungen schaffte Sönke 2018 bei der ersten Anpflanzung auf dem Acker. Stetig wächst die Fläche seither auf aktuell vier der 250 ha des Betriebes. „Unser Ziel ist es, mit der Nachfrage zu wachsen. Es bringt nichts, den Markt einfach mit Ware zu fluten“, sagt Sönke.

Gesicht zeigen und Mehrwert liefern

Während Sönke buchstäblich im Dreck wühlt und den Anbau optimiert, stürzte Anna sich auf ihre Hauptaufgabe: Die gelernte Marketingkauffrau kreierte die Marke „Sönkes Süßkartoffel“. Ein auffälliges Logo, Social Media Präsenz und ansprechendes Werbematerial sollen die Vorzüge des regionalen Trendfoods kommunizieren. „Dahinter steckt sehr viel Zeit und Arbeit, die Landwirte allein neben dem Anbau meist nicht leisten können“, sagt die 32-jährige, die parallel auch außerhalb halbtags in einer Agentur arbeitet.

Im Marketing sieht Sönke einen Vorteil seines Betriebs und Potenzial für andere: „Aktuell teilen sich mehrere Betriebe Maschinen oder gründen dazu Betriebsgemeinschaften. Es sollte aber auch soweit kommen, dass sich Landwirte zusammen tun um eine Marketingkraft zu teilen. Man muss mehr voran gehen und zeigen was man macht und vor allem wieso.“

Den Vertrieb startete das Paar beim lokalen Lebensmitteleinzelhandel und in Naturkostgeschäften. „Wir sind mit einem Korb voll Süßkartoffeln losgezogen und auf sehr positive Resonanz gestoßen“, sagt Anna. Denn das Paar lieferte nicht nur ein Produkt, sondern die Story darum gleich dazu. Fertige Plakate und Flyer sollen den Kunden zeigen, woher das Produkt stammt.

Regionale Vermarktung im LEH

Im Laden lacht den Kunden zusätzlich zu den Früchten möglichst immer auch Sönkes Kopf von einem Flyer an. „So etwas wird von den Einzelhändlern wohlwollend entgegengenommen“, weiß die Fachfrau. Auch hinsichtlich der Qualität ist es der Anspruch von Strampes, sich mit hochwertiger Bio-Ware gegen die günstigere Konkurrenz aus dem Ausland zu behaupten. Nur so fragen die Händler dauerhaft Ware nach, ist das Paar überzeugt.

Maschinen aus der Lüneburger Heide

Zwischen einem Maisacker und einem Rübenfeld stehen die zukünftigen Erträge des Jahres 2020: 4 ha Süßkartoffeln am Stück. Auf den ersten ungeschulten Blick könnte man meinen, neben einer Efeuzucht zu stehen. Nachdem Sönke mit einem Spaten einen Erdwall öffnet, zeigen sich allerdings die rötlichen Wurzeln, die sich ab Ende Juli sichtbar nach und nach zur süßen Speise mausern.

Sönke kauft im Mai Jungpflanzen zu. Diese stammen aktuell zum Großteil noch aus dem Ausland. Parallel arbeiten sie daran, in Deutschland eine Kooperation zur Zucht von Stecklingen zu entwickeln. „In diesem Jahr haben wir insgesamt 140.000 Pflanzen innerhalb von zwei Wochen bekommen. So viel produziert hier in Deutschland leider noch niemand.“ Dafür musste er seine Bestellung beim ausländischen Züchter schon im vorigen Herbst aufgeben. Mit einer Pflanzmaschine setzen er und seine Mitarbeiter die wertvollen Stecklinge auf Wälle. Während andere Süßkartoffel-Bauern diese für einen höheren Ertrag mit Folie eintüten, verzichten Strampes trotz etwas geringerer Erträge darauf. „Ein Feld voll schwarzem Plastik passt nicht in unser Konzept“, ist er überzeugt.

Wenn die Jungpflanzen in der Erde sind, hat Sönke circa 24.000 € pro ha in das Grün und den Anbau investiert. Solange die Pflanzen ab dann noch klein sind, steht zunächst alle acht Tage, später alle zwölf Tage das maschinelle Hacken gegen Unkräuter an. Je größer die Abdeckung durch das Laub, desto weniger Chance hat die ungewollte Konkurrenz. Insgesamt rechnet Strampe zusätzlich mit zehn Stunden Handarbeit pro Hektar.

Ernte ist eine Herausforderung

Gegen Pflanzenkrankheiten muss er aktuell nichts unternehmen, denn es haben sich bisher keine etabliert. Große Schäden verursachen aber Mäuse. „Ab Ende Juli schmeckt es den Mäusen. Wir hatten daher schon Ernteausfälle von bis zu 30 %“, sagt Sönke. Ende September naht die Ernte. Zuerst wird das üppige Laub abgeschlagen, um die Pflanzen auf die Ernte vorzubereiten. „Frost würde das Grün auch absterben lassen, aber damit sind ebenfalls die Knollen hinüber“, erklärt der Landwirt.

Für die Ernte der rund 35 t Süßkartoffeln pro ha setzt er einen Frühkartoffelroder ein. „Die Süßkartoffel ist sehr empfindlich. Man sieht jede Druckstelle“, sagt Sönke. Der Roder war bei der Ernte nicht vorsichtig genug und so investierte der Landwirt noch einmal eine Summe in höhe des Kaufpreises in den Umbau der Technik. Da größere Erntetechnik-Hersteller wenig Interesse an einer Innovation zur Ernte der Bataten zeigen, wird Sönke selbst zum Maschinenbauer: „Ich hab mich unter den Gewerken in der Region umgeschaut. Eine Treppengeländer-Werkstatt hat mir Teile gebaut. Eine Schneiderin besondere Stoffstücke für eine schonende Rutsche zusammengenäht.“ Langsam zeigt sich der Tüftler zufrieden mit der Technik. Auch wenn sie so einige Süßkartoffeln auf dem Kerbholz hat. Und Nerven wohl auch.

Die Region ist die Basis

Zusätzlich zu regionalen Läden vertreiben Strampes ihr Produkt mittlerweile in Lüneburg und Hamburg und unter anderem über die Online-Plattform „Hamburger Frischepost“. So waren schon im April 2020 die 20 t aus der Ernte 2019 ausverkauft. Auch Großhändler zählen zum Kundenstamm. „Der Vorteil ist, dass die gleich eine ganze Palette mit eigener Logistik abholen, das ist für uns deutlich weniger Arbeit“, sagt Sönke. Ansonsten fahren sie die Süßkartoffeln selbst kistenweise in die Umgebung.

„Im Großmarkt geht unsere Marke bisher allerdings verloren. Daran will ich noch arbeiten. Wir wollen einen Mehrwert bieten und zeigen, dass der Kunde echte Qualität bekommt, hinter der aber eine Menge Arbeit steckt“, sagt Anna. Eine findige Idee gibt es schon: Kleine, pinke Sticker mit ihrem Logo kennzeichnen die Großhandelsware für den unbekannten Endkunden. Ein alleiniger Absatz auf diesem Weg kommt aber nicht in Frage. „Die Region und der Verkauf vor Ort ist uns sehr wichtig. Die Kunden und die Einwohner wollen sich wieder finden und hier vor Ort können wir transparent zeigen, was wir machen“, sagt Sönke. Das sei die beste Werbung. „Aus diesem Grund planen wir gerade noch einen kleinen Selbstbedienungs-Hofladen.“

Expansion?

Wenn es gut läuft steht die Frage nach dem Wachstum des Betriebszweig oft nah. So schwirren dem Paar zum Beispiel Ideen zur Weiterverarbeitung oder zur Vermarktung von beschädigten Süßkartoffeln im Kopf. „Wir haben viele Ideen – mehr Ideen als Zeit“, sagt Anna und ergänzt: „Das muss aber alles auch für uns händelbar sein.“ Die Zukunftsausrichtung des Betriebs ist allerdings klar. „Wir setzten voll auf die Süßkartoffel. Das ist für uns lange kein Experiment mehr“, sagt Sönke. Allerdings mit bewusster Zurückhaltung. Nicht zu verwechseln mit Stagnation.

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