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topplus Post vom Finanzamt

Grundsteuerreform: Was Landwirte jetzt wissen müssen

Wer gehört zu den Gewinnern, wer zu den Verlierern der Grundsteuerreform? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten für Landwirte dazu.

Lesezeit: 6 Minuten

Frage: Das Finanzamt hat mir meine Grundsteuermessbeträge mitgeteilt. Was sagen diese Werte aus?

Antwort: Die neuen Grundsteuermessbeträge haben einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der in 2025 zu zahlenden Grundsteuer. Denn die Finanzämter stellen die Werte im Laufe dieses Jahres den Kommunen zur Verfügung, die diese mit den jeweils für die Gemeinde gültigen Hebesätzen multiplizieren. Das Ergebnis entspricht der Grundsteuer in Euro und Cent. Beispiel: Der Grundsteuermessbetrag für eine Fläche beträgt 100 €, der Hebesatz liegt bei 200 %. Dann ergibt das 200 € Grundsteuer (100 € x 2).

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Frage: Kann ich jetzt schon an den Grundsteuermessbeträgen für meine Böden, Ställe, Maschinenhallen usw. ableiten, ob ich zu den Gewinnern oder Verlierern der Grundsteuerreform gehöre?

Antwort: Nein. Zwar können Sie Ihre Grundsteuermessbeträge mit denen aus den vorherigen Bescheiden vergleichen und eine Tendenz erkennen. Wie hoch aber die Hebesätze für das kommende Jahr ausfallen, steht noch nicht fest. Diese legen die Kommunen erst im Laufe des Jahres fest.

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Frage: Sind die Grundsteuermessbeträge für landwirtschaftliches Vermögen im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen?

Antwort: Nein, für die Durchschnittsbetriebe in der Regel nicht. Im Vergleich zum alten Modell gibt es aber vor allem für Betriebe mit wenig Fläche und vielen Tieren eine Erhöhung. Grund dafür ist ein Zuschlag für Betriebe mit überdurchschnittlich vielen Vieheinheiten pro Hektar. Dies betrifft aber in erster Linie Tierhaltungs­koope­rationen, sogenannte 51 a-Betriebe. Diese verfügen in der Regel über keine eigenen Flächen, gleichzeitig aber über viele Tiere bzw. Vieheinheiten.

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Frage: Was ist mit dem Betriebsleiterhaus?

Antwort: Die Gemeinden müssen für die Betriebsleiter- und Altenteilerhäuser künftig die Grundsteuer B statt A erheben. Für die meisten Landwirte bedeutet das womöglich höhere Kosten, denn für die Grundsteuer B werden in der Regel höhere Hebesätze fällig. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen lag 2022 der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer A bei etwa 310 %. Für die Grundsteuer B waren es 250 Prozentpunkte mehr.

Allerdings lässt sich keinesfalls daraus ein allgemeiner Trend ableiten, dafür sind die Bedingungen auf den Höfen zu unterschiedlich. Auch ein Vergleich zwischen den Bundesländern ist komplizierter geworden. Zwar gilt für die Grundsteuer A ein bundesweit einheitliches Verfahren (Bundesmodell), aber die Grundsteuer B wird landesspezifisch unterschiedlich berechnet. Elf Bundesländer folgen einem Bundesvorschlag für die Grundsteuer B, während Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen eigene Wege gehen. Detaillierte Informationen zu den unterschiedlichen Modellen finden Sie unter  www.topagrar.com/grundsteuermodelle2024

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Frage: Was zeichnet sich für die Hebesätze ab?

Antwort: Viele Kommunen haben noch nicht bekanntgegeben, wie hoch die Hebesätze im nächsten Jahr sein werden. Normalerweise setzen Stadt- oder Gemeinderäte diese erst im Herbst für das folgende Jahr fest. Dann wird sich zeigen, ob die Reform aufkommensneutral bleibt, wie es die Regierung versprochen hat. Steuerexperten zweifeln jedoch daran. Sie vermuten, dass nicht alle Gemeinden ihre Hebesätze senken werden, um die finanzielle Last der Bürger zu begrenzen. Viele Kommunen kämpfen schließlich mit knappen Haushalten.

Pikant: Im vergangenen Jahr haben auffallend viele Kommunen ihre Hebesätze erhöht. Dahinter könnte eine bewusste Strategie im Hinblick auf die bevorstehende Steueränderung ab dem 1.1.2025 stecken: Kommunen, die jetzt ihre Einnahmen steigern, könnten 2025 die Hebesätze senken und trotzdem behaupten, sie nähmen durch die neue Grundsteuer nicht mehr ein als in den Jahren zuvor.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erhebt jährlich die Hebesätze für Grundsteuer B (bebaute Grundstücke) in Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern. Danach stieg 2022 der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B von 549 % um fünf Prozentpunkte auf 554 %. Was nach wenig klingt, kann im Einzelfall für die Betroffenen eine enorme Belastung sein. So weisen die Autoren in der Studie auf die Spannbreite hin: 26 Gemeinden erhöhten laut DIHK den Hebesatz zwischen 20 und 49 Punkten, 38 Gemeinden zwischen 50 und 100 Punkten und 17 Gemeinden sogar um mehr als 100 Prozentpunkte.

Immerhin: Berlin hat angekündigt, ab 1.1.2025 den Hebesatz für die Grundsteuer A auf 0 % zu senken, das heißt: Für land- und forstwirtschaftliche Flächen wird keine Grundsteuer fällig. Und den Hebesatz für die Grundsteuer B will der Senat auf 470 % abschmelzen (bislang 810 %).

Um Druck auch auf andere Kommunen auszuüben, bringen einige Verbraucherschützer ein Transparenzregister ins Spiel. Darin müssten Kommunen und Finanzämter ihre Werte offenlegen und angeben, um wie viel die Hebesätze ­sinken müssten, damit sie sich nicht auf Kosten der Verbraucher an der Reform bereichern. Nach einer Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wollen unter anderem Nordrhein-West­falen, Niedersachsen, Hessen, Bran­denburg und Schleswig-Holstein ein ­solches Register einführen. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in Baden-Württemberg.

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Frage: Einige Steuerrechtler zweifeln an der Verfassungskonformität der Grundsteuerreform. Bringen womöglich die Gerichte die neue Grundsteuer zu Fall?

Antwort: Steuerexperten erwarten, dass durch die Steuerreform und die unterschiedlichen Hebesätze ähnliche Grundstücke und Gebäude noch ungleicher besteuert werden als bislang. Deshalb setzen viele auf ein Eingreifen der Gerichte. In Rheinland-Pfalz waren zwei Grundstückseigentümer mit ihren Klagen ­gegen die Grundsteuermessbescheide schon in erster Instanz erfolgreich. Sie gewannen vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Die Richter erlaubten jedoch eine Revision. Die Finanzverwaltung will daher beim Bundesfinanzhof in München Berufung gegen die Urteile einlegen.

Die Richter des rheinland-pfälzischen Finanzgerichts störten sich in den beiden Fällen vor allem an der Ableitung der Bodenrichtwerte für die Grundsteuer B, die in die Berechnungen einfließen. Diese seien pauschal und zu hoch angesetzt worden. Die individuellen Verhältnisse kämen bei der Bewertung zu kurz.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Professor Dr. Gregor Kirchhof. Er veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Gutachten, das kein gutes Haar am Bundesmodell ließ. Hauptkritik: In die Bewertung der Immobilien würden pauschale Werte einfließen, die den Gegebenheiten vor Ort nicht gerecht werden. Hinzu kämen die teils realitätsfernen Bodenrichtwerte. Selbst bei benachbarten Grundstücken liegen die Bodenrichtwerte um mehrere Hundert Euro aus­einander, was zu deutlichen ­Unterschieden bei den Grundsteuermessbeträgen und letztlich auch zu unterschiedlich hohen Belastungen für die Eigentümer führen kann.

Betroffen sind davon aus Sicht von Steuerberatern vor ­allem die Innenstadtbereiche, weniger die ländlichen Regionen.

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Frage: Sollte ich also auf jeden Fall Einspruch einlegen?

Antwort: Bis für alle Klagen die Urteile vorliegen, dürfte einige Zeit vergehen – und ob die Richter mit einem Urteil automatisch auch die Berechnung der Grundsteuer A kippen, vermag niemand seriös vorherzusagen. Sollten die Gerichte die neue Grundsteuer allerdings als verfassungswidrig einstufen, wären wohl alle Bescheide hinfällig. Es müsste also nicht jeder Widerspruch einlegen, um von einem Urteil zu profitieren.

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Frage: Was ist, wenn der Bescheid Fehler enthält?

Antwort: Dann sollten Sie ein Veto in Erwägung ziehen. Wer Einspruch einlegen will, muss dies innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids tun. Sonst wird er rechtskräftig. Wird der Bescheid per Post zugestellt, gilt er am dritten Tag nach dem Datum des Poststempels als bekannt gegeben. Doch nicht immer lohnt sich ein Einspruch, für den man meist die Hilfe eines Steuerberaters braucht, der dafür schnell 200 € in Rechnung stellt.

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