Mein Telefon klingelt. Es ist Ingo, Legehennenhalter. Ich frag ihn, was es so Neues gibt und er erzählt mir, dass er gerade ein zweites Silo gekauft hat. Er teilt die Fütterung seines Geflügels ab sofort in zwei Mahlzeiten auf.
Der Zauber heißt „Split Feeding“. Das bedeutet, dass die Nährstoffversorgung optimal auf den Ei-Produktionszyklus der Henne abgestimmt ist. Die Fütterungseffizienz steigt, die Qualität von Ei und Schale verbessern sich. „So kann ich länger und mehr sortierfähige Eier produzieren und die Wirtschaftlichkeit meiner Haltung erhöhen“, sagt Ingo. Seine Worte klingen wie aus einem Produktflyer.
„Und nun“, frage ich nach. „Nun muss ich nur noch meiner Nachbarin erklären, warum ich ein zweites Hochsilo aufstelle. Sie hat Angst, ich würde meinen Betrieb massiv vergrößern.“„Ich rate Dir, Begriffe wie Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu streichen. Damit gewinnst Du keinen Blumenpott und erst recht nicht ein ‚Daumen hoch‘ Deiner Nachbarin“, antworte ich ihm. „Erklär ihr das neue Konzept doch lieber mit dem alten Zahnpasta-Slogan: Morgens Aronal, abends Elmex!“
Über 30 Jahre erfolgreiches Marketing des Mundhygieneartikelherstellers sprechen für sich. Aronal kümmert sich ums Zahnfleisch, Elmex um die Kariesprophylaxe! Elmex verbessert seine Wirkung, wenn es über Nacht einwirkt, deshalb „abends“.
Ich fahre fort: „Bei Deinen Hennen ist es ähnlich: Das Morgenfutter ist abgestimmt auf den Ei-Inhalt. Da braucht das Tier mehr Wums, also viel Energie, Eiweiß und Phosphor. Später am Tag sieht das anders aus, da bildet sich die Ei-Schale. Jetzt braucht das Tier Kalzium und weniger vom Energie-Eiweiß-Cocktail.“ Wenig später treffe ich Ingo persönlich. Er strahlt. „Julia! Alles bestens mit meiner Frau Nachbarin! Und – die Silos werd ich jetzt blau und orange anstreichen!“