Der Sonderkulturanbau in Deutschland sieht sich durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns mittelfristig in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet.
Wie der Präsident des Provinzialverbandes Rheinischer Obst- und Gemüsebauer, Christoph Nagelschmitz, auf einer Tagung in Köln feststellte, werden die Lohnkosten landwirtschaftlicher Betriebe durch den Mindestlohn im kommenden Jahr um rund ein Drittel steigen. Dadurch werde der Sonderkulturanbau im internationalen Wettbewerb seine Konkurrenzfähigkeit verlieren, so der Verbandspräsident.
Hinzu komme ein erheblicher bürokratischer Aufwand durch die Aufzeichnungspflichten der Beschäftigungszeiten mindestens für geringfügig Beschäftigte. Nagelschmitz verwies auf Frankreich, wo der Sonderkulturenanbau nach Einführung des Mindestlohnes „weitgehend beseitigt worden“ sei.
Der Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA), Dr. Burkhard Möller, wies indes auf den Abschluss des Mindestentgelttarifvertrages hin, der für Arbeitgeber bei Arbeitsverhältnissen mit Sozialversicherungspflicht gegenüber dem Mindestlohn eine um etwa „20 % erhöhte Vorteilhaftigkeit“ bedeute. Der Tarifvertrag wurde am vergangenen Mittwoch im Bundeskabinett zur Kenntnis genommen und danach im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Harter Verdrängungskampf
Befürchtungen, dass durch die zwangsweise Anhebung der Lohnzahlungen ein „harter Verdrängungswettkampf“ im Gemüseanbau einsetzen wird, äußerte auch Provinzialverband-Vizepräsident Theo Germes. Es bleibe abzuwarten, ob die Einführung der Lohnuntergrenze außerdem einen Rückgang der Anbaufläche mit sich bringen werde. Germes zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Gemüsebauern die Probleme „in den Griff“ bekämen und teilweise durch moderne Technik manuelle Arbeiten ersetzen könnten.
Vizepräsident Dr. Andreas Mager warnte dagegen vor einem „drohenden Verlust der Menschlichkeit auf unseren bäuerlichen Höfen“. Er verwies auf Betriebe in Großbritannien, wo bereits eine Lohnuntergrenze bestehe. Hier werde Hilfskräften nach einer Probezeit gekündigt, wenn sie die mit dem Mindestlohn festgesetzte Leistungskennzahl nicht erfüllten. Den Arbeitgebern wird nach Magers Worten die Möglichkeit genommen, leistungsschwächere Arbeitskräfte mit einer entsprechend niedrigeren Vergütung zu beschäftigen.