Seine Kritik an den europäischen und deutschen Veterinärbehörden hat der Föderale Aufsichtsdienst für Tier- und Pflanzengesundheit (Rosselkhoznadzdor) in Russland bekräftigt. Bei einem hochrangigen Treffen mit Vertretern der EU-Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz (DG Sanco) in Moskau, an dem auch die deutsche Chefveterinärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Karin Schwabenbauer, teilnahm, wurden der Gemeinschaft schwere Versäumnisse bei der Überwachung von tierischen Erzeugnissen vorgeworfen, die für den Export in das Gebiet der Zollunion von Russland, Weißrussland und Kasachstan bestimmt sind.
Der russische Behördenchef Sergej Dankwert bezeichnete das europäische Überwachungs- und Kontrollsystem als unzureichend und dringend reformbedürftig. Er verwies darauf, dass von zuletzt 780 festgestellten Verstößen gegen die Einfuhrbestimmungen für tierische Produkte in Russland 342 auf EU-Lieferanten hätten zurückgeführt werden müssen. Kontrollen in EU-Verarbeitungsbetrieben hätten zudem gezeigt, dass gut die Hälfte dieser Unternehmen nicht den veterinärrechtlichen Einfuhranforderungen der Zollunionsländer entsprochen hätten, sie aber dennoch auf der Liste geprüfter und für den Export zugelassener Unternehmen geführt würden. Es bestünden deshalb große Zweifel an der Glaubwürdigkeit der ausgestellten Ausfuhrzertifikate über die Lebensmittelsicherheit. Dankwert forderte die EU-Behörden auf, unbedingt auf die Einhaltung der rechtlichen Einfuhrbestimmungen zu achten und keine Veterinärzertifikate an Unternehmen auszustellen, die den Anforderungen für Lieferungen in die Zollunion nicht genügten. Eine Aufhebung der kürzlich erlassenen Beschränkungen für die Einfuhr von lebenden Tieren aus der EU schloss die russische Aufsichtsbehörde aus.
Schlechtes Zeugnis für Deutschland
Hart ins Gericht ging man bei den Gesprächen in Moskau auch mit dem deutschen Veterinärwesen. Der stellvertretende Leiter der russischen Aufsichtsbehörde, Yevgeny Nepoklonow, sprach von einem Vertrauensverlust aufgrund der zahlreichen und systematischen Verstöße gegen die geltenden Einfuhrbestimmungen. Jüngstes Beispiel sei die Lieferung von 620 Zuchtschweinen im Dezember 2011 von Deutschland nach Russland, die während der Quarantäne in Labortests teilweise positiv auf Brucellose getestet worden seien. Der Export kranker Tiere sei ein eklatanter Verstoß gegen die Einfuhrbestimmungen und ein Indikator für mangelnde Kontrollen des deutschen Veterinärdienstes, ließ die russische Behörde verlautbaren. Seit dem 27. April gelten für deutsche und tschechische Zuchtschweine, die ebenfalls positiv auf Brucellose getestet wurden, verschärfte Einfuhrrestriktionen, die unter anderem Labortests erforderlich machen. Außerdem bemängelte die russische Aufsichtsbehörde das Fehlen angeforderter Unterlagen über das Tierseuchen- und Futtermittelmonitoring sowie Detailauskünfte über bestimmte Unternehmen. Insgesamt habe das deutsche Veterinärwesen durch seine Aufteilung von Veterinärkompetenzen zwischen Bund und Ländern nicht die effizienteste Struktur, so die Moskauer Kritik. Es sei dringend erforderlich, die Liste mit den für den Export zugelassenen Unternehmen zu überarbeiten. Die deutsche Chefveterinärin Schwabenbauer versicherte der russischen Behörde zufolge, alle notwendigen und angeforderten Informationen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig schlug sie laut Rosselkhoznadzdor vor, eine Arbeitsgruppe einzurichten, um alle Meinungsverschiedenheiten diskutieren zu können.